Ein Kampf um Rom
Steuerausschreiben des Kaisers. Die Provinzen zahlten neben der von Justinian verlangten noch eine zweite
Steuer, die Petros und die Steuerzähler untereinander teilten. Eine Weile ging das vortrefflich. Aber einmal –«
»Kaiserin, ich bitte dich –«
»Ich bin gleich zu Ende, Freund. Aber einmal hattest du das Unglück, daß einer von den neuen Steuerzählern die Gunst der Kaiserin
höher anschlug als den von dir verheißnen Teil der Beute. Er ging auf deinen Antrag ein, ließ sich die Urkunde von dir fälschen
und – brachte sie mir.«
»Der Elende«, murrte Petros.
»Ja, es war schlimm«, lächelte Theodora, den Becher wegstellend.
»Ich konnte jetzt meinem boshaften Feind, dem Vertrauten des verhaßten Eunuchen, den schlauen Kopf vor die Füße legen, und
ich muß gestehen: es lüstete mich sehr danach. Aber ich opferte die kurze Rache einem großen, dauernden Vorteil. Ich rief
dich zu mir und ließ dir die Wahl, zu sterben oder fortan mir zu dienen. Du warst gütig genug, das letztre zu wählen, und
so haben wir, vor der Welt nach wie vor die heftigsten Feinde, insgeheim seit Jahren zusammengewirkt: du hast mir alle Pläne
des großen Narses im Entstehen verraten, und ich hab’ es dir wohlvergolten: du bist jetzt ein reicher Mann.«
»Oh, nicht der Rede wert.«
»Bitte, Undankbarer, das weiß mein Schatzmeister besser. Du bist sehr reich.«
»Wohl, aber ohne Rang und Würde. Meine Studiengenossen sind Patrizier, Präfecten, große Herrn in Morgen- und Abendland: so
Cethegus in Rom, Prokopius in Byzanz.«
»Geduld. Vom heut’gen Tage an wirst du die Leiter der Ehren rasch erklimmen. Ich mußte doch immer etwas zu geben behalten.
Höre: du gehst morgen als Gesandter nach Ravenna.«
»Als kaiserlicher Gesandter?« rief Petros freudig.
»Durch meine Verwendung. Aber das ist nicht alles. Du erhältst von Justinian ausführliche Anweisungen, das Gotenreich zu verderben,
Belisar den Weg nach Italien zu bahnen.«
»Diese Anweisungen – befolg’ ich oder vereitl’ ich?«
»Befolgst du. Aber du erhältst noch einen Auftrag, den dir Justinian ganz besonders ans Herz legen wird: die Tochter Theoderichs
um jeden Preis aus der Hand ihrer Feinde zu retten und nach Byzanz zu bringen. Hier hast du einen Brief von mir, der sie dringend
einladet, an meiner Brust ein Asyl zu suchen.«
»Gut«, sagte Petros, den Brief einsteckend, »ich bringe sie also sofort hierher.«
Da schnellte Theodora wie eine springende Schlange vom Lager auf, daß Galatea erschrocken zurückfuhr.
»Bei meinem Zorn, Petros, nein. Dich send’ ich deshalb. Sie darf nicht nach Byzanz, sie darf nicht leben.«
Bestürzt ließ Petros den Brief fallen. »O Kaiserin«, flüsterte er – »ein Mord!«
»Still, Rhetor«, sprach Theodora mit heiserer Stimme, und unheimlich funkelten ihre Augen. »Sie muß sterben.«
»Sterben? o Kaiserin, warum?«
»Warum? das hast du nicht zu fragen. Doch halt – du sollst es wissen, es gibt deiner Feigheit einen Sporn – wisse –« und sie faßte ihn wild am Arme und raunte ihm ins Ohr: »Justinian, der Verräter, fängt an, sie zu lieben.«
»Theodora!« rief der Rhetor erschrocken und trat einen Schritt zur Seite.
Die Kaiserin sank auf die Kline zurück.
»Aber er hat sie ja nie gesehen!« stammelte, sich fassend, Petros.
»Er hat ihr Bild gesehen: er träumt bereits von ihr, er glüht für dieses Bild.«
»Du hast nie eine Rivalin gehabt.«
»Ich werde dafür wachen, daß ich keine erhalte.«
»Du bist so schön.«
»Amalaswintha ist jünger.«
»Du bist so klug, bist seine Beraterin, die Vertraute seiner geheimsten Gedanken.«
»Das eben wird ihm lästig. Und« – sie ergriff wieder seinen Arm – »merke wohl: sie ist eine Königstochter! eine geborne Herrscherin,
ich des Löwenwärters plebejisch Kind. Und – so wahnwitzig lächerlich es ist – Justinian vergißt im Purpurmantel, daß er des
dardanischen Ziegenhirten Sohn. Er hat den Wahnsinn der Könige geerbt, er, selbst ein Abenteurer: er faselt von angeborner
Majestät, von dem Mysterium königlichen Bluts. Gegen solche Grillen hab’ ich keinen Schutz: von allen Weibern der Erde fürchte
ich nichts, aber diese Königstochter – –«
Sie sprang zürnend auf und ballte die kleine Hand.
»Hüte dich, Justinian!« sagte sie, durchs Gemach schreitend. »Theodora hat mit diesem Auge, mit dieser Hand Löwen und Tiger
bezaubert und beherrscht: laß sehen, ob ich nicht diesen Fuchs im
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