Ein Kampf um Rom
und Schulterspangen:
Schnüre von Bergkristallen und von Perlen: und noch sonst unerschöpflich mannigfaltiges Geschirr für Speise und Trank, Gerät
für Kleidung und Schmuck, für Spiel und Kampf.
»Ja«, sprach König Teja, »diese geheime Höhle, nur uns, den Blutsbrüdern, bekannt – der Waffenmeister hatte sie in den Fels
hauen lassen, als er vor vierzig Jahren Graf von Cumä war – sie war das Schatzgewölbe, das den Hort der Goten barg. Deshalb
fand Belisarius so wenig vor, als er den Schatz zu Ravenna erbeutete: die edelsten und kostbarsten Stücke der Beute und der
Geschenke, die Sammlung der Amalungenehren in Krieg und Frieden, die weit über Theoderich hinauf zu Winithar, Ermanarich,
Athal, Ostrogotho, Isarna, Amala bis Gaut emporsteigen:– sie haben wir hier geborgen. Nur das gemünzte Gold hatten wir in
Ravenna behalten und solches Gerät, das reicher an Goldwert als an Ehren schien.
Monatelang sind die Feinde über diese Schätze hingeschritten, doch es schwieg die treue Tiefe des Abgrunds. Nun aber tragen
wir sie alle mit uns – in eure breiten Schilde schöpfet sie und reichet sie, die Staffeln herauf, Einer dem Andern – in das
letzte Schlachtfeld, darauf ein ostgotisches Volksheer kämpfen wird – nein, bange nicht: Jung Adalgoth, auch wenn ich gefallen
bin und alles verloren ist –: nicht sollen die heiligen Schätze der Ehre die Feinde nach Byzanz schleppen. Denn wunderbar
ist das letzte Schlachtfeld, das ich uns gekoren: es soll die letzten Goten und ihre Schätze und ihren Ruhm verschlingen und
verbergen.«
»Ja, auch ihren höchsten Schatz und Ruhm«, sprach der alte Hildebrand, »nicht nur Gold und Silber und edle Steine. Sehet her,
meine Goten!«
Und er leuchtete in den von einem Vorhang abgesperrten Schlußraum des Halbkreises und schob den Vorhang zur Seite. Da fielen
alle andern ehrfürchtig auf die Knie. Denn sie erkannten den großen Toten, der da, hochaufgerichtet, auf dem goldnen Throne
saß, den Speer noch in der Rechten, vom Purpurmantel umwallt. Es war der große Theoderich. Und die von den Ägyptern zu den
Römern gewanderte Kunst, die Leichen wundersam zu wahren, hatte den Heldenkönig in schauerlicher Leibhaftigkeit erhalten.
Tiefste Erschütterung band den Männern die Rede.
»Schon seit langer Zeit«, hob endlich Hildebrand an, »mißtrauten Teja und ich dem Stern der Goten. Und ich, der ich vor Ausbruch
des Krieges die Ehrenwache an dem Marmorrundhaus zu Ravenna hatte, in welchem Amalaswintha ihren toten Vater beigesetzt –
ich liebte das ganze Gebäude wenig: und weniger noch die weihrauchqualmenden Priester, welche dort so oft für des Gewalt’gen
große Seele beten wollten. Und ich dachte: wenn unsre Spur dereinst getilgt wird aus diesem Südland, sollen nicht Welsche
und Griechlein ihr Gespött treiben mit den Gebeinen des teuren Helden.
Nein, wie jener erste Bezwinger der Romaburg, wie der Westgote Alarich im heiligen Strombett sein von keinem gekanntes, von
keinem zu schändendes Grab gefunden:– so soll auch mein großer König entrückt sein der Nachspürung der Menschen. Und mit Tejas
Hilfe schaffte ich, in dunkler Nacht, die edle Leiche hinweg aus dem Marmorhause und aus der winselnden Priester Umgebung:
und wir brachten sie, als ein Stück des Königsschatzes, in verschlossner Truhe hieher. Hier war er sicher geborgen: und fand
ihn nach Jahrhunderten ein Zufall – wer konnte dann noch ihn erkennen, den König mit dem Adlerauge? Und so ist der Steinsarkophag
zu Ravenna leer: und die Mönche singen und beten dort umsonst.– Hier, bei allen seinen Schätzen und Ehren, in Heldenherrlichkeit,
aufrecht, thronend, sollte er ruhen –: das wird seiner Seele, die von Walhall niederschaut,lieber sein, als ausgestreckt, unter schwerem Stein, unter Weihrauchwolken, sich liegen zu sehen.«
»Nun aber«, schloß Teja, »ist auch für ihn, wie für den Amalungenhort, die Stunde gekommen, noch einmal aufzusteigen aus der
Tiefe; wenn ihr die Schätze gehoben, heben wir sorgsam auch den teuren Heldenleib empor. Und morgen früh brechen wir alle
auf aus dieser Stadt:– schon wird des Narses und des Präfecten Anmarsch gemeldet – und ziehen mit Königshort und Königsleiche
auf jenes letzte Schlachtfeld der Goten, wohin ich auch schon die Weiber und Kinder entboten habe: jenes Schlachtfeld – seit
lange habe ich’s geschaut in schlummerlosem Traumgesicht – jenes Schlachtfeld, welches uns und unser
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