Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
Vom Netzwerk:
Erfindung von Funktionären, die auf eine Beförderung aus sind. Ich will zugeben, daß das KGB möglicherweise recht hat, wenn es Leute wie Major Wallace und Lady Dent einer antisowjetischen Haltung beschuldigt. Sie nehmen es mir hoffentlich nicht übel, wenn ich Ihnen verrate, daß ein großer Teil der Bevölkerung der britischen Inseln die Russen und ihr Land am liebsten auf dem tiefsten Meeresgrund sähe, aber niemand würde auch nur einen Finger krumm machen, um das zu erreichen.»
    «Ich nehme es Ihnen aber übel», setzte Agronsky an, doch Sir Harold fiel ihm liebenswürdig ins Wort: «Das sollten Sie nicht, denn ihr möchtet genau dasselbe, was uns angeht — nur mit dem Unterschied, daß ihr Milliarden Rubel jährlich für dieses Ziel ausgebt. Doch lassen Sie uns auf unser Thema zurückkommen.»
    Agronsky war noch immer leicht verärgert, aber nicht nur über Sir Harold, sondern auch über sich selbst, weil er eine der vornehmsten Spielregeln der Diplomatie mißachtet hatte, nämlich, nie geradeheraus zu sagen, was man vorhat. Er erwiderte: «Was die beiden Frauen betrifft, so werden über ihren Fall die Gerichte entscheiden. Bis dahin können sie meinetwegen in Ihrer Botschaft bleiben. Das junge Mädchen allerdings muß unverzüglich unseren Behörden übergeben werden. Als vernünftiger Mensch, Harold, müssen Sie einsehen, daß wir nicht anders handels können.»
    «Als vernünftiger Mensch schon», gab Sir Harold zurück, «doch nicht als Freund.»
    «Wie bitte?»
    «Mrs. Harris ist keine Spionin. Sie hat keine Kurierdienste geleistet und sich auch sonst in keiner Weise subversiv betätigt. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf, und Sie wissen, daß ich Sie noch nie angelogen habe. Ich muß also annehmen, daß die Vertreter eures Utopia für das Weltproletariat in der Person von Mrs. Harris gegen eine in England hochgeachtete Institution Anklage erheben wollen, den Beruf der Putzfrau, diese schwer arbeitenden Frauen, die um vier Uhr morgens aufstehen, um die Fußböden der Büros zu schrubben, und deren Feierabend oft erst nach Sonnenuntergang anbricht. Dafür bekommt sie in der Regel umgerechnet einen halben Rubel Stundenlohn; meistens ist sie verwitwet und hat Kinder, die sie ernähren und großziehen muß — sie ist eine der Hauptstützen unserer englischen Lebensart. Wenn Ihr diese Frau aus dem Volke vor die Schranken des Gerichts zieht, wird unsere Presse ein solches Zetergeschrei erheben, daß euch Hören und Sehen vergeht.»
    «Aber daß sie sich als Lady ausgegeben hat und sich auch noch Ihrem Prinzen vorstellen ließ!» protestierte Agronsky.
    «Ach, hören Sie doch auf», antwortete Sir Harold. «Eure Beamten sind genauso unfähig wie eure Verantwortlichen in Bau und Industrie. Wir haben uns eine Fotokopie des Visum-Antrags von Mrs. Harris verschafft und festgestellt, daß einer von euren besonders scharfsinnigen Staatsdienern zwei Worte vertauscht hat. Das ist der Grund für das ganze Durcheinander. Außerdem hat jeder gehört, wie Mrs. Harris die Sache dem Herzog gegenüber sofort richtigstellte. Wenn Sie auf den Rat eines alten Freundes hören wollen, der Ihnen sehr zugetan ist, dann sollten Sie Mrs. Harris und Mrs. Butterfield morgen mittag mit der planmäßigen Maschine der British Airways nach London zurückfliegen lassen, womit der ein wenig ausgefallene Moskau-Trip ein Ende hätte.»
    Agronsky brach plötzlich in schallendes Gelächter aus und schlug sich aufs Knie. «Also gut, Sie haben ganz recht. Die Sache ist eine einzige Groteske, und die beiden können natürlich abreisen. Ich besorge auch die Blumen, und falls das KGB seinen Zorn an mir ausläßt, sind Sie eben Ihren Tennispartner los. Das junge Mädchen aber muß uns unverzüglich übergeben werden.»
    Um mit Agronsky gleichzuziehen, hätte Sir Harold in das Lachen einstimmen und sich auch aufs Knie schlagen sollen. Doch er tat es nicht, im Gegenteil. Er setzte erneut sein Eulengesicht auf, strich sich mit dem Zeigefinger über seinen Schnurrbart und sagte: «Hm, ja, aber ich fürchte, das genügt nicht ganz. Mrs. Harris hat nämlich an ihre Abreise die Bedingung geknüpft, daß man Lisaweta Nadjeschda Borowaskaja die Ausreise nach London gestattet.»
    Agronsky brauste auf. «Was?!» schrie er so laut, daß seine Stimme sogar das Plärren der spielenden Kinder und das Schreien des Babys übertönte.
    «Es handelt sich um eine Herzensangelegenheit», erwiderte Sir Harold ruhig und berichtete seinem Freund von der verfahrenen

Weitere Kostenlose Bücher