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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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habe. Ich würde es Ihnen für heute abend leihen, wenn es Ihnen bei Mr. Korngold nützen kann.»
    Miss Penrose, geborene Snite, brachte es fertig, sich zu beherrschen, da ihr irgendeine innere Stimme zuflüsterte, daß bei diesen Scheuerfrauen alles möglich sei. Sie sagte: «Entschuldigen Sie. Ich habe es nicht so gemeint — aber Sie können doch kein... Wo ist es?»
    «Hier», erwiderte Mrs. Harris und klappte den Koffer auf. Die Bewunderung und Erregung, die dem Mädchen den Atem nahmen, und die Freude, die in ihre Augen trat, war Lohn genug für das Entgegenkommen.
    «Oh — oh — oh!» rief sie. «Ich kann es einfach nicht glauben.»
    Im Handumdrehen hatte sie das Kleid aus der Seidenpapierhülle gerissen, hielt es hoch, preßte es an sich und suchte mit gierigen Fingern nach dem Firmenschild...
    «Oh! Wirklich von Dior! Darf ich es gleich mal probieren? Wir haben ja fast die gleiche Größe, nicht wahr? Oh, ich sterbe vor Aufregung.»
    Im Nu streifte sie ihre Sachen ab, ließ sich von Mrs. Harris in das Kleid helfen, und wenige Minuten später erfüllte Versuchung die ihm zugedachte Bestimmung. Mit ihrem blonden Kopf und den reizenden nackten Schultern, die aus Chiffon und Tüll emporwuchsen, war Miss Penrose sowohl Venus, aus dem Meer auf tauchend, als auch Miss Snite, sich aus dem Bett erhebend.
    Hingerissen schauten Mrs. Harris und das Mädchen auf das von dem langen Spiegel an der Schranktür zurückgeworfene Bild. Die Schauspielerin sagte: «Oh, wie reizend von Ihnen, daß Sie es mir leihen! Ich werde auch ganz vorsichtig damit sein. Sie wissen ja gar nicht, was es für mich bedeutet!»
    Doch Mrs. Harris wußte es genau. Und es war ihr fast, als wünsche das Schicksal, daß diese wunderbare Schöpfung getragen und gezeigt und nicht in einen Schrank gehängt werde. Und deshalb drängte sich ihr eine Frage auf: «Würden Sie mir’s übelnehmen, wenn ich zu dem Lokal käme, in dem Sie essen, mich draußen vor die Tür stellte und zusähe, wie Sie hineingingen? Ich würde Sie natürlich nicht anreden und gar nichts...»
    Gnädig erwiderte Miss Penrose: «Selbstverständlich nicht. Wenn Sie rechts vor der Tür stehen, kann ich mich beim Aussteigen aus Mr. Korngolds Rolls Royce ein wenig umdrehen, damit Sie mich besser sehen.»
    «Oh», sagte Mrs. Harris, «Sie sind wirklich nett, Liebling.» Und es war ihr Ernst.
    Miss Penrose hielt ihr Versprechen — oder doch wenigstens zur Hälfte; denn ein Gewitter zog herauf, und als Mr. Korngolds Rolls Royce um halb zehn vor dem Eingang des Caprice hielt, war es plötzlich donnergrollende, tobende, regendurchpeitschte Nacht. Mrs. Harris stand rechts von der Tür, unter dem dachartigen Vorsprung ein wenig vor dem Regen geschützt.
    Ein dröhnender Donnerschlag und ein heulender Windstoß begleiteten die Ankunft. Miss Penrose blieb wirklich einen Augenblick stehen, den Kopf anmutig über dem geöffneten Abendmantel gesenkt. Dann warf sie das goldene Haar zurück und rannte schnell durch die Tür. Mrs. Harris hatte nicht mehr erhascht als ein Blitzen von Jettperlen, ein Aufleuchten von schäumendem Rosa, elfenbeinweißem Chiffon und Tüll — und dann war es vorbei.
    Doch sie war sehr glücklich und verhielt noch eine Weile, zufrieden und in Vorstellungen versunken. Nun würde sich der Oberkellner tief vor ihrem Kleid verbeugen und Es zu einem bevorzugten und gut sichtbaren Tisch führen. Jede Frau im Saal würde sofort erkennen, daß es von Dior stammte. Alle Köpfe würden sich nach dieser Kreation umdrehen — der verführerische Schwung des schweren Samtrockes mit den Jettperlen und darüber das entzückende Oberteil, aus dem der süße junge Busen, die Schultern, Arme und das rosigweiße Gesicht auftauchten. Mr. Korngold würde erfreut und stolz sein und sich bestimmt entschließen, einem so gut angezogenen und schönen Mädchen eine bedeutende Rolle in seinem nächsten Film zu geben.
    Und kein Mensch, nicht eine einzige Seele außer dem Mädchen selbst würde wissen, daß die auserlesene Toilette, der das alles zu verdanken war und die aller Augen vor Neid oder Bewunderung aufleuchten ließ, Mrs. Ada Harris, Battersea, Willis Gardens Nr. 5, gehörte.
    Dann ging sie davon; während der ganzen langen Busfahrt nach Hause lächelte sie vor sich hin. Nun war nur noch ein Problem zu lösen: Mrs. Butterfield würde sie gewiß besorgt und gespannt erwarten. Und sie würde natürlich das Kleid sehen und alles darüber hören wollen.
    Doch aus irgendeinem unerforschlichen

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