Ein Kampf um Rom
Meilensteine
vor dem Tor begegnet mir, nach der Stadt zuschreitend, leere Blumenkörbe über Brust und Rücken, in Gärtnertracht, wie damals
– Totila. Er lag also nicht in Miriams Armen. Die Jüdin war nicht seine Geliebte, vielleicht seine Vertraute, und wer weiß,
wo die Blume blüht, die dieser Gärtner pflegt. Der Glücksvogel! Bedenkt nur, auf der Via Capuana stehen all die Villen und
Lustschlösser der ersten Familien von Neapolis, und in jenen Gärten prangen und blühen die herrlichsten Weiber.«
»Bei meinem Genius«, rief Lucius Licinius, die bekränzte Schale hebend, »dort leben ja die schönsten Weiber Italiens – Fluch über den Goten!«
»Nein«, schrie Massurius, von Wein erglühend, »Fluch über Kallistratos und den Corsen, die uns mit fremden Liebesgeschichten
bewirten, wie der Storch aus Kelchgläsern den Fuchs. Laß endlich, Hausherr, deine Mädchen kommen, wenn du deren bestellt hast:
nicht höher brauchst du unsre Erwartung zu spannen.«
»Jawohl, die Mädchen, die Tänzerinnen, die Psalterien!« riefen die jungen Leute durcheinander.
»Halt«, sprach der Wirt, »wo Aphrodite naht, muß sie auf Blumen wandeln. Dies Glas bring’ ich dir, Flora!«
Er sprang auf und schleuderte an die getäfelte Decke eine köstliche Kristallschale, daß sie klirrend zersprang. Sowie das
Glas an die Balken der Decke schlug, hob sich das ganze Getäfel wie eine Falltür empor, und ein reicher Regen von Blumen aller
Art flutete auf die Häupter der erstaunten Gäste nieder, Rosen von Pästum, Veilchen von Thurii, Myrten von Tarentum, Mandelblüten
bedeckten wie ein dichtes Schneegestöber in duftigen Flocken den Mosaikboden, die Tische, die Polster und die Häupter der
Gäste.
»Schöner«, rief Cethegus, »zog Venus nie auf Paphos ein.«
Kallistratos schlug in die Hände. Da teilte sich beim Klang von Lyra und Flöte dem Triklinium grade gegenüber die Mittelwand
des Gemachs: vier hochgeschürzte Tänzerinnen, ausgesucht schöne Mädchen, in persische Tracht, d. h. in durchsichtigen Rosaflor, gekleidet, sprangen cymbelnschlagend aus einem Gebüsch von blühendem Oleander. Hinter ihnen
kam ein großer Wagen in Gestalt einer Fächermuschel, dessen goldne Räder von acht jungen Sklavinnen geschoben wurden, vier
Flötenbläserinnen in lydischem Gewand – Purpur und Weiß mit goldgestickten Mänteln – schritten vorauf: und auf dem Sitz des Wagens ruhte, von Rosen übergossen,
in halb liegender Stellung Aphrodite selbst, in Gestalt eines blühenden Mädchens von lockender, üppiger Schönheit, dessen
fast einzige Verhüllung der Aphroditen nachgebildete Gürtel der Grazien war.
»Ha, beim heiligen Eros und Anteros!« schrie Massurius und sprang unsichern Schrittes von der Kline herab unter die Gruppe.
»Verlosen wir die Mädchen!« rief Piso, »ich habe ganz neue Würfel aus Gazellenknöcheln, weihen wir sie ein.«
»Laßt sie den Festkönig verteilen«, schlug Marcus Licinius vor.
»Nein, Freiheit, Freiheit wenigstens in der Liebe«, rief Massurius und faßte die Göttin heftig am Arme, »und Musik, heda,
Musik – –«
»Musik«, befahl Kallistratos.
Aber ehe noch die Cymbelschlägerinnen wieder anheben konnten, wurde die Eingangstüre hastig aufgerissen, und die Sklaven,
die ihn aufhalten wollten, zur Seite drängend, stürmte Scaevola herein, er war leichenblaß.
»Hier also, hier wirklich find’ ich dich, Cethegus? in diesem Augenblick!«
»Was gibt’s?« sagte der Präfect und nahm ruhig den Rosenkranz vom Haupt.
»Was es gibt? das Vaterland schwankt zwischen Scylla und Charybdis. Die gotischen Herzöge Thulun, Ibba und Pitza –«
»Nun?« fragte Lucius Licinius.
»Sie sind ermordet!«
»Triumph!« rief der junge Römer und ließ die Tänzerin fahren, die er umfaßt hielt.
»Schöner Triumph!« zürnte der Jurist. »Als die Nachricht nach Ravenna kam, beschuldigte alles Volk die Königin, sie stürmten
den Palast – doch Amalaswintha war entfloh’n.«
»Wohin?« fragte Cethegus, rasch aufspringend.
»Wohin? auf einem Griechenschiff – nach Byzanz!«
Cethegus setzte schweigend den Becher auf den Tisch und furchte die Stirn.
»Aber das Ärgste ist – die Goten wollen sie absetzen und einen König wählen.«
»Einen König?« sagte Cethegus. »Wohlan, ich rufe den Senat zusammen. Auch die Römer sollen wählen.«
»Wen, was sollen wir wählen?« fragte Scaevola.
Aber Cethegus brauchte nicht zu antworten. Lucius Licinius rief
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