Ein Kampf um Rom
lassen. Man darf sie nicht durch die Mitteilung, daß ihr Zweck
ohnehin erreicht sei, abhalten von ihrem Tun. Gefährliche, längst verdächtige, und – o Justinianus – sehr, sehr
reiche
Leute sind darunter. Es wäre schade, wenn sie meinem aufgestellten Netz entgingen.«
Justinianus war nicht erschrocken bei dem Wort Verschwörung.
»Auch ich wußte davon«, sagte er. »Aber schon so weit gediehn? Morgen früh schon? Theodora«, rief er, »du bist mehr für das
Reich als Belisar und Narses. Auf, Archon der Goldschildner, du hältst alle hier Versammelten gefangen, bis Narses kommt,
sie abzuholen. Denkt nach indessen über diese Stunde, fromme und weise Väter, und ihre Lehren. Narses, folge uns und der Kaiserin.«
Und er schritt die Stufen des Thrones hinab. Die Eingangsbogen wurden von starrenden Speeren erfüllt.
Zehntes Kapitel
Der Kaiser beschied seine Kaiserin und Narses mit sich in sein Gemach. Dort angelangt, umarmte er abermals, ohne des Zeugen
Gegenwart zu scheuen, innig und herzlich seine Gemahlin.
»Wie freut, wie erhebt mich die Begeisterung. Ich bin stolz auf ein solches Weib! Wie schön stand dir, o Theodora, der edle
Zorn. Wie kann ich dir lohnen! Wähle dir jede Gunst, jedes Zeichen meines Dankes, du meine beste Beraterin, ja meine Mitregentin!«
»Soll ich, das schwache Weib, wirklich glauben dürfen, daß ich Anteil nehmen darf an deinen Plänen und Gedanken, an diesem
Kriege, so vertraue mir, wie du ihn zu leiten gedenkst.«
»Jedesfalls sende ich zwei Feldherrn nach Italien, nie mehr Einen, seit Belisarius in jenem Land mit einer Krone gespielt.
Aber ihn sende ich wieder, das steht mir fest.«
»So erbitte ich mir die Gnade«, sprach Theodora, »den andern Feldherrn vorschlagen zu dürfen.– Narses«, fuhr sie fort, ehe
Justinian antworten konnte, »willst du der andre sein?«
Sie wollte ihn rasch unmöglich machen.–
»Ich danke«, sagte dieser bitter. »Du weißt: ich bin ein störrisch unverträglich Roß: ich tauge nicht, mit einem andern zusammen
zu ziehn. Den Feldherrnstab und ein Weib, Justinianus, muß man in gleicher Weise haben.«
»Nämlich wie?«
»Allein oder gar nicht.«
»Dann
du
gar nicht«, sagte Justinianus herb. »Du mußt nicht wähnen, unentbehrlich zu sein, Magister Militum.«
»Das ist
niemand
auf Erden, Justinianus. Sende nur wieder den großen Belisarius! Er mag sein Glück zum dritten Mal versuchen in jenem Lande,
wo die Lorbeern so dicht wachsen. Meine Stunde kommt schon noch. Als Zeuge eures Eheglückes bin ich wohl überflüssig hier.
Und zu Hause, meinem Krankenbett gegenüber, ist die Straßenkarte von Italien angeheftet: vergönne, daß ich in meinem Studium
derselben fortfahre: sie ist jetzt interessanter als die Karte unsrer Persergrenze. Nur nocheinen Rat. Zuletzt mußt du doch Narses nach Italien senden. Je früher du ihn sendest, desto mehr ersparst du an Niederlagen,
Verdruß und Geld. Und wenn nun die Gicht oder jene niederträchtige Epilepsis Narses hinraffen sollte, ehe König Totila auf
seinem Schilde liegt, wer wird dir dann den König Totila besiegen? Du glaubst ja an Prophezeiungen: wohlan in Italien geht
schon lange der Spruch: ›T. schlägt B., N. schlägt T.‹«
»Soll das vielleicht heißen: Theodora schlug Belisar, Narses schlägt Theodora?« höhnte die Kaiserin.
»Das war nicht
meine
Lösung des Rätselspruchs. Es war die deine. Wohlan, auch diese Lösung nehm’ ich an. Weißt du, welches das weiseste deiner
vielen Gesetze war, o Justinianus?«
»Nun?«
»Jenes, welches den Tod auf jede Anklage gegen deine Kaiserin setzte – denn es war das einzige Mittel, sie dir zu erhalten.«
Und er ging.
»Der Unverschämte«, sprach Theodora, ihm einen giftigen Blick nachsendend. »Er wagt zu drohn! Wenn erst einmal Belisar unschädlich
ist, dann muß rasch Narses folgen.«
»Einstweilen aber brauchen wir noch beide«, meinte Justinian. »Und du schlägst in Wahrheit vermutlich zum andern Feldherrn
für Italien wieder denselben Namen vor wie bei Cassiodors Abweisung?«
»Denselben.«
»Aber die Gründe meines Mißtrauens gegen jenen Ehrgeizigen sind seither noch verstärkt.«
»Hast du vergessen, wer dir Silverius entlarvt und entwaffnet, wer vor Belisars gefährlichem Kronenspiel geheim und zuerst
gewarnt hat?«
»Aber er verkehrt hier mit denselben Männern, welche die Verschwörung gegen mich betreiben.«
»Ja: aber, o Justinianus, auf
mein
Geheiß, als ihr Verderber.«
»Das
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