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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milly Johnson
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eine fröhliche Miene aufzusetzen, nur damit Denise oder Demi ihr nicht wieder vorwerfen konnten, ein Trauerkloß zu sein, aber sie konnte sich Lustigeres vorstellen, als einen riesigen, aufblasbaren Pimmel durch eine Stadt zu schleppen, in der sie nicht sein wollte, mit Leuten, die sie nicht kannte.
    Bette und Muriel trugen weit geschnittene Sommerkleider, die ihre schwabbeligen Oberarme möglichst gut zur Geltung brachten. Empty Head hatte offenbar keine T-Shirts, die groß genug für sie waren. Dawn wollte sich lieber nicht vorstellen, wie Bette in einem weißen T-Shirt aussehen würde. Es würde Lawinenwarnungen geben, wenn sie den Hügel hinunter zu den Pubs ging. Bette konnte sich mit ihrer üppigen Figur nicht lange auf den Beinen halten, daher suchten sie und Muriel sich eine stille Ecke, in die sie sich mit ihren Gläsern mit Lager und Limes zurückzogen. Zum Glück waren die meisten aus ihrer Truppe bereits zu weit hinüber, um sich an Dawns Existenz auch nur zu erinnern – wenigstens etwas, wofür sie dankbar war. Dawn hielt sich im Hintergrund, während sie zusah, wie die Frauen auf den Tischen tanzten und mit irgendwelchen Typen flirteten. Sie presste ihren Fingernagel hart in den aufblasbaren Penis, bis sie hörte, wie die Luft seufzend aus ihm entwich. Dann wurde neben ihr auf einmal Jubel laut, und als sie sich umwandte, sah sie, dass Demi ihr T-Shirt ausgezogen hatte und mit nackten, wippenden Brüsten auf und ab sprang. Der Türsteher kam herüber und forderte sie auf, ihr Top wieder anzuziehen, aber dafür, dass er so ein riesiger, schwabbeliger Kerl war, bewegte er sich sehr langsam durch das Gedränge.
    Zwei der Frauen waren um halb drei Uhr morgens praktisch bewusstlos, und Denise fragte Dawn, ob sie etwas dagegen hätte, den Busfahrer anzurufen, damit er sie schon jetzt und nicht erst um fünf abholte. Dawn hatte nichts dagegen; im Gegenteil, sie war überglücklich, aber sie warf zum Schein trotzdem immer wieder ein »Och, wie schade« ein, um es sich nicht anmerken zu lassen. Sie kletterte mit allen anderen in den Bus, erklärte überzeugend, was für einen fantastischen Abend sie gehabt habe, und tat, als sei sie ebenfalls ordentlich beschwipst. Selbst Bette und Muriel waren zu betrunken, um zu merken, dass Dawn stocknüchtern war und alles nur vortäuschte, so gut sie konnte.
    Demi schlief über ihrem Kebab im Bus ein. Das Fleisch hing ihr noch von den Lippen, sodass sie aussah, als hätte sie es eben erst aus dem Rücken eines Tiers gerissen. Dawn hatte ehrlich gesagt Angst vor Demi. Sie dachte an die kommenden Jahre, in denen sie sie immer mit Samthandschuhen anfassen müssen würde, um sie ja nicht bei Familienfeiern aus der Fassung zu bringen. Dann schossen ihr auf einmal wieder Al Holly und sein Antrag durch den Kopf. Aber wie könnte sie einfach aufstehen und gehen und ihr ganzes Leben hier zurücklassen, nur um einen Traum zu verfolgen? Was, wenn das alles nicht klappte? Dann könnte sie nie wieder nachhause zurückkehren, da sie immer Angst haben müsste, hinter ihrem Rücken könnte eine der unheimlichen Crooke-Schwestern lauern. Nein, das war etwas, was sie für immer in dem Schatzkästchen in ihrem Kopf bewahren würde; Leute wie sie machten sich nicht einfach auf über den Atlantik, nur mit einer Gitarre und ein bisschen frischer Unterwäsche und einem Mann, den sie kaum kannten, mit dem sie nur ein paarmal über Gibsons und Stratocasters geplaudert hatten. Sie hatten Jobs von neun bis fünf und heirateten Männer, die ihre Schmutzwäsche nie in den Wäschekorb warfen, machten sich Sorgen um die Rechnungen und ließen sich samstagabends der Form halber vögeln, während sie von einem Leben träumten, zu dem sie einfach nicht den Mut hatten.
    Dawn wünschte, sie hätte sich doch betrunken. Sinnlos und völlig betrunken, um mit einem Kater alle Gedanken an Gitarren und Hochzeiten und Kleider und halluzinierende alte Damen aus ihrem Kopf zu vertreiben. Sie war so müde, so entsetzlich, schrecklich müde.
    Anna war ebenfalls stocknüchtern. Ein paarmal hatte sie gesehen, wie Vladimir offenbar zu ihr herüberkommen wollte, aber dann wurde er immer im letzten Augenblick von irgendjemandem aufgehalten. Er war ein Opfer seines eigenen Erfolgs, heute Abend mehr denn je. Wenigstens hatte sie seinen großen Hund, Luno, zur Gesellschaft. Er war zu ihr herübergeschlendert, als sie ihn mit einem winzigen Yorkshirepudding-Kanapee gelockt hatte. Zu ihrer Verblüffung war er noch länger bei

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