Ein Kampf um Rom
Justinian!«
Cethegus pochte das Herz.
»Freiheit Roms! zum Lachen! Du weißt, daß nur starke, einfache Männer die Freiheit ertragen. Du kennst deine Quiriten. Nein,
dein Ziel liegt höher.«
»Sollte dies Weib durchschauen, was alle meine Feinde und Freunde nicht geahnt?« bangte Cethegus.
»Du willst Italien allein befreit haben und allein als Justinians Statthalter Italien regieren, der nächste an seinem Thron,
hoch über Belisar und Narses, der nächste nach Theodora: und, gäb es Höheres, du wärst der Geist, danach zu fliegen.«
Cethegus atmete auf. »Das wäre doch nicht all der Mühe wert«, dachte er.
»Oh, es ist ein stolzes Gefühl, der erste Diener Justinians zu sein.«
»Natürlich, über ihren Mann hinaus, ob sie ihn täglich verrät, vermag sie nicht zu denken.«
»Und, als der Gehilfe Theodoras, ihn, den Kaiser,– zu regieren.«
»Die Schmeichelluft dieses Hofes betäubt zuletzt auch den hellsten Verstand«, dachte Cethegus. »Das ist der Wahnsinn des Purpurs.
Sie kann sich selber nur als Allbeherrscherin denken.«
»Ja, Cethegus, keinem andern gönnt’ich es, solches nur zu
denken.
Dir will ich’s erringen helfen:– mit dir will ich die Herrschaft der Welt teilen:– vielleicht nur um törichter Jugenderinnerungwillen: weißt du noch, wie wir vor Jahren zwei Kissen verteilten in meiner kleinen Villa? wir nannten sie Orient und Occident.
Das war ein Omen. So laß uns jetzt Orient und Occident verteilen. Durch meinen Justinian beherrsch’ ich den Orient. Durch
meinen Cethegus will ich den Occident beherrschen.«
»Hochmütig, unersättlich Weib!« dachte Cethegus. »Wäre mir nur Mataswintha nicht gestorben, die jungfräuliche. Sie an diesem
Hof – und du versankst.«
»Aber dazu«, fuhr Theodora fort, »muß erst Belisar für immer aus dem Wege. Justinian war entschlossen, ihn abermals, und zwar
als deinen Oberfeldherrn, zu senden.«
Cethegus furchte die Brau’n.–
»Er vertraut immer wieder seiner hündischen Treue. Er muß von seiner Untreue greifbar überzeugt werden.«
»Das wird schwerhalten«, meinte Cethegus. »Eher lernt Theodora die Treue, als Belisar die Untreue.«
Ein Schlag der kleinen Hand auf den Mund war seine Strafe. »Dir bin ich, törichterweise, treu geblieben – d. h. im Wohlwollen. Willst du Belisar wieder in Italien haben?«
»Um keinen Preis.«
»Dann hilf, ihn verderben samt dem Sohn des Boëthius.«
»Sei’s«, sagte der Präfect. »Ich habe keinen Grund, den Bruder des Severinus zu schonen. Aber wie? wie willst du den Beweis
von Belisars Untreue führen? Darauf bin ich gespannt. Wenn du das vermagst, erkläre ich mich, wie im Lieben und Hassen, so
im Planen einen Stümper gegen Theodora.«
»Das bist du auch, schwerfälliger Sohn von Latium. Nun höre:– aber das ist so gefährlich, daß ich selbst dich, Galatea, bitten
muß, Wache zu stehen, daß niemand kommt und lauscht. Nein, Goldmütterchen: nicht innerhalb:– ich bitte recht schön:–
außerhalb
der Türe. Laß mich nur allein mit dem Präfecten – es gilt – leider! – nur ein Geheimnis des Hasses.«
Als nach geraumer Zeit der Präfect das Gemach verließ, sagte er zu sich selber:
»Wenn dieses Weib ein Mann wäre,– der müßte mir sterben.– Er wäre gefährlicher als die Barbaren, samt Byzanz. Aberdann freilich, dann wäre die Bosheit nicht so unergründlich teuflisch.«
Zwölftes Kapitel
Bald nachdem der Präfect nach Hause gekommen, meldete Syphax den Sohn des Boëthius: die Kaiserin sende ihn. »Laß ihn ein und
niemand sonst, bis er fort ist. Einstweilen aber schicke schleunig nach Piso, dem Tribun.«
Der junge Anicius, einstweilen zum Mann herangereift, trat ein. Er trug einfache Kleidung, und sein Haar, sonst künstlich
gelockt und gesalbt, hing heute schlicht herab. Seine weichen Züge – sie erinnerten den Präfecten lebhaft an Camilla – gewannen
sehr durch den Ausdruck von Entschlossenheit, der heute darauf ruhte.
»Du mahnst mich an deine schöne Schwester, Anicius«, mit diesen Worten empfing ihn der Präfect.
»Ihrerwegen, Cethegus, bin ich gekommen«, sprach der Jüngling ernst. »Du bist der älteste Freund meines Vaters, meines Hauses:
du hast mich und Severinus in deinem eignen Hause geborgen gehalten und, mit Gefahr für dich selbst, geflüchtet, als man nach
uns forschte. Du bist der Einzige in Byzanz, von dem ich väterlichen Rat in einer dunkeln Pflicht erbitten kann. Erst vor
wenigen Tagen erhielt ich diesen
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