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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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liegt dieselbe? fragte Mrs. Weldon.
    – Dort, in dieser Richtung, belehrte sie Dick Sand, mit dem Finger nach Osten weisend, wozu er den Compaß in Anspruch nahm.
    – Schön, Dick; mögen wir nun in Valparaiso oder in einem anderen Hafen an’s Land kommen, das thut nichts; die Hauptsache ist, überhaupt an’s Land zu kommen.
    – Das werden wir, Mistreß Weldon, erklärte der Leichtmatrose zuversichtlich, ich werde Sie sicher ausschiffen. Wenn wir uns dem Lande nähern, hoffe ich auch einem der dort zahlreichen Küstenfahrer zu begegnen. O, Mistreß Weldon, der Wind scheint nach Nordwest umzuschlagen – gebe Gott, daß er so bleibt, dann werden wir schnell vorwärts kommen. Dann spannen wir alle Leinwand aus und fangen ihn vom Deck bis zur Dick Sand sprach mit der Zuversicht eines Seemannes, der ein gutes Schiff unter seinen Füßen fühlt und es in jeder Lage zu beherrschen weiß. Er ergriff das Steuerruder und rief die Leute zusammen, um die Segel passend zu richten, als ihn Mrs. Weldon erinnerte, daß er vor Allem die Lage des »Pilgrim« feststellen möge.
    In der That erschien das am nöthigsten. Dick Sand begab sich in das Zimmer des Kapitäns, um die Karte zu holen, auf welcher der gestrige Stand des Schiffes eingezeichnet war. Er konnte damit Mrs. Weldon zeigen, daß die Brigg-Goëlette sich unter 43°45’ der Breite und 164°13’ der Länge befand, denn seit gestern hatte sie so gut wie gar keine Fahrt gemacht.
    Mrs. Weldon hatte sich über die Karte gebeugt. Sie betrachtete die bräunliche Schattirung, welche das Land an der rechten Seite des weiten Oceans darstellte. Das war die Küste Südamerikas, der ungeheure, zwischen den Atlantischen und den Pacifischen Ocean vorgeschobene Erdwall, vom Cap Horn an bis zu den Küsten Columbiens. Betrachtete man diese Karte, wie sie so hier ausgebreitet lag und auf der man einen ganzen Großen Ocean übersah, so glaubte man, daß es ein Leichtes sein müsse, die Passagiere des »Pilgrim« wieder heimzuführen. Es beruht auf einer Täuschung, der Jeder ohne Ausnahme verfällt, welcher sich den verjüngten Maßstab, in dem diese Seekarten ausgeführt sind, nicht vorzustellen gewöhnt ist. Und in der That schien es auch Mrs. Weldon, als müsse das Land fast in Sicht sein, wie es das auf diesem Stück Papier war.
    Und doch wäre der »Pilgrim« mitten in diese weiße Fläche und in demselben Maßstabe gezeichnet, kleiner erschienen, als die kleinsten mikroskopischen Infusorien! Gleich einem mathematischen Punkte ohne meßbare Dimensionen hätte man den »Pilgrim« für verloren ansehen müssen, wie er es in der Wasserwüste des Stillen Oceans auch wirklich war.
    Dick Sand hatte nicht dieselbe Empfindung wie Mrs. Weldon. Er kannte die ungeheure Entfernung jeden Landes, zu deren Messung Hunderte von Meilen nicht ausreichten. Doch sein Entschluß stand fest; die Verantwortlichkeit hatte ihn zum Manne gemacht!
     

    Mrs. Weldon hatte sich über die Karte gebeugt. (S. 95.)
     
    Die Zeit zu handeln war gekommen; die auffrischende Brise aus Nordwest mußte benutzt werden. Der ungünstige Wind hatte einem recht günstigen Platz gemacht und einige in Form der Cyrrhi über den Himmel verstreute Wolken deuteten auf eine gewisse Ausdauer desselben hin.
     

    Alle Drei fielen rückwärts nieder. (S. 102)
     
    Dick Sand rief Tom und seine Begleiter herbei.
    »Meine Freunde, begann er, unser Schiff hat keine andere Besatzung mehr als Euch. Ohne Eure Hilfe vermag ich es nicht zu führen. Ihr seid zwar keine Seeleute, habt aber tüchtige Arme. Leiht sie dem Dienste des »Pilgrim« und wir werden mit ihm segeln können. Unser Aller Heil hängt davon ab, daß Alles an Bord gut von statten gehe.
    – Herr Dick, antwortete Tom, meine Begleiter und ich, wir sind Ihre Matrosen. An gutem Willen soll es uns nicht fehlen. Alles was Menschen ausführen können, wird geschehen, wie Sie befehlen.
    – Gut gesprochen, alter Tom, sagte Mrs. Weldon.
    – Gewiß, fuhr Dick Sand fort, doch hier gilt es klug zu sein, und ich werde nicht überflüssiger Weise Segel beisetzen, um weniger Gefahr zu laufen. Etwas weniger Schnelligkeit, dafür aber etwas mehr Sicherheit, das ist’s, was die Umstände uns gebieten. Ich werde Euch sagen, meine Freunde, was Jeder bei der Handhabung der Segel zu thun hat. Ich selbst denke am Steuer so lange zu bleiben, als mich die Erschöpfung nicht zwingt, dasselbe zu verlassen. Wenige Stunden Schlaf werden hinreichen, mich immer wieder zu kräftigen. Doch während dieser

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