Ein Kampf um Rom
wollte, von Graf Markja erkannt und gefangen und da der große
Rechtskenner Salvius Julianus blutend von dem unsanften Herzog Guntharis aus dem Schlamm des Flusses hervorgefischt wurde?
Wer hätte damals gedacht, daß wir noch mal die Tage an den Fingern abzählen würden, da noch Ein Gote zwei Beine auf italischen
Erdgrund stellt?«
»Du hast recht, Poet«, lächelte Cethegus. »Jene beiden leiden an dem Narses-Fieber, wie ihr Heros an der Epilepsie. Seine
Feinde
über
schätzen ist auch ein Fehler. Die Gebeine, auf welche jene Priester schworen, sind ihnen wirklich heilig: sie brechen solche
Eide nicht.«
»Wenn ich nur«, erwiderte Licinius, »neben den Priestern und Handwerkern, noch irgendeinen deiner, unserer Freunde auf den
Wällen gesehen hätte! Aber lauter Walker, Fleischer und Zimmerleute! Wo ist der Adel Roms? wo die Männer der Katakomben?«
»Als Geiseln fortgeführt«, sprach Cethegus. »Und recht geschah ihnen: sie kehrten ja nach Rom zurück und huldigten dem blonden
Goten. Wenn ihnen nun der schwarze Gote dieKöpfe abschlägt – müssen sie’s haben. Getrost, ihr habt zu düster gesehen: alle! Des Narses erdrückende Übermacht hat euch
eingeschüchtert: er ist ein großer Feldherr: aber, daß er diesen Vertrag mit Rom geschlossen – mich und ja keinen andern einzulassen!
– und daß er ihn
hält
– das zeigt, daß er als Staatsmann ungefährlich ist. Laßt uns nur erst wieder die Luft des Capitols atmen: Epileptiker vertragen
sie nicht.«
Und als am andern Morgen die jungen Tribunen den Präfecten von seinem Zelt abholten zum allgemeinen Aufbruch gegen Teja, empfing
sie ihr Führer mit strahlenden Augen.
»Nun«, sprach er, »wer kennt nun die Römer, ihr oder der Stadtpräfect von Rom? Hört – aber schweigt.– Heute nacht stahl sich
aus Rom in mein Zelt ein Centurio der neuerrichteten Stadtkohorten, Publius Macer: ihm ist die Porta Latina, seinem Bruder
Marcus das Capitol anvertraut vom Papst: er zeigte beide Bestallungen: ich kenne des Pelagius Schrift – sie sind echt. Sie
sind längst der Priesterherrschaft müde. Sie wollen mich und euch und meine Isaurier gern wieder schreiten sehen auf den Mauern
Aurelians und des Präfecten. Er ließ mir seinen Neffen Aulus, zugleich als Pfand und als Geisel, zurück: dieser wird uns,
von ihm in verabredetem, harmlosem Briefwort gemahnt, die Nacht bezeichnen, da jene uns das Tor und das Capitol erschließen.
Narses kann sich nicht beklagen, wenn uns die Römer selbst freiwillig einlassen – ich versuche ja nicht Gewalt. Nun, Licinius,
sprich Julianus, wer kennt nun Rom und die Römer?«
Fünftes Kapitel
Narses zog jetzt auf Anagnia. Zwei Tage nach seiner Ankunft trafen, wie ihnen vorgeschrieben war, die beiden Flügelheere daselbst
ein. Nach einigen Tagen der gemeinsamen Erholung, Musterung und Neugliederung seiner ungeheuren Massen zog der Feldherr nach
Terracina, wo die Reste der Truppen des Armatus und Dorotheos sich anschlossen: und alsbald wälzte sich nun das vereinigte
Heer gegen die Goten, welche, südlichvon Neapolis, auf dem Vesuvius und auf dem (bei Nuceria) gegenüberliegenden Mons Lactarius, dem Milchberg, an beiden Ufern
des kleinen Flusses Draco (der sich nördlich von Stabiä ins Meer ergießt), eine ausgezeichnet feste Stellung innehatten.
Seit dem Abmarsch von Cumä, an Neapolis vorbei (– die Bürger dieser Stadt schlossen ihre von Totila vortrefflich wiederhergestellten Tore, überwältigten die drei gotischen
Hundertschaften der Besatzung und erklärten: sie würden, dem Beispiel Roms folgend, ihre Veste vorläufig beiden Parteien verschlossen
halten –) und seit der Erreichung des längst gewählten Schlachtfelds hatte König Teja alles aufgeboten, die von Natur aus
so starke Stellung noch mehr zu verstärken. Und überallher hatte er Lebensmittel aus der strotzend reichen Landschaft nach
dem Berge schaffen lassen, ausreichend, um sein Volk so lang zu nähren, bis der letzte Tag den Goten leuchten sollte.
Es ist ein vergebliches Bemühen gelehrter Untersuchung geblieben, an dem Mons Lactarius oder an dem Vesuvius eine Örtlichkeit
zu finden, welche ganz genau der Beschreibung Prokops entspräche. Für keine der zahlreichen aufgestellten Schluchten oder
Pässe kann man sich entscheiden. Gleichwohl darf man um deßwillen keineswegs den auf die Aussagen der Augenzeugen, der Heerführer
und Doryphoren des Narses, gestützten Bericht des byzantinischen
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