Ein Kampf um Rom
betäubt. Oft denk’ ich, wie hart du dich mühen mußt, draußen, unter
fremden Leuten, im Lager und am Hof, wo niemand dein in Treuen pflegt. Da soll er wenigstens, denk’ ich dann, kommt er heim,
sein Haus immer wohlbestellt und traulich finden. Und das ist’s, sieh, was mir all die dumpfe Arbeit lieb macht und weihet
und veredelt.«
»Du bist mein wackeres Weib. Mühst du dich nicht zuviel?«
»Die Arbeit ist gesund. Aber der Verdruß, die Bosheit der Leute, das tut mir weh.«
Witichis blieb stehen.
»Wer wagt’s, dir weh zu tun?«
»Ach, die welschen Knechte und die welschen Nachbarn. Sie hassen uns alle. Weh uns, wenn sie uns nicht mehr fürchten. Calpurnius,
der Nachbar, ist so frech, wenn er dich ferne weiß, und die römischen Sklaven sind trotzig und falsch; nur unsre gotischen
Knechte sind brav.«
Witichis seufzte. Sie waren jetzt vor dem Hause angelangt und ließen in dem Säulengang sich vor einem Marmortisch nieder.
»Du mußt bedenken«, sagte Witichis, »der Nachbar hat ein Drittel seines Guts und seiner Sklaven an uns abtreten müssen.«
»Und hat zwei Drittel behalten und das Leben dazu – er sollte Gott danken!« meinte Rauthgundis verächtlich.
Da sprang Athalwin heran mit einem Korb voll Äpfeln, die er vom Baum gepflückt; dann kamen Wachis und die andern germanischen
Knechte mit Wein, Fleisch und Käse, und sie begrüßten den Herrn mit freimütigem Handschlag.
»Gut, meine Kinder, seid gegrüßt. Die Frau lobt euch. Aber wo stecken Davus, Cacus und die andern?«
»Verzeih, Herr«, schmunzelte Wachis, »sie haben ein schlecht Gewissen.«
»Warum? Weshalb?«
»Ei,– ich glaube,– weil ich sie ein bißchen geprügelt habe – sie schämen sich.«
Die andern Knechte lachten.
»Nun, es kann ihnen nicht schaden«, meinte Witichis, »geht nun zu eurem Essen. Morgen seh’ ich nach eurer Arbeit.«
Die Knechte gingen.
»Was ist’s mit Calpurnius«, fragte Witichis, sich einschenkend.
Rauthgundis errötete und besann sich:
»Das Heu von der Bergwiese«, sagte sie dann, »das unsre Knechte gemäht, hat er nachts in seine Scheuer geschaft und gibt es
nicht heraus.«
»Er wird es schon herausgeben, mein’ ich . . . .« sagte er ruhig, trinkend.
»Jawohl«, rief Athalwin lebhaft, »das mein’ ich auch. Und gibt er’s nicht – mir noch lieber! Dann sagen wir Fehde an, und
ich zieh’ hinüber mit Wachis und den reisigen Knechten, mit Waffen und Wehr. Er sieht mich immer so giftig an, der schwarze
Schleicher.«
Rauthgundis wies ihn zu Ruh’ und schickte ihn schlafen.
»Wohl, ich gehe«, sagte er, »aber, Vater, wenn du wiederkommst, bringst du mir statt dieses Steckens da ein richtig Gewaffen
mit, nicht wahr?«
Und er hüpfte ins Haus.
»Der Streit mit diesen Welschen endet nie«, sagte Witichis, »er vererbt sich auf die Kinder. Du hast hier allzuviel Verdruß
damit. Desto lieber wirst du tun, was ich dir vorschlage: komm mit nach Ravenna, an den Hof.«
Hocherstaunt blickte ihn das Weib an:
»Du scherzest!« sagte sie ungläubig. »Du hast das nie gewollt. In den neun Jahren, die ich dein bin, ist dir’s nie eingefallen,
mich an den Hof zu führen: ich glaube, es weiß niemand in dem Volk, daß eine Rauthgundis lebt. Du hast ja unsere Ehe geheimgehalten«,
lächelte sie, »wie eine Schuld.«
»Wie einen Schatz«, sagte Witichis, die Arme um sie schlingend.
»Ich habe dich nie gefragt, warum. Ich war und bin glücklich dabei und dachte und denke: er wird wohl seinen Grund haben.«
»Ich hatte meinen guten Grund: er besteht nicht mehr. Du magst nun alles wissen. Wenige Monate, nachdem ich dich gefunden
in deiner Felseneinsamkeit und liebgewonnen, kam König Theoderich auf den seltsamen Gedanken, mich seiner Schwester Amalaberga,
der Witwe des Thüringerkönigs, zu vermählen, welche gegen ihre schlimmen Nachbarn, die Franken, Mannesschutz bedurfte.«
»Du solltest dort die Krone tragen?« sprach Rauthgundis mit strahlenden Augen.
»Mir aber«, fuhr Witichis fort, »war Rauthgundis lieber als Königin und Krone, und ich sagte nein. Es verdroß ihn schwer,
und er verzieh mir nur, als ich ihm sagte, ich würde wohl niemalsfreien. Konnt’ ich doch damals nicht hoffen, dich je mein zu nennen: du weißt, wie lange dein Vater mißtrauisch und eisern
dich mir nicht anvertrauen wollte. Als du nun aber doch mein geworden, da hielt ich’s nicht für wohlgetan, ihm das Weib zu
zeigen, um das ich seine Schwester ausgeschlagen.«
»Aber
Weitere Kostenlose Bücher