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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milly Johnson
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Schuhe kaufen und sich unauffällig in dem Junge-Oma-Club verkriechen, dem ein paar Mädchen von ihrer Schule beigetreten waren. Sobald sie die vierzig erreicht hatten, kleideten sie sich wie Rentnerinnen, verzichteten auf Make-up und hüllten ihre Rundungen in wallende, weit geschnittene billige Kleider, während sie die Kinderwagen mit den Babys ihrer jugendlichen Töchter über den Markt schoben. Nicht dass Anna dieses Vergnügen je haben würde. Sie würde keine Enkelkinder durch die Gegend schieben, da sie schon keine Kinder durch die Gegend schieben würde. Wenigstens würde es keine Kinder geben, die sich für eine Mutter mit einem solch kräftigen, hässlichen Gesicht wie diesem schämen mussten. Ihre Lippen brannten. Sinnlos, sie einzucremen – niemand würde diese Lippen je wieder küssen, da war sie sich sicher. Es waren nur noch ein paar Tage bis zu ihrem vierzigsten Geburtstag, und ihr Leben war gelaufen. Es gab nichts, worauf sie sich freuen konnte, nur immer noch mehr Scheiß.
    Sie wartete auf dem kalten Bahnsteig, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, während die Brise, die die Bahngleise hinunterwehte, schelmisch mit ihrem Haar spielte und es ihr ins Gesicht blies, als wollte sie sie ärgern.
    Auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig warteten andere Fahrgäste auf den Zug aus Sheffield Richtung Süden. Ein Mann stand etwas abseits von ihnen. Er war hochgewachsen, in einem langen, weit geschnittenen Mantel, fast einer Art Umhang, und trug einen schwarzen, breitkrempigen Hut, der einen Schatten auf sein Gesicht warf. Als Annas Blick auf ihn fiel, bemerkte sie, dass er in ihre Richtung starrte. Sie wandte den Blick ab, aber als sie das nächste Mal hinübersah, starrte er sie immer noch an. Sie verschränkte schützend die Arme vor der Brust. Aber warum sollte er mich anstarren? Ich bin schließlich nicht Gwyneth Paltrow!, dachte sie sich dann. Ein Alarmsignal warnte vor den Schranken des nahe gelegenen Bahnübergangs, die jetzt heruntergelassen wurden, da ihr Zug gleich einfahren würde. Nein, er starrt mich eindeutig an . Er war nicht wie ein gewöhnlicher Pendler aus Barnsley gekleidet. Er hatte keinen Aktenkoffer und keine Laptoptasche bei sich. Er sah fast wie ein Irrer aus, wie er dort auf dem Bahnsteig herumhing. Komm schon, beschwor Anna den Zug. Auf einmal war ihr etwas unbehaglich zu Mute. Sie versuchte, nicht mehr hinüberzusehen, aber die Verlockung, herauszufinden, ob er sie immer noch anstarrte, war zu groß. Und wirklich, er tat es immer noch.
    Der Zug fuhr ein und versperrte ihm die Sicht auf sie. Anna stieg ein, suchte sich einen Platz und griff nach einer liegen gebliebenen Sun -Zeitung für die kurze Fahrt. Als der Zug wieder anfuhr, wagte Anna von ihrem sicheren Platz aus einen letzten Blick auf den Mann. Er starrte sie immer noch an. Das Letzte, was sie von ihm sah, war, wie er in einer altmodischen, galanten Geste den Hut vor ihr lüftete und die Lippen zu einem breiten Lächeln verzog. Und nicht nur das, sie hätte schwören können, in dem Augenblick Fangzähne aufblitzen zu sehen.

Neuntes Kapitel
    G race drückte die Tür des Gartencenter-Cafés auf. Maltstone war ein hübsches kleines Dorf mit diesem entzückenden Café am Ufer eines ländlichen Flusses. Leute, die nicht aus der näheren Umgebung stammten – Fremdlinge – hätten nicht geglaubt, dass es nur einen Katzensprung vom Zentrum von Barnsley entfernt war. Sie war so gern hier, da das der besondere Ort war, an dem sie sich mit ihrem Jungen traf. Als sie sich umsah, entdeckte sie den stämmigen jungen Mann, der dastand und ihr zuwinkte, und sie grinste und ging mit raschen Schritten zu dem Tisch hinüber, an dem er stand.
    »Hallo, mein Schatz«, sagte sie und zog ihren Sohn in einer langen, innigen Umarmung an sich.
    »Hallo, Mum.« Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände. Ein kräftiges Gesicht, eine hübsche Kieferpartie. In seinem dunkelbraunen Haar waren ein paar vorzeitig ergraute Strähnen. Sie sah sie zum ersten Mal. Er ließ Grace los, und sie setzten sich einander gegenüber an den Fenstertisch.
    »Es tut mir leid, es ist schon wieder viel zu lange her«, sagte er.
    »Du hast viel um die Ohren, ich weiß, mein Schatz«, sagte Grace mit einem Lächeln, das so warm war wie ein Kaminfeuer im Winter.
    »Das ist keine Entschuldigung«, sagte er. »Du bist zu nett. Meine große Schwester Laura hat mich deswegen schon ordentlich zusammengestaucht.«
    »Ist schon gut, jetzt sind wir ja hier.« Sie tätschelte

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