Ein Kampf um Rom
nicht. Und höhne nicht! Du weißt am besten, von wem ich gelernt, zu tun, worüber man erröten muß.«
Theodora schoß einen funkelnden Blick auf die Freundin.
»Der Himmel weiß«, fuhr diese fort, ohne es zu beachten, »Belisar selbst war nicht treuer als ich, bis ich an diesen Hof kam.
Du warst es, Kaiserin, die mich gelehrt, daß diese selbstischen Männer, von Krieg und Staat und Ehrgeiz erfüllt, uns, wenn
sie einmal unsre Eheherrn, vernachlässigen, uns nicht mehr würdigen, wenn sie uns besitzen. Du hast mich gelehrt, wie es keine
Sünde, kein Unrecht sei, die unschuldige Huldigung, die schmeichelnde Verehrung, welche der tyrannische Gemahl versagt, von
einem noch hoffenden und deshalb noch dienenden Freunde hinzunehmen. Gott ist mein Zeuge, nichts andres als diesen süßen Weihrauch
der Huldigung, den Belisar versagt, und den mein eitles, schwaches Herz nicht missen kann, will ich von Anicius.«
»Zum Glück für mich wird das sehr bald langweilig«, sagte Theodora zu sich selbst.
»Und doch – schon dies ist ein Verbrechen, fürcht’ ich, an Belisar. O wie ist er groß und edel und herrlich. Wenn er nur nicht
allzugroß wäre für dies kleine Herz.« – Und sie bedeckte das Antlitz mit den Händen.
»Die Erbärmliche«, dachte die Kaiserin, »sie ist zu schwach zum Genuß wie zur Tugend.«
Da trat Agave, die hübsche junge Thessalierin, ins Gemach, mit einem großen Strauß herrlicher Rosen. »Von ihm«, flüsterte
sie der Herrin zu.
»Von wem?« fragte diese.
Aber jetzt sah Antonina auf, und Agave winkte warnend mit den Augen. Die Kaiserin reichte Antoninen den Strauß, sie zu beschäftigen,
»bitte, stell’ ihn dort in die Marmorvase.«
Während die Gattin Belisars, den Rücken wendend, gehorchte, flüsterte Agave: »Nun, von ihm, den du gestern den ganzen Tag
hier versteckt gehalten – von dem schönen Anicius –« setzte das holde Kind errötend bei.
Aber kaum hatte sie das unvorsichtige Wort gesagt, als sie laut schreiend nach ihrem linken Arme griff. Die Kaiserin schlug
sie mit dem noch blutigen Lanzett ins Gesicht.
»Ich will dich lehren, Augen haben, ob Männer schön sind oder häßlich«, flüsterte sie grimmig. »Du läßt dich in die Spinnstube
sperren auf vier Wochen – sogleich – und zeigst dich nie mehr in meinen Vorzimmern. Fort!«
Weinend ging das Mädchen, ihr Haupt verhüllend.
»Was hat sie getan?« fragte Antonina sich wendend.
»Das Riechfläschchen fallen lassen«, sagte Galatea rasch, ein solches von dem Teppich aufhebend.– »Herrin, dein Haar ist fertig.«
»So laß die Ankleiderinnen ein und wer sonst im Vorsaal. Willst du einstweilen in diesen Versen blättern, Antonina? Es sind
die neuesten Gedichte des Arator, ›über die Taten der Apostel‹, gar erbaulich zu lesen! Zumal hier, die Steinigung des heiligen
Stephanos! Aber lies und sprich sein Urteil.«
Galatea öffnete weit die Türe des Haupteingangs: ein ganzer Schwarm von Sklavinnen und Freigelassnen wogte herein. Die einen
besorgten das Hinausräumen der gebrauchten Toilettegeräte, andre räucherten mit Kohlenpfännchen und sprengten aus schmalhalsigen
Fläschchen Balsam durch das Gemach. Die meisten aber waren um die Person der Kaiserin beschäftigt, welche jetzt ihren Anzug
vollendete.
Galatea nahm ihr den Rosaüberwurf ab. »Berenike«, rief sie, »die milesische Tunica mit dem Purpurstreif und der goldnen Falbel:
es ist Sonntag heute.«
Während die erfahrene Alte, welche allein das Haar der Kaiserin berühren durfte, die kostbare Goldnadel, mit der Venusgemme
im Knopf, künstlich in die Knoten des Hinterhauptes schob, fragte die Kaiserin:
»Was gibt es Neues in der Stadt, Delphine?«
»Du hast gesiegt, o Herrin!« antwortete die Gefragte, mit den Goldsandalen niederkniend. »Deine Farbe, die Blauen, haben gestern
im Circus gesiegt über die Grünen zu Roß und Wagen.«
»Triumph!« frohlockte Theodora, »eine Wette von zwei ZentenarenGold, es ist mein. Nachrichten? woher? aus Italien?« rief sie einer eben mit Briefen eintretenden Dienerin entgegen.
»Jawohl, Herrin, aus Florentia von der Gotenfürstin Gothelindis: ich kenne das Gorgonensiegel: und von Silverius, dem Diakon.«
»Gib«, sagte Theodora, »ich nehme sie mit in die Kirche. Den Spiegel, Elpis.«
Eine junge Sklavin trat vor mit einer ovalen, drei Fuß langen Platte von glänzend poliertem Silber in einem reich mit Perlen
besetzten Goldrahmen und getragen von einem starken Fuß
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