Ein Kampf um Rom
schlagenuns bei den Töchtern Hesperiens in der Liebe sogar aus dem Felde. Erst neulich hat die schöne Lavinia meinem Bruder die Türe
verschlossen und den fuchsroten Aligern eingelassen.«
»Barbarischer Geschmack!« meinte der Verschmähte achselzuckend und wie zum Trost nach seinem Isiswein langend. »Du kennst
sie ja auch, Furius – ist es nicht Geschmacksverirrung?«
»Ich kenne deinen Nebenbuhler nicht«, sagte der Corse. »Aber es gibt schon Burschen unter diesen Goten, die einem Weib gefährlich
werden mögen. Und da fällt mir ein Abenteuer ein, das ich jüngst entdeckt, das aber freilich noch ohne Spitze ist.«
»Erzähle nur«, mahnte Kallistratos, die Hände in das laue Waschwasser steckend, das jetzt in korinthischen Erzschüsseln herumgereicht
wurde, »vielleicht finden wir die Spitze dazu.«
»Der Held meiner Geschichte«, hob Furius an, »ist der schönste der Goten.«
»Ah, Totila der junge«, unterbrach Piso und ließ sich den cameengeschmückten Becher mit Eiswein füllen.
»Derselbe. Ich kenne ihn seit Jahren und bin ihm sehr gut, wie alle müssen, die je sein sonnig Angesicht geschaut, abgesehen
davon« – und hier überflog des Corsen Züge ein Schatten ernsten Erinnerns, und er stockte –, »daß ich ihm sonst verbunden bin.«
»Du bist, scheint’s, verliebt in den Blondkopf«, spottete Massurius, dem Sklaven, den er mitgebracht, ein Tuch voll picentinischen
Zwiebacks zuwerfend, um es mit nach Hause zu nehmen.
»Nein, aber er hat mir, wie allen, mit denen er zu tun hat, viel Freundliches erwiesen, und gar oft hatte er die Hafenwache
in den italischen Seestädten, wo ich landete.«
»Ja, er hat große Verdienste um das Seewesen der Barbaren«, sagte Lucius Licinius.
»Wie um ihre Reiterei«, stimmte Marcus bei, »der schlanke Bursche ist der beste Reiter seines Volks.«
»Nun, ich traf ihn zuletzt in Neapolis: wir freuten uns derBegegnung, aber vergebens drang ich in ihn, die fröhlichen Abendgelage auf meinem Schiffe zu teilen.«
»Oh, diese deine Schiffsabende sind berühmt und berüchtigt«, meinte Balbus, »du hast stets die feurigsten Weine.« »Und die
feurigsten Mädchen«, fügte Massurius bei.
»Wie dem sei, Totila schützte jedesmal Geschäfte vor und war nicht zu gewinnen. Ich bitte euch! Geschäfte nach der achten
Stunde in Neapolis! Wo die Fleißigsten faul sind! Es waren natürlich Ausflüchte. Ich beschloß, ihm auf die Sprünge zu kommen,
und umschlich abends sein Haus in der Via Lata. Richtig: gleich den ersten Abend kam er heraus, vorsichtig umblickend, und,
zu meinem Staunen, verkleidet; wie ein Gärtner war er angetan, einen Reisehut tief ins Gesicht gezogen, eine Abolla umgeschlagen.
Ich schlich ihm nach. Er ging quer durch die Stadt nach der Porta Capuana zu. Dicht neben dem Tore steht ein dicker Turm,
darinnen wohnt der Pförtner, ein alter patriarchenhafter Jude, dem König Theoderich ob seiner großen Treue die Hut des Tores
anvertraut. Vor dem Turme blieb mein Gote stehen und schlug leise in die Hand: da flog eine schmale Seitentür von Eisen, die
ich gar nicht bemerkt, geräuschlos auf, und hinein schlüpfte Totila, geschmeidig wie ein Aal.«
»Ei, ei«, fiel Piso, der Dichter, eifrig ein, »ich kenne den Juden und Miriam, sein herrlich prachtäugiges Kind! Die schönste
Tochter Israels, die Perle des Morgenlands, ihre Lippen sind Granaten, ihr Aug’ ist dunkelmeeresblau, und ihre Wangen haben
den roten Duft des Pfirsichs.«
»Gut, Piso«, lächelte Cethegus – »dein Gedicht ist schön.«
»Nein«, rief dieser. »Miriam selbst ist die lebendige Poesie.«
»Stolz ist die Judendirne«, brummte Massurius dazwischen, »sie hat mich und mein Gold verschmäht mit einem Blick, als habe
man nie ein Weib um Geld gekauft.«
»Siehe«, sprach Lucius Licinius, »so hat sich der hochmüt’ge Gote, der einherschreitet, als trüg’ er alle Sterne des Himmels
auf seinem Lockenhaupt, zu einer Jüdin herabgelassen.«
»So dacht’ auch ich, und ich beschloß, den Jungen bei nächster Gelegenheit schwer zu verhöhnen mit seinem Moschusgeschmack.Aber nichts da. Ein paar Tage darauf mußte ich nach Capua. Ich breche vor Sonnenaufgang auf, die Hitze zu meiden. Ich fahre
durch die Porta Capuana zur Stadt hinaus beim ersten Frührot: und als ich in meinem Reisewagen über die harten Steine an dem
Judenturm vorüberrassele, denk’ ich neidvoll an Totila und sage mir, der liegt jetzt in weichen Armen. Aber am zweiten
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