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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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angeborenen (. . .) Menschenrechten« 55 zugunsten der »gefährlichen Verteidigung gewisser Machtrechtstheorien«. 56 Ferner verband sichdamit zunehmend »die Darwin’sche Entwickelungs-Lehre«, auf die Dahn während dieser Zeit aufmerksam wurde: Sie »paßte (. .
     .) so völlig zu meinen Gedanken (. . .), daß sie mir (. . .) wie die selbstverständliche vernunftnothwendige Schlußfolge aus
     längst von Prantl oder mir aufgestellten Vordersätzen erschien«. 57
    Seit seinem Erstling freundlich protegiert von Friedrich Rückert, dem bewunderten Altmeister klassizistischer Formkunst, legte
     Dahn 1858 eine erste Sammlung von ›Gedichten‹ vor. Er verfaßte einige Erzählungen und begann ein Großprojekt über den Untergang
     des Ostgotenreichs in Italien, den späteren ›Kampf um Rom‹. Mit dem acht Jahre älteren Verfasser des im alemannischen Frühmittelalter
     spielenden Romans ›Ekkehard‹, Joseph Victor von Scheffel, schloß er eine »Herzensfreundschaft«, die nicht zuletzt auf gemeinsamen
     Vorlieben für »das Deutsche und das Geschichtliche« beruhte. 58 Beide verkehrten auch im Münchner Literatenclub »Die Krokodile«, der sich 1856   /   57 um Emanuel Geibel und Paul Heyse gebildet hatte. Im Vordergrund stand dort die Wahrung bildungsbürgerlicher Traditionen:
     »Das Gemeinsame war ein gewisser ›Idealismus‹, sofern man hierunter die sorgfältige Pflege der Form-Reinheit, die Vorliebe
     für den hohen Stil, die Schulung durch die Antike und die übrigen Classiker der Weltliteratur versteht und eine Neigung zu
     dem Vornehmen, sowohl in der Wahl als in der Verhandlung der Stoffe.« 59
    Nicht nur privat gestalteten sich die Jahre als Privatdozent mühselig. Seine 1858 mit der Malerin Sophie Fries geschlossene
     Ehe erkannte Dahn bald als Fehler. Um sich finanziell über Wasser zu halten, war er auf publizistische Auftragsarbeiten minderen
     Ranges angewiesen. Erst die Berufung zum außerordentlichen Professor in Würzburg 1863 eröffnete ihm günstigere Arbeitsperspektiven,
     die er umgehend nutzte. Zwei Jahre später, inzwischen zum Ordinarius ernannt, begründete eine quellenkritische Untersuchung
     der ›historia arcana‹ des byzantinischen Geschichtsschreibers Prokopius von Caesarea, geheimen Enthüllungen über die Zustände
     am Hof Kaiser Justinians, seine Reputation in der Geschichtswissenschaft.
    »(. . .) von der Politik« hatte er sich bis zu dieser Zeit, trotz selbstverständlich vorhandenen »Nationalgefühls«, »ziemlich
     fern gehalten«. 60 Spätestens mit dem Krieg von 1866 zwischen Preußen und Österreich sollte sich dies ändern. Wie die Mehrzahl der zuvor »großdeutsch«
     eingestellten Liberalen 61 vollzog Dahn angesichts der militärisch geschaffenen Fakten eine Kehre und wurde fortan zum »begeisterten Anhänger« Bismarcks
     (ohne jedoch dessen innenpolitische Maßnahmen später »im Mindesten alle« zu billigen). 62
    Als sich der verheiratete Professor 1867 in eine junge Adelige (aus der Familie Droste-Hülshoff, eine Nichte der Dichterin)
     verliebte, wuchsen die persönlichen Konflikte, die ihn »wiederholt bis an den alleräußersten Rand (. . .) des inneren und
     äußeren Untergangs drängten«. Angesichts dieser verfahrenen Lage empfand er 1870 den Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges
     wie eine »Rettung«. 63 Gleich am ersten Tag meldete Dahn sich an höchster Stelle als freiwilliger Kämpfer, wurde jedoch nur für den Sanitätsdienst
     akzeptiert. Dennoch gelang es ihm, an der Schlacht von Sedan teilzunehmen, ein Erlebnis, das er fortan in quasi-sakraler Weise
     zum unüberbietbaren Höhepunkt seines Lebens stilisierte. 64 Von ferne nimmt seine rückblickende Innnenansicht eines Sturmangriffs bereits ähnliche Passagen von Autoren des Ersten Weltkriegs
     vorweg. Gemeinsam ist ihnen das Erlebnis der ekstatischen Steigerung des Daseins in der Extremsituation: »Ich kann es nicht
     erklären, was mich vorwärts trieb: es riß mich den krachenden Schüssen entgegen mit nie gekannter Begeisterung, mit der Sehnsucht
     nach heißester Todesgefahr. Wie ich näher und näher dem feindlichen Feuer kam, wie die ersten Granaten hoch ob meinem Haupte
     platzten und die Stücke um mich her verstreuten, schrie ich laut auf vor Freude, vor einer Art von Wollust, nahm den Hut ab
     und rannte, was ich rennen konnte, noch rascher vorwärts, ›hinein!‹ (. . .) die Vorstellung, in einer deutschen Schlacht in
     französische Kugeln hinein zu rennen (. . .),

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