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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Geschichtsschreibers bezweifeln. Vielmehr erklärt sich diese
     Nichtübereinstimmung sehr einfach aus den plötzlichen, großen, gewaltsamen und aus den noch viel zahlreichern, allmählichen,
     kleineren durch Lavafluß, Felssturz, Zermürbung und Auswaschung bewirkten Veränderungen, welche eine Zeit von mehr als dreizehn
     Jahrhunderten an jenem niemals ruhenden Berge vorgenommen. Lassen sich doch glaubhafte Angaben viel späterer italienischer
     Schriftsteller über Örtlichkeiten und Maßverhältnisse am Vesuvius mit der dermaligen Wirklichkeit oft nicht mehr vereinbaren.
     Der Boden, der König Tejas Herzblut aufgesogen, ist wohl lange schon von tiefen Lavaschichten befriedend überdeckt.
    Selbst Narses bewunderte die Umsicht, mit welcher sein barbarischer Gegner diese Verteidigungsstellung gewählt.
    »Er will fallen wie der Bär im Bau!« sprach er, als er, vonNuceria aus, vom Norden her, in seiner Sänfte die ganze gotische Umwallung betrachtete. »Und mancher von euch, liebe Wölflein«,
     lächelte er Alboin zu, »wird von dem Schlag seiner Pranke umtaumeln, wenn sie in jenen schmalen Höhleneingang eintraben wollen.«
    »Ei, es müssen gleich so viele auf einmal hineinrennen, daß er aufs erste Mal beide Pranken voll bekommt und nicht nochmal
     ausholen kann.«
    »Nur gemach: ich weiß an jenem Vesuv einen Paß – früher, da ich noch auf diesen elenden Leib mit Heilungshoffnung Pflege wandte,
     habe ich mal wochenlang auf dem ›Mons Lactarius‹ die Luftkur gebraucht und dabei den Paß mir wohl eingeprägt – wenn sie
darinnen
stecken – treibt sie nur der Hunger heraus.«
    »Das wird langweilig.«
    »Geht aber nicht anders. Ich habe nicht Lust, noch mal eine Myriade kaiserlicher Truppen zu opfern, diese letzten Funken auszutreten.«
     –
    Und so geschah’s. Sechzig Tage noch standen sich seit dem Eintreffen des Narses beide Heere einander gegenüber. Ganz allmählich,
     mit blutigen Verlusten jeden Schritt erkämpfend, schnürte Narses sein erwürgendes Netz enger und enger. Er deckte im Halbkreis
     alle Punkte im Westen, Norden und Osten der gotischen Stellung; nur den Süden, das Meer, an dessen Strand er selbst lagerte,
     konnte er, neben seinen Zelten, offenlassen, da die Feinde keine Schiffe hatten, zu fliehen oder sich Vorräte zu schaffen:
     die »tyrrhenische« Flotte des Narses war schon beschäftigt, die gefangnen Goten nach Byzanz zu tragen: die »ionische« wurde
     demnächst erwartet: einige ihrer Schiffe waren schon früher abgeordnet worden, in der Bucht von Bajä bis Surrentum zu kreuzen.
    So besetzte Narses, mit zäher Geduld, trotz seiner Übermacht, nichts übersehend, allmählich Piscinula, Cimiterium, Nola, Summa,
     Melane, Nuceria, Stabiä, Cumä, Bajä, Misenum, Puteoli, Nesis. Alsbald aber erschrak nun auch Neapolis vor der Macht des Narses
     und öffnete ihm freiwillig die Tore. Von allen Seiten rückten die Byzantiner konzentrisch gegen die rings Umschlossnen vor.
     Nach heftigen Kämpfen gelang es, sie, von demMons Lactarius hinweg, auf die rechte Seite des Flusses Draco zu drängen, wo der Rest des Volkes hinter dem unvergleichlichen,
     von Narses gepriesenen Engpaß auf einem Hochfeld, nahe einem der zahlreichen damaligen Nebenkrater der Mittelhöhe, lagerte,
     nur selten, bei der Windrichtung aus Südost, unter dem Rauch und den Dünsten des Berges leidend.
    Hier, in den zahlreichen Klüften, Höhlungen, Einsenkungen des Berges, lagerten, in der warmen Luft des August, unter freiem
     Himmel oder luftigen Zelten, die Unwehrhaften auf den mitgeführten Wagen. Den einzigen Zugang aber zu dieser Lagerung bildete
     ein enger Felsenpaß, an seiner Südöffnung so schmal, daß ihn ein Mann mit dem Schilde bequem ausfüllen konnte. Diesen Zugang
     bewachten, abwechselnd, je eine Stunde, Tag und Nacht, König Teja selbst, Herzog Guntharis, Herzog Adalgoth, Graf Grippa,
     Graf Wisand, Aligern, Ragnaris und Wachis; hinter ihnen füllte den Engpaß, ebenfalls wechselnd, eine gotische Hundertschaft.
    Und so hatte sich denn der ganze furchtbare Krieg, der Kampf um Rom und Italien, dem System des Narses gemäß, mit dramatischer
     Folgerichtigkeit zugeschärft zu dem Kampf um eine mannesbreite Kluft an der Südspitze der so warm geliebten, so zäh verteidigten
     Halbinsel. Auch in der geschichtlichen Darstellung Prokops erscheint die Vollendung der gotischen Geschicke am Vesuv wie der
     letzte Akt einer großartigen Tragödie der Geschichte.–
    Am Strand, vor dem Hügel, von

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