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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Taube – war es die von Kypros oder die vom Pfingstfest? –
     und las:
    »An den Jupiter des Capitols.
    Verlasse morgen dein Haus nicht, bis ich dich entbiete. Morgen rufen dich dein Schicksal und – Kypris.«

Neuntes Kapitel
    Am andern Morgen stand Kaiser Justinian in tiefem Nachdenken vor dem hohen, heiligen Goldkreuz in seinem Gemach. Sein Ausdruck
     war sehr ernst, aber nicht bestürzt und nicht zweifelig. Entschlossne Ruhe lag heute auf seinen Zügen, welche, sonst nicht
     schön oder edel, in diesem Augenblick Geistesschärfe und Überlegenheit verrieten. Er erhob Stirn und Augen fast drohend gegen
     das Goldkreuz und sprach:
    »Auf harte Proben, Gott des Kreuzes, stellst du deinen treuen Knecht! Mir ist, Herr Christus, ich hätte Besseres um dich,
     von dir verdient! Du weißt ja doch, was alles ich getan, zu deines Namens Ehre! Warum triffst du mit deinen Schlägen nicht
     deine Feinde, die Heiden, die Ketzer? Warum mich? Aber da du’s nun einmal so gewollt, sollst du erfahren: Justinianus kann
     noch mehr als Kirchen bau’n und Bilder weihn.«
    Und er schritt durch das Gemach: sein Blick fiel auf die Büsten der Kaiser, welche hier an den Wänden auf kleinen Sockeln
     prangten.
    »Großer Constantinus, Gründer dieses Ostreichs, Schirmherr des rechten Glaubens! Bangst du für dein Werk? Bange nicht: getrost!
     du hast’s gebaut, und Justinianus wird’s erhalten. Ihr andern alle hattet’s leicht, groß sein, Großes schaffen – Augustus
     – die Antonine   – Trajanus – Hadrianus – ihr alle wart noch im Aufgang oder auf den Höhen. Ich aber soll das Rad aufhalten, das von dem Gipfel
     niederrollt. Und ich will’s aufhalten. Und ich hab’ es schon aufgehalten. Und hab’ es mühevoll auch wieder ein gut Stück emporgehoben.
     Ich sehe euch getrost ins Antlitz: ich schäme mich nicht vor euch. Wo ist der wilden, ketzerischen Vandalen Reich? Der Enkel
     Geiserichs, des gefürchteten Seekönigs, kniete vor mir im Hippodrom. Laß sehen, ob Justinian nicht wie Karthago auch Rom zurückgewinnt.
     Sie wollen den Frieden ertrotzen, die Barbaren, in Italien: sie sollen ihn finden, den Frieden des Grabes!«
    Da meldete der Velarius:
    »Herr, der Senat ist versammelt im Saale von Jerusalem. Die Kaiserin betritt soeben die Löwentreppe.«
    »Gut«, sagte Justinian, »geh. Die Stunde der Prüfung ist gekommen für Theodora. Und für sie alle, die sich meine Räte nennen.
     Sie sind nie verlegen, wenn es kleine Mittel gilt für kleine Ziele. Wenn sie, behaglich auf den Seidenpolstern sitzend, Verbannung
     und Konfiskation über ihre Amtsgenossen rechtfertigen sollen, wie scharfsinnig, wie erfinderisch sind sie! Des Reiches und
     des Kaisers Majestät ist das Alpha und Omega dieser Sklavenlippen. Laß sehen, ob sie auch heute dran gedenken. Nur heute versage
     mir nicht, du höchste Kunst des Herrschers: undurchschaubare, tiefausholende Verstellung. Heute gilt es, eure Kraft erproben,
     ihr Staatsmänner von Byzanz. Ich ahne, wie ihr bestehen werdet. Und mich freut’s. Eure Erbärmlichkeit ist die beste Stütze
     meines Throns. Und die beste Rechtfertigung meines Regiments. Klar soll euch werden in eure erschrocknen Herzen hinein, daß
     ihr einen Zwingherrn braucht, ihr feigen, ehrlosen, ratlosen Sklaven!« –
    Da erschienen die Kämmerer, das Ankleidepersonal. Justinian vertauschte nun das Morgengewand mit der kaiserlichen Staatstracht.
     Kniend halfen ihm dabei die Vestiarii. Er legte die weiße, bis an die Knie reichende Tunica an von weißer Seide, an beiden
     Seiten mit Gold besetzt und durch einen purpurfarbnen Gürtel gehalten: auch die ganz enganschließenden Beinkleider waren von
     Seidenstoff und Purpurfarbe. Über die Schulter warf ihm der Mantelsklave den prachtvollen Kaisermantel von hellerer Purpurfarbe
     mit breitem Clavus (Saum) von Gold, in welchem rote Kreise und in grüner Seide gestickte symbolische Tiergestalten, zumal
     Vögel, wechselten; aber die verschwenderisch darübergestreuten Perlen und Edelsteine machten die Zeichnung kaum erkennbar
     und den ganzen Mantel so schwer, daß die Hilfe der Schleppträger nicht unerwünscht sein mußte. Jeden Unterarm bedeckten drei
     breite goldne Armringe. Das Diadem, links und rechts breit vom Kopf abstehend, von massivem schwerem Golde, war von zwei Perlenbogen
     überwölbt. Den Mantel hielt auf der rechten Schulter eine kostbare Spange mit großen Edelsteinen. In die Hand gab ihm der
     Scepterverwahrer den über mannslangen goldnen

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