Ein Kampf um Rom
hätt’ ich’s geglaubt.«
Syphax lächelte schlau: »Darüber hat Syphax kein Recht, zu urteilen: ich kann nur genau sagen, was geschah. Nun höre,– aber
tritt ins Zelt, und labe dich: mein Herr würde schelten, ließ ich dich hier draußen, unverpflegt: und es spricht sich auch
sichrer drinnen«, fuhr er fort, den Zeltvorhang hinter dem Eingetretnen schließend.
Während er nun den Gast seines Herrn auf den Feldstuhl nötigte und mit Früchten und Wein versah und bediente, hub er an zu
erzählen:
»Bei Einbruch der Nacht jenes Schicksalstages kauerte ich in einer Nische des Muschelhauses des Photius, des Freigelassnen
Belisars, hinter der hohen Statue eines Christenheiligen, dessen Namen ich nicht weiß, der aber einen sehr löblich breiten
Rücken hat. Zugedeckt von seinen Schultern konnte ich durch eine Lücke oben in der Mauer spähen, welche frische Luft zuführen
soll. Bei schwacher Beleuchtung erkannte ich Photiusund eine Anzahl vornehmer Männer, die ich oft in dem Kaiserpalast oder in Belisars Haus oder bei Prokopius hatte aus- und
eingehen sehen. Das erste, was ich verstand – denn mein Herr hat mich die Sprache der Griechen, die sich ›Romäer‹ nennen,
lehren lassen – war das Wort des Hausherrn an einen Eintretenden: ›Freue dich: Belisarius kommt. Nachdem er mich gestern früh
kaum eines Blickes gewürdigt, als ich ihn erwartungsvoll in der Ringschule des Zenon anhielt, sprach er mich heute abend selber
an, da ich an der offnen Türe seines Hauses lauernd langsam vorüberschritt. Denn ich wußte, daß er gegen Abend wiederkommen
werde von der Jagd mit den persischen Leoparden. Vorsichtig drückte er mir dies Wachstäfelchen in die Hand, umspähend, ob
ihn niemand sehe.
Hier aber steht: ›Nicht länger widersteh’ ich eurer Werbung. Neue Gründe zwingen mich. Ich komme heute.‹
›Aber wo ist Piso, wo Salvius Julianus, wo die andern jungen Römer?‹
›Sie kommen wohl nicht‹, sprach der Eintretende. ›Ich sah sie fast alle auf Booten im Bosporos. Sie sind wohl zu einem Schmause
nach des Präfecten Villa vor dem Tor des Constantin gesegelt.‹
›Laß sie: wir brauchen sie nicht, die brutalen Latiner, nicht den stolzen und falschen Präfecten: Belisar wiegt wahrlich mehr
als sie.‹
Da trat Belisarius ein. Er trug einen weiten, seine Gestalt verhüllenden Mantel. Der Hausherr eilte ihm entgegen, alle drängten
sich ehrfurchtsvoll um ihn. ›Großer Belisarius‹, sprach der Freigelassne, ›wir wissen diese deine Tat zu würdigen. Du bist
erschienen – so bist du unser Haupt.‹
Und er drängte ihm den kleinen Elfenbeinstab auf, welchen der Leiter der Versammlungen führt, und geleitete ihn an den erhöhten
Sitz des Vorstehers der Gesellschaft, welchen er selbst eben verlassen. ›Sprich – befiehl – handle – wir sind bereit.‹
›Ich werde handeln zur rechten Zeit‹, sprach finster Belisarius und ließ sich auf dem Ehrensitze nieder. Da eilte verwirrten
Haars und fliegenden Gewandes der junge Anicius in das Gemach, ein Schwert in der Hand.
›Flieht‹, rief er, ›wir sind entdeckt und verraten.‹ Belisar erhob sich gespannt.
›Man ist in mein Haus gedrungen. Meine Sklaven sind gefangen. Eure Waffen, die ich geborgen, sind gefunden und aus sicherstem,
nur mir bekanntem Versteck eure Briefe und Urkunden und ach! auch meine Briefe verschwunden. Aber noch mehr. Als ich in den
Hain des Constantinus bog, der dieses Haus umgibt, glaubte ich, in den Gebüschen Waffen und Männer klirren und flüstern zu
hören. Man ist mir gefolgt; rettet euch.‹
Die Verschwornen stoben nach den Türen. Nur Belisarius blieb ruhig stehen vor dem Ehrensitz.
›Faßt euch‹, mahnte der Hausherr, ›nehmt euch ein Beispiel an eurem Haupt und Helden.‹
Aber da scholl vor der großen Haustüre der Ruf der Tuba: für mich das Zeichen, meinen Späherposten zu verlassen und mich meinem
Herrn anzuschließen, der an der Spitze der kaiserlichen Lanzenträger und Goldschildner mit dem Präfecten von Byzanz und mit
Leo, dem Archon der Palastwache, in das Haus stürmte, dessen Fenster und Türen alle umstellt wurden.
Prachtvoll sah er aus, mein Gebieter«, rief Syphax begeistert, »als er, vom purpurnen Helmbusch umflattert, die rotschimmernde
Fackel in der Linken, das Schwert in der Rechten, in das Gemach stürmte: so mag der Feuerdämon aussehn, wenn er in Afrika
aus dem flammenden Berge taucht. Ich zog das Schwert und sprang an seine linke
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