Ein Killer für Rockford
steckte sie ins Handschuhfach. Dann lenkte er den Wagen wieder in den Verkehrsstrom und folgte der Route 93 weiter in Richtung Boulder City.
»Du machst mit mir einen Ausflug zum Hoover Damm«, sagte Sara. »Zum beliebten Ausflugsziel der dreißiger Jahre! Wie romantisch!«
»Ich fahre mit dir zum Flughafen von Boulder City«, antworte er.
»Warum?« wollte Sara wissen.
»Weil ich annehme, daß wir dort Jerry Grimes finden.«
»Was bringt dich zu dieser Annahme?«
»Etwas, was mein Vater vor ein paar Wochen erzählt hat.«
»Was hat dein Vater damit zu tun?« fragte sie erstaunt.
»Nichts. Aber er ist Fernfahrer, und es gibt keine geschwätzigeren Menschen auf der Welt. Fernfahrer sind geborene Klatschtanten. Vor ein paar Wochen fuhr Rocky irgendeine Fracht hinaus nach Henderson und auf dem Rückweg nahm er einen Anhalter mit. Irgendeinen Jungen. Außer Reden hatten sie nichts zu tun, also erzählte der Junge seine Geschichte. Er hatte die Schule verlassen, um sich unter Leute zu begeben.«
»Ich kenne den Typ«, sagte sie und lächelte. »Ich war früher auch so.«
»Nach einer Woche Arbeit auf einer Farm südlich von Henderson war er wieder abgehauen. Ihm war klargeworden, daß es zwischen ihm und dem wirklichen Leben doch einen ziemlichen Abstand gab. Er fand, daß sein früheres Leben doch erheblich leichter war.«
»Komm zur Sache!« forderte Sara ihn auf.
»Die Sache ist die: die Farm, auf der er gearbeitet hat, ist eine ziemliche Ausnahme. Selbst mit viel Phantasie findet man dort kaum etwas Grünes. Das einzige, was dort wächst, sind Eidechsen und Skorpione.«
»Na und?«
»Deshalb ist diese Farm eine große Sache. Es ist der Versuch der Regierung, die Wüste wieder fruchtbar zu machen. Und zwar mit Wasser, das aus dem Lake Mead herangepumpt wird.«
»Ich kann dir immer noch nicht folgen«, gestand Sara.
»Großer Gott, es ist eben die einzige Farm in der ganzen Umgebung von Las Vegas. Wo sonst benutzt man ein Flugzeug zum Versprühen von Pflanzenschutzmitteln? Bestimmt nicht für den Wüstenkaktus.«
Sara blickte verlegen drein.
»Mach dir nichts draus«, sagte Rockford. »Es waren harte Tage.«
Die Fahrt nach Boulder City dauerte etwas länger als eine halbe Stunde. Als sie die schmale Straße entlangfuhren, die aus der verschlafenen, nur aus zwanzig Häuserblocks bestehenden Innenstadt hinaus zum kleinen Flugplatz führte, senkte sich die Sonne bereits dem Horizont entgegen. Die winzigen, im Ranchstil gebauten Häuser streckten sich Block um Block wie ein Teppich zwischen verkrüppelten Bäumen, Sträuchern und Sand.
Der Flugplatz von Boulder City bestand aus einer Ansammlung kleiner, schmuckloser Gebäude, die von Sand umgeben waren. Bei Sonnenuntergang an einem Julisamstag war er fast leer; so verlassen, daß sich das Dröhnen eines kleinen Flugzeuges anhörte wie Gewitterdonner.
Rockford hörte das Flugzeug, bevor er es sah. An den kleinen Gebäuden vorbei fuhr er zur Hauptstartbahn, einem Betonband, das sich über eine kurze Entfernung in Richtung Osten erstreckte. Der giftgrüne Doppeldecker rumpelte die Startbahn hinunter und wurde immer schneller.
Rockford trat den Gashebel des Chevrolets durch und nahm auf der Startbahn die Verfolgung auf. Er schob sich neben die Maschine und versuchte, sie zu überholen, aber das Flugzeug hatte bereits eine Geschwindigkeit von knapp hundertvierzig Stundenkilometern erreicht und begann abzuheben. Zwei männliche Gesichter starrten Rockford an. Jerry Grimes im hinteren Cockpit schwenkte seine Lugger.
Rockford holte aus dem alten Wagen heraus, was in ihm steckte, aber mit ohrenbetäubendem Lärm erhob sich das Flugzeug über ihre Köpfe in den offenen Himmel. Rockford trat auf die Bremse, und als der schleudernde Wagen zum Halten kam, lief er hinaus auf die Landebahn. Er blickte zum Himmel. Das Flugzeug wurde schnell zu einem winzigen Fleck am südlichen Himmel. Rockford fluchte laut.
»Was nun?« fragte Sara.
»Ach, verdammt«, sagte er. »Wir fahren zurück nach Vegas, erzählen der Polizei, was passiert ist; dann sollen die sich den Kopf darüber zerbrechen, wie sie Grimes und seinen Kumpel fangen.«
»Wohin fliegen sie?«
»Wenn ich Jerry Grimes wäre, würde ich an Mexiko denken. Dort könnte er sich verstecken, bis er sich woanders eine neue Identität aufbauen kann. Vorausgesetzt natürlich, daß er genügend Geld auf eine ausländische Bank gebracht oder ein Bündel Scheine bei sich hat.«
»Kann man mit dieser Kiste Mexiko
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