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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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schönem Wetter spielten sie zusammen Tennis, liefen im Winter leidenschaftlich gern Schlittschuh und trafen sich auch gelegentlich am Bridge-Tisch. Sie nannten sich mittlerweile beim Vornamen und verkehrten ungezwungen und freundschaftlich, außer wenn es um Amtsgeschäfte ging. Dann zog jeder sich auf seine Seite und zu der von ihm gewählten Farbe, Schwarz oder Weiß, des diplomatischen Schachbretts zurück, und die beiden machten ganz gelassen, doch immer darauf bedacht, das anstehende Problem jeweils zum Wohl des eigenen Landes zu lösen, ihre Schachzüge und besprachen in aller Ruhe, welcher Ausweg am besten aus der Sackgasse herausführte. Eine solche Zusammenkunft fand nun statt.
    Dieses Treffen konnte sich unter Umständen als völlig belanglos erweisen, aber ebensogut konnte es auch schwerwiegende diplomatische Auswirkungen zeitigen, und so erfolgte es auf neutralem Boden; vermutlich war der Ort, wo sie sich trafen, der einzige weit und breit, der noch nicht mit Wanzen verseucht war, obwohl die Russen technisch durchaus in der Lage waren, Gespräche auch über größere Entfernungen hinweg abzuhören. Die beiden Diplomaten saßen auf einer Bank im Herzen des Gorki-Zentralparks, wo sowohl die von der Straße herüberdringenden Geräusche, als auch das Geschrei spielender Kinder den erwünschten Lärm abgaben. Keiner der beiden Männer wollte, daß das Gespräch belauscht würde, weder von russischer noch von englischer Seite.
    «Sie sehen, mein lieber Harold», sagte Agronsky, «daß die Sache sich unserem Einfluß entzogen hat, selbst wenn wir Ihnen helfen wollten, was ich wirklich von Herzen gern täte. Aber Sie dürfen doch nicht einfach die Augen davor verschließen, daß diese beiden Frauen Spioninnen sind — daran besteht gar kein Zweifel — , zumindest die eine, die sich Mrs. Harris nennt. Das geht doch schon daraus hervor, daß sie einen falschen Namen angenommen und sich als englische Aristokratin ausgegeben hat. Das wird hierzulande, wie Sie wissen, mit äußerstem Mißfallen betrachtet — ich nehme an, daß es sich bei Ihnen nicht anders verhält. Inzwischen hat das KGB die beiden Frauen, denke ich, in Gewahrsam genommen, wie auch die Intourist-Füh-rerin Lisaweta Nadjeschda Borowaskaja, die offensichtlich mit den beiden unter einer Decke steckt.»
    Sir Harold, der mit übergeschlagenen Beinen dasaß, hörte sich die zehnminütigen Auslassungen Agronskys über die Verbrechen der drei Frauen mit verschlossener Miene stumm an.
    «Die Frauen werden keinerlei physischem Druck ausgesetzt werden», fuhr Agronsky fort, «doch das KGB kann natürlich auch mit anderen Methoden zu den gewünschten Informationen kommen. Ich vermute, es wird ein Gerichtsverfahren geben, sie werden ein Geständnis ablegen und anschließend verurteilt werden. Und sobald die Sache in Vergessenheit geraten ist, wird man sie begnadigen und ausweisen.» Der stellvertretende Außenminister schwieg.
    Auch Sir Harold sagte nichts; er saß nun nicht mehr mit gekreuzten Beinen da, sondern rückte ein wenig näher an seinen Freund heran, um in größere Nähe eines brüllenden Babys zu kommen. Das Eulengesicht wich einem fast freundlichen Lächeln. Er sagte: «Von Ihrem Standpunkt aus gesehen mag alles seine Richtigkeit haben, lieber Freund Anatol Pawlowitsch — doch leider wollte es der Zufall, daß eure KGB-Leute einen Fahrstuhl benutzten, der dank des minderwertigen Materials seinen Geist aufgab und steckenblieb. Als er wieder funktionierte, waren Mrs. Harris und Mrs. Butterfield bereits auf dem Weg zu unserer Botschaft. Dort hält sich auch die junge Russin auf, Lisaweta Nadjeschda Borowaskaja. Mrs. Harris bestand darauf, daß sie mitkam.» Sir Harold hatte es an der Zeit gefunden, einmal gesprächsweise einfließen zu lassen, was er von der russischen Bauwirtschaft hielt; das hatte mit seinen persönlichen Gefühlen für Agronsky nichts zu tun.
    Agronsky seufzte tief auf und bemerkte: «Es gibt ein altes russisches Sprichwort: »
    «Das muß ich mir merken.» Sir Harold lächelte, und damit konnte die zweite Runde beginnen.
    Bald darauf sagte Sir Harold: «Sie sehen also, mein lieber Anatol, es ist euch glänzend gelungen, euch zum Narren zu machen. Mrs. Harris und Mrs. Butterfield sind ebensowenig Spioninnen wie Sie Primaballerina am Bolschoi-Ballett. Euer Dossier, wonach Mrs. Harris eine gefährliche Spionin ist, ist eine reine

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