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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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Seifenblasen mit einer Tonpfeife und einer Schale Seifenwasser. Wenn Nancy versuchte mitzumachen, nahm er den Jungen einfach auf den Arm, marschierte davon und ignorierte sie. Mittlerweile schenkte er ihr nicht einmal mehr wütende Blicke, es war schlichtweg, als existiere sie gar nicht.
    Der Wandel in seiner Haltung vollzog sich so allmählich, dass es kaum spürbar war. Es gab keine plötzliche Bekehrung auf dem Weg nach Damaskus, kein einzelnes Ereignis, das seinen Herzenswandel auslöste. Vielleicht wurde der Dammbruch von der enormen Anstrengung ausgelöst, mit der Nancy ihm zeigte, wie viel ihr an ihm lag, obwohl er sie immer wieder zurückwies. Vielleicht lag es auch an Ellen; an der Tatsache, dass sie ein Mädchen war und daher keinerlei Bedrohung für Johns Vormachtstellung bedeutete, obwohl sie schon von Anfang an ein entschlossenes kleines Wesen war. Oder vielleicht lag es einfach nur daran, dass Joe Nancy viel zu sehr liebte, um die Mauer aus Schweigen und Feindseligkeit zwischen ihnen lange aufrechtzuerhalten. Nancy sollte es nie erfahren; sie fragte auch nicht. Sie merkte bloß, dass Joe allmählich weicher wurde und hinnahm, was geschehen war.
    Niemand außer ihnen beiden wusste, dass Ellen nicht Joes Kind war; und soweit sie sehen konnte, hegte auch niemand den Verdacht. Der einzige andere Mensch, der die Wahrheit kannte, war Mac – Nancy hatte es für richtig gehalten, ihm zu schreiben und ihn von der Situation in Kenntnis zu setzen –, und er war in England. Er hatte ihr zurückgeschrieben und Nancy angefleht, Joe zu verlassen, aber sie hatte ihm mitgeteilt, dass sie sich entschieden habe, und ihn gebeten, ihren Entschluss zu akzeptieren. Sie rechnete nicht damit, wieder von ihm zu hören.
    Niemand verspürt die Notwendigkeit, einem Baby ins Ohr zu flüstern, dass der Mann, der seine Wiege wiegt oder den Kinderwagen schiebt, nicht wirklich sein Vater ist. Ellen hörte, wie John seinen Vater »Daddy« rief, und als sie sprechen lernte, tat sie es ihm nach. Zu diesem Zeitpunkt diskutierten Nancy und Joe nicht darüber, ob sie Ellen die Wahrheit sagen sollten, und später gab Joe zu verstehen, dass er es für das Beste für alle Beteiligten hielt, wenn sie es nicht erfuhr. Obwohl Nancy den Verdacht hatte, dass sein Widerwille, die Wahrheit zuzugeben, zum größten Teil in seinem Stolz begründet war, diskutierte sie nicht mit ihm. Joes Wunsch hatte Vorrang; er war schließlich schon genug verletzt worden. Als Ellen dann älter wurde, beschäftigte Nancy diese Frage schon manchmal, aber sie versuchte es zu verdrängen. Sie waren Geschwister, eine Familie: John, Ellen und später Ritchie, und Nancy wollte nicht, dass Ellen sich ausgeschlossen fühlte, fehl am Platze. Und selbst wenn Joe zugestimmt hätte, war irgendwie nie der richtige Zeitpunkt da, es ihr zu sagen. Wie auch? Wie setzt man sich mit einem Kind hin und erklärt ihm, dass der Mann, den es für seinen Vater hält, keineswegs sein Vater ist? Dass es zu einem Fremden gehört, dem es nie begegnet ist? So waren die Jahre vergangen; die Täuschung wurde aufrechterhalten und setzte sich immer unverrückbarer fest.
    Erst jetzt ist Nancy bewusst geworden, wie falsch es von ihr war, dabei immer weiter mitzumachen. Und sie fragt sich, ob sie mit ihrer Beichte einen weiteren Fehler begangen hat und das Geheimnis besser mit ins Grab genommen hätte.
    Â»Ellen, es tut mir so leid«, sagt sie wieder. »Aber bitte, Liebling, bitte versuch doch zu verstehen, wie es war! Es war nicht bloß eine dumme Affäre. Dein Vater und ich haben einander sehr geliebt. Ich hatte geglaubt, er wäre tot, und …«
    Â»Hör auf, Mom. Ich will das nicht hören!« Ellen ist wieder aufgesprungen und zittert. »Wenn ich mir vorstelle, dass ich den ganzen Weg nach Florida gekommen bin, um mir das anzuhören!« Dann fährt sie Bob an. »Such mir einen Flug, Bob! Ich fliege nach Hause!«
    Â»Ellen …«
    Â»Ich meine es ernst. Ich will keinen von euch je wiedersehen!«
    Â»Mum, bitte, red doch nicht so!« Sarah ist genauso schockiert wie alle anderen, doch bisher hat sie noch nicht die Gelegenheit gehabt, darüber nachzudenken, welche Folgen das Ganze für sie hat und ob sich auch für sie alles ändert. Sie möchte bloß, dass dieser schreckliche Streit aufhört, und ist nicht nur erschüttert über die Reaktion

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