Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau
— verzeihen Sie, Madam. Und da sie von der Politik und wie es da zugeht nichts weiß, hat sie alles geglaubt. Jetzt ist sie überzeugt, sie sei so gut wie gewählt — Sie wissen ja, wie sie ist, Sir; in manchem wie ein Kind — , und wenn sie sie fallenlassen, wird sie vielleicht nie darüber hinwegkommen. Sie muß einfach gewählt werden.»
Die Besprechung, bei der John Bayswater, auf der Kante eines zierlichen Louis-XV-Stuhls sitzend, diese rührende kleine Rede hielt, fand im Salon der eleganten Londoner Residenz des Marquis am Chester Square statt.
Der erste, der nach Bayswater das Wort ergriff, war Joel Schreiber, der amerikanische Filmgewaltige und jetzige Fernsehmillionär. Leidenschaftlich sagte er: «Bei Gott, Bayswater, Sie haben recht, und Sie sind damit bei mir an den Rechten gekommen. Es gibt nichts, was ich nicht für die gute Frau tun würde nach dem, was sie für Henrietta und mich und den kleinen Henry getan hat, der Sie übrigens herzlich grüßen läßt.»
Der Marquis de Chassagne erhob sich von dem Sofa, auf dem er gesessen hatte, und ging in dem Zimmer auf und ab, hochaufgereckt trotz seines Alters, aber seine Miene war bekümmert. «Es wäre gut», sagte er, «wenn man den Spieß umdrehen und es diesen Ränkeschmieden heimzahlen könnte, aber mir scheint das sehr zweifelhaft. Ich bin nicht au courant über die Politik in diesem besonderen Bezirk, aber ich nehme an, die Leute, von denen Sie uns berichtet haben, hätten nicht versucht, ein solches Komplott anzuzetteln, wenn sie nicht sicher wären, daß es klappen würde. Im Augenblick sehe ich nicht...»
Joel Schreiber griff in die Tasche seiner Jacke, die sich prall um seinen rundlichen Körper spannte — er war ein untersetzter, kahlköpfiger kleiner Mann — , und holte etwas Längliches, Schwarzes heraus, das leicht als Scheckbuch zu erkennen war. «Als erstes», sagte er, «werden wir für einen Wahlfonds sorgen. Ich bin sicher, sie hat nicht einen Heller. Was mich betrifft, sage ich Ihnen, gibt es da keine Grenze.»
Bayswaters Augen leuchteten. Er hatte gewußt, daß er hier Hilfe bekommen würde, und sagte: «Ich war sicher, daß ich auf Ihren Beistand rechnen konnte, Sir. Wenn Sie uns vielleicht hundert Pfund vorschießen könnten, wäre das sehr...»
Schreiber blickte ihn an, als hätte Bayswater den Verstand verloren. «Hundert? Habe ich richtig verstanden? Hundert Pfund?»
Ein wenig erschrocken erwiderte Bayswater: «Ja, Sir... Wenn es nicht zuviel verlangt ist. Fünfzig würden wahrscheinlich auch reichen. Ich habe selber etwas Geld.»
«Hundert Pfund», wiederholte Schreiber, «zweihundertfünfzig Dollar. Diese Summe würde nicht einmal genügen, wenn man zum Hundefänger in Punkin Seed, Iowa, gewählt werden wollte. Sie meinen hunderttausend, nicht wahr? Nennen Sie die Summe, und Sie bekommen sie. Momma und ich beteiligen uns an dem Wahlkampf.»
Bayswater riß vor Entsetzen den Mund weit auf. «Hunderttausend Pfund! Du lieber Gott, Sir, das würde nie zugelassen werden.»
«Nicht zugelassen werden...?»
«Nein, Sir. Ich habe erfahren, daß hundert Pfund das höchste ist, was jeder Kandidat zu den Kosten seiner Wahl beitragen oder was er annehmen darf. Der ganze Wahlbezirk darf nicht mehr als vierhundertfünfzig ausgeben.»
Mr. Schreiber schüttelte ungläubig den Kopf. «Sie meinen etwas mehr als tausend Dollar für alle zusammen, selbst für den Premierminister?»
«Leider ja, Sir. Der Premierminister muß wie jeder andere von seinem Wahlbezirk als Kandidat für die Wahl im Unterhaus aufgestellt werden.»
Mr. Schreiber steckte sein Scheckbuch wieder in die Tasche und wischte sich den Schweiß vom Schädel. «Das ist ja nicht zu glauben! Wie wird da jemals irgend jemand für irgend etwas in diesem Land gewählt? Ein richtiger Wahlfeldzug kostet Geld. Man braucht Büros, Mitarbeiter, hübsche Mädchen, Blumen, Anstecknadeln und Abzeichen, Vervielfältigungsapparate, Wahlliteratur, Wahlplakate, Briefpapier und Marken, Fahrt- und Transportkosten, Bunte Abende, Picknicks am Strand, Souvenirs, Kapellen, Fahnen, Likör, Zigarren, , Säle, Rundfunk- und Fernsehsendezeiten, Fotografen, Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften, Feuerwerk, Leute, die Reden schreiben, Lautsprecherwagen, Telefone, Trinkgelder, Ballons, Transparente, Anschlagtafeln, ganz zu schweigen von dem, was man heutzutage für Stimmen zahlen muß — all diese Dinge kosten Geld, mein Lieber. Sagen Sie mir nur nicht, daß sich Ihre korrupte
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