Ein Kampf um Rom
Rechte vor sich
hin.
»Eia, Rauthgundis, strenge Frau«, sagte Wachis loslassend, »mußt du denn überall die Augen haben.«
Ȇberall, wo mein Gesinde Unfug treibt. Wann werdet ihr lernen, euch vertragen? Euch Welschen fehlt der Herr im Hause. Aber
du, Wachis, solltest nicht auch der Hausfrau Verdruß machen. Komm, Athalwin, mit mir.«
Und sie führte den Knaben an der Hand mit fort. Sie ging in den Seitenhof und füllte aus einer Truhe Körner in ihr Gewand,
die Hühner und Tauben zu füttern, die sie sogleich dicht umdrängten. Athalwin sah eine Weile schweigend zu. Endlich sagte
er:
»Du, Mutter, ist’s wahr? ist der Vater ein Räuber?«
Rauthgundis hielt inne in ihrem Tun und sah das Kind an:
»Wer hat das gesagt.«
»Wer? Ei, des Nachbars Calpurnius Neffe. Wir spielten auf dem großen Heuhaufen seiner Wiese drüben überm Zaun, und ich zeigte
ihm, wie weit das Land uns gehöre rechts vom Zaun,– weit und breit – so weit unsre Knechte mähten und fern der Bach schimmerte.
Da ward er zornig und sagte: ›Ja, und all das Land gehörte früher uns, und dein Vater oder dein Großvater, die haben’s gestohlen,
die Räuber.‹«
»So? und was sagtest du drauf.«
»Ei, gar nichts, Mutter. Ich warf ihn nur über den Heuhaufen hinunter, daß er die Füße gen Himmel schlug. Aber jetzt, nach
der Hand, möcht’ ich doch wissen, ob’s wahr ist.«
»Nein, Kind, es ist nicht wahr. Gestohlen hat’s der Vater nicht. Aber offen genommen, weil er besser war und stärker als diese
Welschen. Und alle starken Helden haben’s immer so gemacht zu allen Zeiten. Und die Welschen in den Tagen, da sie stark waren
und ihre Nachbarn schwach, am allermeisten. Aber nun komm, wir müssen nach dem Linnen sehn, das auf dem Anger zur Bleiche
liegt.«
Als sie nun den Stallungen den Rücken wandten und dem nahen Grashügel links vom Hause zuschritten, hörten sie den raschen
Hufschlag eines Rosses, das auf der alten römischen Heerstraße nahte. Rasch hatte Athalwin den Gipfel des Hügels erreicht
und blickte nach der Straße hin. Da sprengte ein Reiter auf einem mächtigen Braunen die Waldhöhe herab auf die Villa zu: hell
funkelte sein Helm und die Spitze der Lanze, die er schräg über dem Rücken trug.
»Der Vater, Mutter, der Vater!« rief der Knabe und rannte pfeilgeschwind den Hügel hinab, dem Reiter entgegen.
Rauthgundis hatte jetzt auch die Höhe erreicht. Ihr Herz pochte.
Sie legte die Hand vors Auge, in die schimmernde Abendröte zu schauen: dann sagte sie still glücklich vor sich hin:
»Ja, er ist’s. Mein Mann!«
Fünftes Kapitel
Inzwischen hatte Athalwin den Nahenden schon erreicht und kletterte an seinem Fuß hinan. Der Reiter hob ihn mit liebevoller
Hand herauf und setzte ihn vor sich in den Sattel und flog jetzt im Galopp heran: lustig wieherte Wallada, das edle Tier,
einst Theoderichs Streitroß, die Heimat und die Herrin erkennend, und schlug freudig mit dem langen, wallenden Schweif. Nun
war der Reiter heran und stieg ab mit dem Knaben: »Mein liebes Weib!« sprach er, sie herzlich umarmend.
»Mein Witichis!« flüsterte sie, an seiner Brust erglühend, entgegen, »willkommen bei den Deinen.«
»Ich hatte versprochen, noch vor dem neuen Mond zu kommen – schwer ging’s –«
»Aber du hieltst Wort wie immer.«
»Mich zog das Herz«, sagte er, den Arm um sie schlingend.
Sie schritten langsam dem Hause zu.
»Dir, Athalwin, ist, scheint’s, Wallada wichtiger als der Vater«, lächelte er dem Kleinen zu, der sorgfältig das Pferd am
Zügel nachführte.
»Nein, Vater, aber gib mir noch die Lanze dazu – so gut wird mir’s selten hier in dem Bauernleben« – und den langen schweren
Speerschaft mit Mühe einherschleppend, rief er laut: »He, Wachis, Ansbrand, der Vater ist da! – Jetzt holt den Falernerschlauch
aus dem Keller. Der Vater hat Durst vom scharfen Ritt.«
Lächelnd strich Witichis über den Flachskopf des Knaben, der jetzt an ihnen vorüber und voraneilte.
»Nun, und wie steht’s hier draußen bei euch?« fragte er, auf Rauthgundis blickend.
»Gut, Witichis, die Ernte ist glücklich eingebracht, die Trauben gestampft, die Garben geschichtet.«
»Nicht danach frag’ ich«, sagte er, sie zärtlich an sich drückend,– »wie geht es dir?«
»Wie’s einem armen Weibe geht«, antwortete sie, zu ihm aufblickend, »das seinen herzgeliebten Mann vermißt. Da hilft nur Arbeit,
Freund, und tüchtig Schaffen, daß man das weiche Herz
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