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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Beilschläge
     des schwarzen Teja an die Tore pochen. So lag der Ausdruck hilfloser Furcht auf allen Gesichtern. Ruhig prüfend blickte Justinian
     zur Rechten und zur Linken auf die Reihen.
    »Ihr habt gehört«, begann er dann, »was Kirche, Staat und Heer verlangen. Ich fordre nun euren Rat. Waffenstillstand haben
     wir schon erreicht. Soll neuer Krieg, soll Friede daraus werden? Ein Wort erkauft den Frieden: Abtretung des doch verlornen
     Italiens. Wer von euch für den Krieg, erhebe seinen Arm.«
    Kein Arm erhob sich. Denn die Senatoren bangten für Byzanz: und sie hatten an der Friedensneigung des Kaisers keinen Zweifel.
    »Einstimmig wählt mein Senat den Frieden. Ich sah’s voraus«, sagte Justinian mit einem seltsamen Lächeln. »Ich bin gewohnt,
     stets meinen weisen Räten zu folgen. Und meine Kaiserin?«
    Da sprang Theodora wie eine bäumende Schlange von ihrem Sitz und schleuderte ihr elfenbeinernes kurzes Scepter so heftig von
     sich, daß es weit in den Saal hinabflog. Schreck malte sich in den Zügen der Senatoren.
    »So fahre hin«, rief sie mit aller Anstrengung, »was mein Stolz gewesen, jahrelang: mein Glaube an Justinian und seine Kaiserhoheit!
     So fahre hin jeder Anteil an der Sorge für das Reich und seine Ehre. Wehe, Justinianus, wehe mir und dir, daß ich solche Worte
     hören mußte aus deinem Mund!«
    Und sie verhüllte das Haupt in ihren Purpurmantel, die Schmerzen bergend, welche die Erregung ihr verursacht. Der Kaiser wandte
     sich zu ihr.
    »Wie, die Augusta, unsre Gemahlin, welche seit Belisars zweiter Heimkehr immer zum Frieden riet,– mit kurzer Ausnahme,– sie
     rät, jetzt, in solchen Gefahren?   –«
    »Krieg«, rief Theodora, den Purpur fallen lassend.
    Und ihr Angesicht wurde schön in hohem Ernst, wie es nie war in spielendem Scherz.
    »Muß ich, dein Weib, dich mahnen an deine Ehre? Du willst es dulden, daß Barbaren in deinem Reiche sich festsetzen, dich durch
     Bedrohung zu ihrem Willen zwingen? Du, der geträumt von Wiederherstellung des Reiches Constantins? Du, Justinianus, der du
     die Namen Persicus, Vandalicus, Alanicus und Gothicus dir zugelegt, willst dulden, daß dieser gotische Jüngling dich am Barte
     dahin zerrt, wohin er will? Dann bist du nicht der Justinianus, den seit Jahren die Welt, Byzanz, Theodora bewundert. Ein
     Irrtum war unsere Verehrung.«
    Da ermannte sich der Patriarch von Byzanz – er glaubte immer noch, der Kaiser habe den Frieden bereits unwiderruflich beschlossen
     – zum Widerstand gegen die Kaiserin, die nicht immer haarscharf die von ihm gerade vertretne, feine Schattierung der Rechtgläubigkeit
     traf.
    »Wie«, sprach er, »die erhabne Frau rät zum blutigen Krieg? Wahrlich, die heil’ge Kirche hat nicht Ursache, für die Ketzer
     zu sprechen. Indessen: der neue König ist wunderbar mild gegen die Katholiken in Italien, und man kann ja gelegnere Zeit abwarten,
     bis   –«
    »Nein, Priester«, unterbrach Theodora, »die beschimpfte Ehre dieses Reiches kann nicht warten. O Justinianus   –«, dieser schwieg immer noch beharrlich und schloß die Augen, auf daß deren Ausdruck nicht seine Stimmung verrate. »O Justinianus,
     laß mich, laß die Welt nicht irre an dir werden. Du darfst dir nicht schimpflich abtrotzen lassen, was du der Bitte verweigert!
     Muß ich dich mahnen, wie schon einmal deines Weibes Rat und Kraft und Mut dich, deine Ehre, deinen Thron gerettet hat? Hast
     du vergessen den furchtbaren Aufstand der Nika?Vergessen, wie die vereinten Parteien des Circus, der rasende Pöbel von Byzanz heranwogte gegen dieses Haus?
    Die Flammen und die Rufe: ›Nieder die Tyrannen!‹ schlugen zusammen über diesem Dach. Flucht oder Nachgeben rieten dir alle
     deine Räte, alle diese heiligen Bischöfe und weisen Senatoren, auch deine Heerführer. Denn Narses war fern in Asien. Und Belisarius
     war schon eingeschlossen von den Rebellen im Meerpalast. Alle verzagten, die Männer. Da war dein Weib, Theodora, der einzige
     Held an deiner Seite. Gabst du nach oder flohest du, so war dein Thron, dein Leben, ganz gewiß aber deine Ehre verloren. Du
     schwanktest, du neigtest zur Flucht. ›Bleib und stirb, wenn es sein muß‹, sagte ich damals, ›Justinian, aber stirb im Purpur.‹
     Und du bliebest, und dein Mut hat dich gerettet: du harrtest aus, den Tod auf dem Thron erwartend mit mir – und Gott sandte
     Belisar zum Entsatz und Sieg.
    So spreche ich auch jetzt. Weiche nicht, Kaiser der Romäer, gib nicht nach den Barbaren.

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