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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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sie freuen würde. Jedenfalls hatte er ihr per Brief herzlich gratuliert, sobald er von ihrer Verlobung erfahren hatte. Ritchie dagegen hatte lediglich mit einem Grunzen reagiert und spöttisch die Augenbrauen gehoben. Zu Anfang war er bemüht gewesen, Bob aus dem Wege zu gehen, inzwischen schienen sie sich allerdings besser zu verstehen. Doch was sollte man von einem kleinen Bruder schon anderes erwarten? Jedenfalls hatte Ellen mit diesem Satz versucht, Ritchies Verhalten bei Bob zu entschuldigen. Sie erzählte ihm allerdings nicht, dass Ritchie spöttische Bemerkungen über Bobs konservativen Kleidungsstil machte, seine Unkenntnis in Sachen Popmusik bemängelte und zur Belustigung seiner Freunde Bobs Sprechweise nachäffte.
    Schon Tage bevor John zu Hause erwartet wurde, stürzte sich Nancy fieberhaft in die Vorbereitungen. Das Haus wurde von oben bis unten geputzt und die Speisekammer mit Johns Lieblingsgerichten gefüllt. Nancy, die nie eine besonders begnadete Köchin gewesen war, beschäftigte sich mit aufwändigen, stundenlang vor sich hin köchelnden Aufläufen und Backrezepten, die einem Profikoch alle Ehre gemacht hätten. Ellen half beim Gemüseschneiden, und Tante Dorothy kam vorbei, um eine Begrüßungstorte mit Zuckerguss zu verzieren, denn solche Kunstfertigkeit überstieg sowohl Nancys als auch Ellens Fähigkeiten. Dorothy war dicker als je zuvor, da sie vor Jahren, als John noch ein Baby war, eine Herzattacke erlitten hatte und seitdem jede körperliche Anstrengung vermied. Wenn sie gezwungen war, sich von einer Stelle zur anderen zu bewegen, watschelte sie auf ihren kurzen dicken Beinen dahin wie ein gewaltiger Wackelpudding. Aber sie war so sauertöpfisch und rechthaberisch wie eh und je, ließ kein gutes Haar an Nancys hausfraulichen Anstrengungen und dirigierte die Abläufe von ihrem Barhocker an der Küchentheke, über den sie in alle Richtungen hinausquoll.
    Ellen wurde bewusst, dass auch Dorothy auf ihre Weise aufgeregt war, weil John bald nach Hause kommen sollte. Genau wie alle anderen vergötterte sie John. Ellen fragte sich für einen Moment, was sie wohl sagen würde, wenn sie erfuhr, dass John nicht ihr eigen Fleisch und Blut war, aber das war nur ein flüchtiger Gedanke. In letzter Zeit machte sie sich wenig Gedanken über Johns Herkunft. Sie wollte auch nicht gern darüber nachdenken, dass Johns Urlaub nur kurz war und sie sich schon bald wieder von ihm verabschieden müssten. Im Augenblick wollte sie sich die Vorfreude nicht verderben lassen.
    John landete auf dem Flughafen von Fort Myers, und Nancy, Joe und Ellen holten ihn dort ab. Nancy hatte Ritchie gedrängt, ebenfalls mitzukommen, doch er meinte, dass es für alle zusammen im Chevvy zu eng würde. Ellen hatte allerdings den Verdacht, dass das nur eine faule Ausrede war und er in Wahrheit in der Zeit das Haus für sich und Diane haben wollte, das Mädchen, mit dem schon seit der Junior High School ging. Ellen vermutete, dass die beiden unerlaubte Dinge trieben, wenn sie die Gelegenheit dazu hatten, denn sie hatte kürzlich ein Päckchen Kondome in Ritchies Zimmer gefunden, als sie auf der Suche nach einer Schallplatte war, die sie ihm geliehen hatte.
    Als John auf sie zukam, traten allen die Tränen in die Augen; Nancy und Ellen weinten ganz ungeniert, Joe wischte sich verstohlen die Augen mit dem Handrücken ab und verbarg seine Rührung hinter einem breiten Grinsen.
    John sah älter und dünner aus. Im Vergleich zu früher wirkte er regelrecht hager, und er hatte dunkle Schatten unter den Augen. Aber er war da. Nancy und Ellen umarmten ihn, als wollten sie ihn nie wieder loslassen, Joe klopfte ihm auf die Schulter und trat dann zur Seite und beobachtete nachsichtig, wie die Frauen ihn nochmals in die Arme schlossen.
    John war da – heil und unversehrt. Und das war alles, was im Moment zählte.
    Nancys Freude darüber, ihren Sohn wieder in den Armen zu halten, wurde jedoch getrübt, als sie merkte, dass John nicht mehr der war, den sie kannte. Mit mütterlicher Intuition spürte sie, dass er zwar körperlich anwesend war, sein Blick aber keine Nähe mehr zuließ; er wirkte fern und unnahbar. Sie kannte dieses distanzierte Verhalten; es war ihr schon früher, während des Zweiten Weltkriegs, bei den Männern begegnet, die am Kampfgeschehen teilgenommen hatten. Damals war es ihr nicht ganz so deutlich

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