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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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Ich wünschte, wir hätten diese Unterhaltung schon vor ein paar Jahren geführt. Vielleicht hätten wir das auch, wenn ich mich nicht zu alt gefühlt hätte, um noch über den Atlantik zu fliegen. Und du … Tja … Ich hatte den Eindruck, dass du nie nach Florida kommen wolltest.« Sie zögert. »Warum, Ellen? Warum wolltest du nie nach Hause? Ich verstehe einfach nicht, warum du nie hierher zurückkehren wolltest.«
    Sie spürt, wie Ellen sich versteift. Die gelöste Stimmung, die noch vor ein paar Minuten herrschte, ist plötzlich wie weggeblasen.
    Â»Ist es wegen der Sache mit John?«, fragt Nancy.
    Â»Ja.« Ellen ist angespannt; ein steifer Draht scheint von den Tiefen ihres Magens bis hinauf in ihre Kehle zu reichen, so dass ihr das Atmen schwerfällt. Plötzlich fragt sie sich, ob ihre Mutter genau weiß, was sie weiß, ja, es vielleicht schon die ganze Zeit über gewusst hat. Wieso sollte sie sonst eine solche Frage stellen?
    Aber Nancy fährt fort: »Ellen, ich weiß, dass du große Stücke auf John gehalten hast. Das haben wir alle.«
    Â» Du hast es auf jeden Fall. Du hast ihn abgöttisch verehrt. Deshalb war ich mir ja auch so sicher, dass er dein uneheliches Kind war.« Ihre Stimme hat plötzlich einen frostigen Klang. »Warum hast du ihn so bevorzugt, Mom?«
    Â»Ich habe ihn nicht bevorzugt«, protestiert Nancy. »Ich habe keinen von euch bevorzugt. Ihr alle wart meine Kinder, und ich habe euch alle gleich liebgehabt.«
    Â»Nein, das stimmt nicht. Du hast ihn bevorzugt. Es war so, als ob er in deinen Augen überhaupt nie etwas falsch machen konnte.«
    Nancy lächelt schwach. »Vielleicht kam es euch so vor, weil er nie viel falsch gemacht hat. Er war immer ein einfaches Kind. Du warst manchmal stur und trotzig, und Ritchie … Nun ja, ihm sind die Dinge nie so leichtgefallen wie John. Wir haben unser Bestes getan, haben versucht, ihm zu helfen, dass er nachziehen konnte – besonders Joe hat sich immer darum bemüht. Aber es war zwecklos. John war in so vielen Dingen begabt, und Ritchie war es nicht – und auf die Dauer lässt sich daran wohl nicht viel ändern. Ritchie hatte einen großen Minderwertigkeitskomplex, was John betraf. Eigentlich hat er das immer noch.«
    Nancy rückt auf ihrem Stuhl hin und her und bindet die Schärpe ihres Kimonos wieder zu, die sich gelockert hat. »Und als John dann so jung gestorben ist … Na ja … Ritchie hat einfach immer dieses Idealbild vor Augen, dem er gerecht werden will, und das hat ihm das Leben furchtbar schwergemacht. Was wirklich schade ist, weil er eigentlich viele gute Seiten hat. Doch bei allem, was er angefangen hat, musste er das Gefühl haben, dass John es besser geschafft hätte. Nimm nur mal die Firma. Ritchie hat sein Äußerstes gegeben, aber die Zeiten haben sich geändert; es gibt keinen Platz mehr für kleine Unternehmen wie unseres. Die Zeiten waren einfach anders, als wir noch in einer Baracke mit ein paar kleinen Flugzeugen gearbeitet haben. Heutzutage haben uns die großen Firmen eine Menge unserer lukrativen Verträge mit dem Frachtgeschäft weggeschnappt. Es gibt auch nicht mehr so viel Briefpost, jetzt, wo alle Welt mit dem Internet arbeitet, und wir haben bloß noch gelegentlich Aufträge, die zudem nicht viel Gewinn abwerfen. Und was übrig bleibt, geht in die Overhead-Kosten. Es ist gar nicht gesagt, dass John die Firma viel profitabler hätte führen können als Ritchie. Tatsächlich glaube ich, dass er eher Schadensbegrenzung betrieben und die Firma schon längst verkauft hätte. Aber so sieht Ritchie es nicht. Er glaubt, er hätte wieder mal versagt. Dass er mich und seinen Dad enttäuscht hätte. Er denkt, dass ich ihm die Schuld gebe, und nichts, was ich sage, kann daran was ändern. Er meint, dass wir jetzt nicht in Schwierigkeiten wären, wenn John die Firma geführt hätte. Nichts kann ihn davon abbringen.«
    Ellen seufzt. »Vielleicht hast du Recht. Aber Ritchie hat sich auch in anderen Bereichen seines Lebens nicht gerade mit Ruhm bekleckert, oder? Drei gescheiterte Ehen können seinem Selbstbewusstsein auch nicht gutgetan haben.«
    Â»Das stimmt, er hat Fehler gemacht«, sagt Nancy bedauernd.
    Â»Er denkt sich doch mit Sicherheit, dass John, wenn er noch leben würde, auch im privaten Bereich Erfolg gehabt hätte,

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