Ein Kampf um Rom
bestrich damit sorgfältig die Masse von öligem Teig, welche Gesicht und Hals der Kaiserin während der Nacht bedeckte. Dann
kniete sie vor dem Bette nieder, das Haupt fast zur Erde gebeugt, und reichte die rechte Hand hinauf. Theodora faßte diese
Hand, setzte langsam den kleinen Fuß auf den Nacken der Knienden und schwang sich dann elastisch zur Erde. Die Sklavin erhobsich und warf der Herrin, welche jetzt, nur mit der Untertunica von feinstem Bast bekleidet, auf dem Palmenholzrand des Bettes
saß, den feinen Ankleidemantel von Rosagewebe über die Schultern. Dann verneigte sie sich, wandte sich zur Türe, rief »Agave!«
und verschwand.
Agave, eine junge, schöne Thessalierin, trat ein; sie rollte dicht vor die Herrin den mit unzähligen Büchschen und Fläschchen
besetzten Waschtisch von Citrusholz und begann, ihr Gesicht, Nacken und Hände mit weichen, in verschiedene Weine und Essenzen
getauchten Tüchern zu reiben. Darauf erhob sich diese vom Lager und glitt auf den bunten, mit Pardelfell überzogenen Stuhl,
die Kathedra.
»Das große Bad erst gegen Mittag!« sagte sie.
Da schob Agave eine ovale Wanne von Terebinthenholz heran, außen mit Schildpatt bekleidet, gefüllt mit köstlich duftendem
Wasser, und hob die kleinen, glänzendweißen Füße der Herrin hinein. Hierauf löste sie das Netz von Goldfäden, welches die
Nacht über die blau glänzenden Haare der Kaiserin zusammenhielt, so daß jetzt die dunklen weichen Wellen über Schultern und
Brust wallen konnten. Sie schlang ihr noch das breite Busenband von Purpur um, verneigte sich und ging mit dem Rufe: »Galatea!«
Eine betagte Sklavin löste sie ab, die Amme und Wärterin, und leider müssen wir hinzufügen, die Kupplerin Theodoras in der
Zeit, da sie nur erst des Acacius, des Löwenwärters im Circus, flitterbehängtes Töchterlein und, fast noch ein Kind, der schon
tiefverdorbne Liebling des großen Circus war. Alle Demütigungen und Triumphe, alle Laster und Listen bis zum Kaiserthron auf
der Abenteurerin wechselndem Pfad hatte Galatea getreulich geteilt.
»Wie hast du geschlafen, mein Täubchen?« fragte sie, ihr in einer Bernsteinschale die aromatische Essenz reichend, welche
die Stadt Adana in Cilicien für die Toilette der Kaiserin in großen Massen als jährlichen Tribut einzusenden hatte.
»Gut, ich träumte von ihm.«
»Von Alexandros?«
»Nein, du Närrin, von dem schönen Anicius.«
»Aber der Bestellte wartet schon lange draußen in der geheimen Nische.«
»Er ist ungeduldig«, lächelte der kleine Mund, »nun, so laß ihn ein.«
Und sie legte sich auf dem langen Diwan zurück, eine Decke von Purpurseide über sich ziehend; aber die feinen Knöchel der
schönen Füße blieben sichtbar.
Galatea schob den Riegel vor den Haupteingang, durch welchen sie eingetreten, und ging dann quer durch das Gemach zu der Ecke
gegenüber, welche durch eine eherne Kolossalstatue Justinians ausgefüllt war. Die scheinbar unbewegliche Last wich sofort
zur Seite, sowie die Vertraute eine Feder berührte, und zeigte eine schmale Öffnung in der Wand, welche die Statue in ihrer
normalen Stellung vollständig verdeckte: ein dunkler Vorhang war vor den Spalt gezogen. Galatea hob den Vorhang auf, und herein
eilte Alexandros, der schöne junge Gesandte. Er warf sich vor der Kaiserin aufs Knie, ergriff ihre schmale Hand und bedeckte
sie mit glühenden Küssen. Theodora entzog sie ihm leise.
»Es ist sehr unvorsichtig, Alexandros«, sagte sie, den schönen Kopf zurücklehnend, »den Geliebten zur Ankleidung zuzulassen.
Wie sagt der Dichter:
›Alles dienet der Schönheit. Doch ist kein erfreulicher Anblick,
Das entstehen zu sehn, was nur entstanden gefällt.‹
Aber ich hab’ es dir bei der Abreise nach Ravenna verheißen, dich einmal in meiner Morgenstunde vorzulassen. Und du hast deinen
Lohn reichlich verdient. Du hast viel für mich gewagt. Fasse die Flechten fester!« rief sie Galatea zu, welche an die ihr
allein zustehende Arbeit gegangen war, das prachtvolle Haar der Gebieterin zu ordnen.– »Du hast das Leben für mich gewagt.«
– Und sie reichte ihm wieder zwei Finger der rechten Hand.
»O Theodora«, rief der Jüngling, »für diesen Augenblick würd’ ich zehnmal sterben.«
»Aber«, fuhr sie fort, »warum hast du mir nicht auch von dem letzten Brief der Barbarin an Justinian Abschrift zukommen lassen?«
»Es war nicht mehr möglich, es ging zu rasch. Ich konnte von meinem Schiff keinen
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