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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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selbst – der Schlag wird alles erschrecken.
     In der ersten Bestürzung der Goten eile ich von Rom herbei. Mit Waffen, dir zur Rettung. Leb wohl.«
    Er verließ rasch die Hilflose, an deren Ohr in diesem Augenblick von dem Forum vor dem Palatium jubelndes Freudengeschrei
     der Goten schlug, welche den Erfolg ihrer Führer, die Besiegung Amalaswinthas feierten. Sie fühlte sich ganz verlassen. Daß
     die letzte Verheißung des Präfecten kaum mehr als ein leeres Trostwort zur Beschönigung seines Abgangs war, ahnte sie mit
     banger Seele. Gramvoll stützte sie die Wange auf die schöne Hand und verlor sich eine Weile finster in ihren ratlosen Gedanken.
     Da rauschten die Vorhänge des Gemaches: ein Palastbeamter stand vor ihr:
    »Gesandte von Byzanz bitten um Gehör. Justinus ist gestorben: Kaiser ist sein Neffe Justinian. Er bietet dir seinen brüderlichen
     Gruß und seine Freundschaft.«
    »Justinianus!« rief die ganze Seele der bedrängten Frau.
    Sie sah sich ihres Sohnes beraubt, von ihrem Volk bedroht, von Cethegus verlassen: ringsumher hatte sie in trübem Sinnen vergeblich
     Hilfe und Halt gesucht, und aufatmend aus tiefer Brust wiederholte sie jetzt: »Byzanz   – Justinianus!«

Viertes Kapitel
    In den Waldbergen von Fiesole findet heutzutage der Wandrer, der von Florenz heranzieht, rechts von der Straße die Ruinen
     eines ausgedehnten, villenartigen Gebäudes. Efeu, Steinbrech und Wildrosen haben um die Wette die Trümmer überkleidet: die
     Bauern des nahen Dorfes haben seit Jahrhunderten Steine davongetragen, die Erde ihrer Weingärten an den Hügelrändern aufzudämmen.
     Aber noch immer bezeichnen die Reste deutlich, wo die Säulenhalle vor dem Hause, wo das Mittelgebäude, wo die Hofmauer stand.
     Üppig wuchert das Unkraut auf dem Wiesgrund, wo dereinst der schöne Garten in Zier und Ordnung prangte: nichts davon hat sich
     erhalten als das breite Marmorbeckeneines längst vertrockneten Brunnens, in dessen kiesigem Rinnsal sich jetzt die Eidechse sonnt.
    Aber in den Tagen, von denen wir erzählen, sah es hier viel anders aus. »Die Villa des Mäzen bei Fäsulä«, wie man das Gebäude
     damals, wohl mit wenig Fug, benannte, war von glücklichen Menschen bewohnt, das Haus von sorglicher Frauenhand bestellt, der
     Garten von hellem Kindeslachen belebt. Zierlich war die rankende Clematis hinaufgebunden an den schlanken Schäften der korinthischen
     Säulen vor dem Haus, und der Wein zog freundlich schmückend über das flache Dach. Mit weißem Sande waren die schlängelnden
     Wege des Gartens bestreut, und in den Nebengebäuden, welche der Ökonomie dienten, glänzte eine Reinlichkeit, waltete eine
     stille Ordnung, welche nicht auf römische Sklavenwirtschaft raten ließ.
    Es war um Sonnenuntergang. Die Knechte und Mägde kehrten von den Feldern zurück: die hoch mit Heu beladenen Wagen, mit Rossen
     nichtitalischer Zucht bespannt, schwankten heran: von den Hügeln herunter trieben die Hirten Ziegen und Schafe herzu, von
     großen zottigen Hunden umbellt. Dicht vor dem Hoftor gab es die lebendigste Szene des bunten Schauspiels: ein paar römische
     Sklaven trieben mit tobenden Gebärden und gellendem Geschrei die keuchenden Pferde eines grausam überladnen Wagens an: nicht
     mit Peitschenhieben, sondern mit Stöcken, deren Eisenspitzen sie den Tieren immer in dieselbe wunde Stelle stießen. Nur ruckweise
     ging es trotzdem vorwärts. Jetzt lag ein großer Stein vor dem linken Vorderrad, jeden Fortschritt unmöglich machend. Aber
     der wütige Italier sah es nicht.
    »Vorwärts, Bestie, und Kind einer Bestie«, schrie er dem zitternden Rosse zu, »vorwärts, du gotisches Faultier!« Und ein neuer
     Stich mit dem Stachel, und ein neuer verzweifelter Ruck: aber das Rad ging nicht über den Stein, das gequälte Tier stürzte
     in die Knie und drohte den Wagen mit umzureißen.
    Darüber wurde der Treiber erst recht grimmig. »Warte, du Racker!« schrie er und schlug nach dem Auge des zuckenden Rosses.–
    Aber nur einmal schlug er, im nächsten Augenblick stürzte er selbst wie blitzgetroffen unter einem mächtigen Streiche nieder.
    »Davus, du boshafter Hund!« brüllte eine Bärenstimme, und über dem Gefallenen stand schier noch mal so lang und gewiß noch
     mal so breit wie der erschrockne Tierquäler, ein ungeheurer Gote, einen derben Knüttel wiederholt auf den Rücken des Schreienden
     schwingend.
    »Du elender Neiding«, schloß er mit einem Fußtritt, »ich will dich lehren, umgehn mit einem

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