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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milly Johnson
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kommen, ist das okay für Sie?«
    »Oh, haben Sie vielen Dank«, sagte Grace. »Ich werde versuchen, Laura zu erreichen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie so schnell einen Termin für ihn bekommen würden. Wo ist die Praxis denn?«
    »In der Prince Street. Wo früher die alte St. George’s Church war, genau gegenüber.«
    »Kenne ich.«
    »Sie können ihn gern hinbringen, wenn Ihre Tochter nicht kann«, sagte Christie. »Nehmen Sie sich eine verlängerte Mittagspause.«
    »Danke«, sagte Grace. »Ich werde die Zeit nacharbeiten.«
    »Seien Sie nicht albern, Grace«, entgegnete Christie, amüsiert und empört zugleich über Grace’ Angebot.
    Was sind Sie nur für eine gutherzige Frau, Christie Somers, dachte Grace, nachdem sie Laura angerufen hatte, um zu fragen, ob es okay sei, Joe aus der Schule zu holen. Sie fragte sich, was für eine Geschichte sich hinter ihrer Chefin verbarg. Sie war ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man eine Abteilung leiten sollte. Mit Rücksichtnahme und Flexibilität bekam man so viel mehr aus seinen Mitarbeitern heraus, als wenn man sich wie ein kleiner Stalin benahm wie Malcolm.
    Auf dem Schild an der Tür stand »Nikita Koslov und Robin Green« neben einer Reihe von Qualifikationen, die alle unglaublich eindrucksvoll klangen. Grace und Joe drückten auf die Klingel und traten dann in einen geräumigen, ordentlichen Empfangsraum. In der Mitte stand ein Tisch voller Zeitschriften und Comics. Joe nahm sich einen Dr.-Who -Comic, während Grace mit der Sprechstundenhilfe redete und ein Formular ausfüllte. Dann setzte sie sich neben Joe, gegenüber von einem Mann mittleren Alters, der fast manisch mit dem Fuß klopfte.
    »Und, hast du Angst?«, fragte der Mann, als Joe aufsah, um zu sehen, wieso der Boden bebte.
    »Ein bisschen«, sagte Joe schüchtern.
    »Ah, da wird er bei Mr. Koslov gut aufgehoben sein, stimmt’s?«, sagte er zu der Sprechstundenhilfe, die nickte. Er sagte nichts weiter, denn in diesem Augenblick summte das Telefon, und die Sprechstundenhilfe schickte ihn hoch. Seine Schritte hallten schwer auf den Stufen, dann war alles still, und dann erschallte auf einmal ein markerschütternder Schrei.
    Joe sah seine Oma entsetzt an.
    »Schon gut«, sagte die Sprechstundenhilfe. »Mr. Koslov kriegt die ganzen Nervenbündel. Er kann so gut mit ihnen umgehen.« Sie dämpfte ihre Stimme ein wenig. »Dieser Typ, der eben hochgegangen ist, ist nur zur Kontrolle gekommen, aber er muss bis zu den Knien betäubt werden.«
    »Es ist schrecklich, Angst vor dem Zahnarzt zu haben«, sagte Grace. Sie musste an das brutale alte Scheusal denken, zu dem sie als Kind immer gegangen war. Sie musste an diese grässliche Gasmaske denken, die man ihr aufs Gesicht gedrückt hatte, und an den dicken alten Zahnarzt, der ihr sagte, sie würde von Feen träumen, wenn sie eingeschlafen sei. Aber das tat sie nicht. Das Gas rief Bilder von wilden, wirbelnden Leuten in ihr wach, von denen ihr schlecht wurde, wenn sie wieder zu sich kam. Seitdem hatte sie sich beim Zahnarzt nie wirklich entspannen können. Und daher hatte sie sich auch solche Mühe gegeben, einen sympathischen Zahnarzt für die Kinder zu finden.
    Bald waren sie an der Reihe, die breite, alte Eichentreppe hochzusteigen, die zu einem Wartebereich auf einer Seite und zwei Behandlungsräumen auf der anderen führte. Es roch nach Möbelpolitur und blumigem Raumspray anstatt nach dem Furcht einflößenden Gas, das Grace aus ihrer Kindheit in Erinnerung hatte.
    »Hallo, ihr beiden«, sagte eine tiefe, donnernde Stimme. Der Mann, zu dem sie gehörte, kam mit ausgestreckter Hand auf sie zu. »Du musst Joe sein. Komm und setz dich, Joe, und deine große Schwester kann sich auf diesen Stuhl setzen und dort auf dich warten.«
    »O mein Gott«, sagte die junge hübsche Zahnarzthelferin und riss die Augen zum Himmel.
    »Und Sie müssen Grace sein, nehme ich an, bei Ihrer Grazie«, sagte Niki und schüttelte Grace kräftig die Hand.
    Grace lächelte ihn und die Zahnarzthelferin an, die hinter ihm wieder die Augen verdrehte. An seinen funkelnden blauen Augen war dieser Mann auf Anhieb als Christies Bruder zu erkennen. Sein Haar war durchgehend silberweiß, als hätte es schon vor langer Zeit seine Pigmentierung verloren, kurz und nach oben hochgekämmt, und ohne schüttere Stellen. Er hatte eine völlig andere Statur als seine kleinere, rundlichere Schwester – lange Gliedmaßen und einen schlanken, aufrechten Körper.
    »So, junger Mann, dann

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