Ein Kerl macht noch keinen Sommer
als wir sowieso dort waren«, sagte Muriel. Sie wies mit einem Daumen auf ihren Sohn und schüttelte entnervt den Kopf.
Dawn schluckte ihren Ärger hinunter. »Was … was für ein Menü habt ihr denn ausgesucht?« Sie richtete die Frage an Calum, aber stattdessen antwortete Muriel.
»Als Vorspeise Gemüsesuppe, dann Rindfleisch und dann Biskuit- oder Fudgekuchen. Sandra macht euch bei allem einen richtig guten Preis. Und am Abend gibt es Karaoke und ein Büfett.« Sie schlug Calum wieder mit dem Spatel, mit dem sie die Yorkshires aus den Blechförmchen gestemmt hatte, als sie sah, wie Dawns Miene in sich zusammensackte. »Sag mir nicht, der Schwachkopf hat dir davon auch nichts erzählt? Er hat mir gesagt, es sei dir recht.«
Dawn schluckte wieder. Wenn es in dem Tempo weiterging, dann würde ihr Schluckmuskel bald den bestehenden Weltrekord brechen. »Karaoke?«
»Oh, ich liebe Karaoke.« Denise war hinter einem Mikrofon eine Art Lokalgröße. In ihren eigenen Augen zumindest.
»Das Büfett klang okay«, sagte Calum, während er sich noch einen Yorkshirepudding aufspießte. »Billig und überhaupt.«
»Warum hast du mich denn nicht angerufen, damit ich ein Wort mitreden könnte?«, sagte Dawn mit zusammengebissenen Zähnen.
»Meine Mam hat gesagt, das ist das beste Menü.« Calum zuckte die Schultern, als sei die Frage damit hinreichend beantwortet.
»Wir legen alle ein bisschen was drauf, weil wir auch ein paar von unseren Freunden einladen«, sagte Muriel mit einem stolzen Blick auf Ronnie.
»Äh, danke, Mam, Dad.« Calum nahm sich noch etwas Fleisch.
Dawn verfiel in Schweigen. Sie wollte keinen Haufen Fremder dort haben, oder Karaoke. Ihr schlimmster Albtraum war Karaoke im Anschluss an ihre Hochzeit. Sie wollte eine Liveband und Tanz. Und sie wollte ihr Menü gern selbst auswählen.
»Ich glaube, ich will lieber kein Karaoke«, wagte sie sich leise vor.
Es war, als sei mitten in der Sauce eine Atombombe explodiert. Alle hörten auf zu kauen und wandten den Kopf zu ihr um.
»Warum denn nicht?«, fragte Denise. Sie lächelte die meiste Zeit, aber wenn dieses Lächeln schwand, sah ihr Gesicht fast wie ein Abziehbild von Demis aus.
»Was hast du denn gegen Karaoke? Ist das nicht gut genug für dich?«, sagte Demi in einem unangenehm spöttischen Ton.
»Nein, das ist es nicht …« Gott, jetzt wünschte Dawn, sie hätte nie etwas gesagt. Die Männer schlugen sich inzwischen wieder die Bäuche voll, aber Dawn war nicht entgangen, wie sich die Crooke-Frauen mit hochgezogenen Augenbrauen ansahen. Sogar Denise, die eigentlich ein ganzes Stück sanfter war als ihre Schwester, sah sie mit etwas wie bissiger Belustigung an.
Dawn spürte, wie sie augenblicklich einknickte, um nicht aus dem Kreis der Familie ausgestoßen zu werden. »Es ist nur, na ja, würde ein Karaoke denn allen gefallen? Ich dachte eher an eine Liveband, aber wenn mehr Leute Karaoke wollen …«
»Liveband?«, schnaubte Calum. »An wen hattest du denn gedacht? Take That?«
Eine Runde Gelächter mit unfreundlichen Schwingungen brach am Tisch aus, das Dawn durch Mark und Bein ging.
»Oh, na schön, dann eben Karaoke. Das wird bestimmt lustig werden.« Dawn zwang sich zu einem Lächeln. Sie fühlte sich, als hätte sie es knapp geschafft, nicht zerfleischt zu werden. Aber das Lächeln half. Muriel strahlte, und die Temperatur im Zimmer schnellte um ein paar Grad nach oben.
»Oh, und du musst diese Woche wegen dieser Kleider noch bei Bette vorbeischauen. Sie will endlich damit loslegen.«
»Nach diesem Essen heute sollten wir Karaoke haben, um dein miesepetriges Gesicht ein bisschen schöner zu machen«, sagte Denise zu ihrer Schwester.
»Ich muss nicht aufgemuntert werden, er war sowieso ein Schwachkopf. Ich kann von Glück reden.«
»Er war der größte Schwachkopf aller Zeiten«, sagte Calum. »Er ist ja nicht zum ersten Mal fremdgegangen, und dabei wart ihr doch nur zwei Minuten zusammen.«
»Ach, das musst ausgerechnet du sagen!«, sagte Demi. »Autsch, du Scheißkerl. Wieso trittst du mich denn?«
»Verdammt, hört ihr zwei bitte auf zu fluchen, während wir essen!«, fauchte Ronnie.
»Was war das eben?«, fragte Dawn, die auf einmal eine unangenehme Schwingung spürte. Zwischen Calum und seiner Schwester lag irgendetwas in der Luft, das ihr nicht gefiel.
»Ach nichts, sie muss einfach immer sticheln«, sagte Calum. Er warf seiner Schwester einen Blick zu, der sie leicht hätte töten können, wenn seine Augäpfel mit Kugeln
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