Ein kleines Stück vom Himmel nur
gegründet haben.
Er lädt mich ein, mich an den Gartentisch zu setzen, während er für mich die Sangria und für sich eine Dose Bier holt. Dann geht er noch einmal in die Küche und kommt mit einer Schüssel Tortilla Chips und einem Glasgefäà mit einer scharfen Salsasauce wieder. »Bitte bedienen Sie sich!«
Mit den Knabbereien will ich lieber gar nicht erst anfangen, aber die Sangria ist ganz ordentlich. Mehr als ordentlich â eigentlich schmeckt sie ganz lecker, oder vielleicht liegt es auch nur daran, dass mir, nervös wie ich gerade bin, jeder Drink schmecken würde.
»Also«, sagt er und kaut auf einem Maischip herum, »Sie sind also Nancys Enkelin.«
»Ja.« Ich spule wieder meine Erklärung herunter, obwohl er diese offensichtlich schon von der Bezirkskrankenschwester Lisa gehört hat. »Ich habe ihr versprochen, nach ihm zu suchen«, beende ich meine Ausführung. »Und deshalb bin ich hier.«
Chris Mackenzie schweigt einen Moment lang. Dann sagt er: »Ich fürchte, ich habe keine besonders guten Neuigkeiten für Sie. Mein Vater ist vor zwei Jahren gestorben.«
Obwohl ich bereits mit dieser Möglichkeit gerechnet hatte, trifft es mich schwer. Meine ganze innere Anspannung löst sich plötzlich, und zurück bleibt ein flaues Gefühl der Leere. Ich hatte so sehr gehofft, dass ich ein Happy End für Nancy herbeizaubern könnte, doch das wird es nicht geben. Mit zwei kurzen Sätzen hat Chris diesen Traum zerstört.
»Oh, das tut mir sehr leid«, erwidere ich mechanisch.
»Mir auch. Er war ein groÃartiger Kerl und immer noch bei bester Gesundheit â bis auf die letzten sechs Monate seines Lebens. Er hätte es so gewollt, und ich bin dankbar, dass ihm ein langes Leiden erspart geblieben ist. Wenigstens musste ich nicht mit ansehen, wie er seine Fähigkeiten nach und nach immer mehr verliert. So ist es ihm immerhin gelungen, seine Würde und Unabhängigkeit bis zum Schluss zu behalten. Ein Pflegeheim wäre nichts für Dad gewesen. So konnte er mehr oder weniger bis fast zum letzten Tag noch zu Hause herumpusseln.«
»Und Ihre Mutter?«
»Sie ist schon seit zehn Jahren tot.«
Ich nicke teilnahmsvoll, denke dabei aber gleichzeitig, was für eine Ironie des Schicksals darin liegt. Hätte Nancy bloà ein paar Jahre eher nach Mac gesucht, wäre sie vielleicht doch noch zu ihrem Happy End gekommen.
»Niemand schien zu wissen, was aus Ihrem Vater geworden war, und ich hatte eigentlich schon alle Hoffnung aufgegeben, als die Bezirksschwester mir von Ihnen erzählt hat«, sage ich.
»Ja, Lisa Timbrell. Eigentlich ein ziemlicher Zufall. Sie arbeitet gar nicht für meine Praxis und wäre wohl kaum auf mich gekommen, wenn wir nicht zufällig dieselbe Patientin versorgt hätten. Ich bin erst seit etwa achtzehn Monaten hier in der Gegend. Wenn Sie ans Schicksal glauben wollen â es scheint Ihnen eine helfende Hand gereicht zu haben!« Er grinst mich an mit diesem einnehmenden, leicht schiefen Lächeln. »Tatsächlich habe ich erst nach dem Tod meines Vaters nach einer Praxis hier in der Gegend gesucht. Mir hat es hier immer schon gefallen. Wir haben hier immer Urlaub gemacht, als ich noch klein war, und wie Sie wissen, kam Dad aus dieser Gegend. Doch als ich noch verheiratet war, musste ich die Wünsche meiner Frau berücksichtigen, und ihre Arbeit, ja ihr ganzes Umfeld war in der Gegend von Maidenhead. Als wir uns dann scheiden lieÃen, war Mum schon tot und Dad ganz allein. Ich habe mir ihm gegenüber nie anmerken lassen, dass ich vor allem seinetwegen dortblieb, denn es hätte ihn sehr wütend gemacht. Aber Sie wissen ja, wie das ist. Ich wollte ungern weiter weggehen, falls er mich brauchte. Doch als ich dann keinerlei Verpflichtungen mehr hatte, habe ich mich hier nach einer Praxis umgesehen und die Gelegenheit ergriffen, als diese hier frei wurde.« Er trinkt einen groÃen Schluck Bier. »So, genug über mich. Deswegen sind Sie schlieÃlich nicht hier. Sie möchten wissen, was aus Dad geworden ist, um es Nancy zu erzählen.«
»Ja, das würde ich sehr gern wissen.«
»Wie geht es ihr überhaupt?«
»Erstaunlich gut für ihr Alter. Als ich sie das letzte Mal besucht habe, konnte ich zwar eine stärkere Veränderung feststellen. Aber genau wie Ihr Vater ist sie stolz darauf, noch allein zu leben. Und
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