Ein Kampf um Rom
von Elfenbein. Die arme Elpis hatte harten Dienst. Sie mußte während
der Vollendung des Ankleidens die schwere Platte bei jeder Bewegung der unruhigen Herrin sofort dermaßen drehen, daß diese
sich ununterbrochen darin beschauen konnte, und weh’ ihr, wenn sie einer Wendung zu spät nachfolgte.
»Was gibt es zu kaufen, Zephyris?« fragte die Kaiserin eine dunkelfarbige libysche Freigelassene, welche ihr eben die zahme
Hausschlange, die in einem Körbchen auf weichem Moose ruhte, zur Morgenliebkosung reichte.
»Ach, nicht viel Besondres«, sagte die Libyerin,– »komm, Glauke«, fuhr sie fort, indem sie die blendendweiße, golddurchwirkte
Chlamys aus der Kleiderpresse nahm und sorgfältig auf den Armen ausgebreitet hielt, bis die Gerufene ihr sie abnahm, mit Einem
Wurf der Kaiserin in den schönsten Falten über die Schulter schlug, mit dem weißen Gürtel zusammenfaßte und das eine Ende
mit einer Goldspange, welche einst die Taube der Venus, jetzt aber den heiligen Geist darstellte, über der weißen Achsel befestigte.
Glauke, die Tochter eines athenischen Bildhauers, hatte jahrelang den Faltenwurf studiert, war deshalb von der Kaiserin um
viele tausend Solidi angekauft worden, und hatte den ganzen Tag über nur dies einzige Geschäft.
»Duftige Seifenkugeln aus Spanien«, berichtete Zephyris, »sind wieder frisch angekommen. Ein neues milesisches Märchen ist
erschienen, und der alte Ägypter ist wieder da«, setzte sie leiser hinzu, »mit seinem Nilwasser. Er sagt, es helfe unfehlbar.
Die Perserkönigin, die acht Jahre kinderlos – –«
Seufzend wandte sich Theodora ab, ein Schatten flog über das glatte Gesicht.
»Schick ihn fort«, sagte sie, »diese Hoffnung ist vorüber.« –
Und es war einen Augenblick, als wollte sie in trübes Sinnen versinken. Aber sich aufraffend trat sie, Galateen winkend, zu
ihrem Lager zurück, nahm den zerdrückten Eppichkranz, der auf ihrem Kopfkissen lag, und gab ihn der Alten mit den geflüsterten
Worten: »Für Anicius, schick es ihm zu.– Den Schmuck, Erigone!«
Erigone, von zwei andren Sklavinnen unterstützt, trug mühsam die schwere Kiste von Bronze herbei, deren Deckel, in getriebnen
Figuren die Werkstätte des Vulcanus darstellend, mit dem Siegel der Kaiserin an die Lade befestigt war.
Erigone zeigte, daß das Siegel unverletzt, und schlug den Deckel auf: neugierig stellte sich da manches Mädchen auf die Fußspitzen,
einen Blick von den schimmernden Schätzen zu erhaschen.
»Willst du noch die Sommerringe, Herrin?« fragte Erigone.
»Nein«, sprach Theodora wählend, »die Zeit dafür ist um. Gib mir die schwereren, die Smaragden.« Erigone reichte ihr Ohrringe,
Fingerring und Armband.
»Wie schön«, sagte Antonina, von ihren frommen Versen aufsehend, »steht das Weiß der Perle zu dem Grün des Steins.«
»Es ist ein Schatzstück der Kleopatra«, sagte die Kaiserin gleichgültig, »der Jude hat den Stammbaum der Perle eidlich erhärtet.«
»Aber du zögerst lange«, erinnerte Antonina, »Justinians Goldsänfte harrte schon, als ich heraufkam.«
»Ja, Herrin«, rief eine junge Sklavin ängstlich, »der Sklave vor der Sonnenuhr sagte schon die vierte Stunde an. Eile, Herrin.«
Ein Stich mit dem Lanzett war die Antwort.
»Willst du die Kaiserin mahnen?«
Aber Antoninen flüsterte sie zu: »Man muß die Männer nicht verwöhnen: sie müssen immer auf uns warten, wir nie auf sie. Meinen
Straußenfächer, Thais. Geh, Ione, die kappadokischen Sklaven sollen an meine Sänfte treten.«
Und sie wandte sich zum Gehen.
»O Theodora«,rief Antonina rasch,»vergiß meine Bitte nicht.«
»Nein«, sagte diese, plötzlich stehenbleibend, »gewiß nicht! Und damit du ganz sichergehst«, lächelte sie, »leg’ ich’s in
deine eigne Hand. Meine Wachstafel und den Stift.«
Galatea brachte sie eilig. Theodora schrieb und flüsterte der Freundin zu: »Der Präfect des Hafens ist einer meiner alten
Freunde. Er gehorcht mir blind. Lies, was ich schreibe:
›An Aristarchos, den Präfecten, Theodora, die Kaiserin.
Wenn Severinus, des Boëthius Sohn, das Schiff des Belisarius besteigen will, halt ihn, nötigenfalls mit Gewalt, zurück und
sende ihn hierher in meine Gemächer: er ist zu meinem Kämmerer ernannt.‹
Ist’s recht so, liebe Schwester?« flüsterte sie.
»Tausend Dank«, sagte diese mit leuchtenden Augen.
»Aber wie«, rief die Kaiserin laut, plötzlich an ihren Hals fassend, »und die Hauptsache hätten wir
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