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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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Jetzt war sie weg – jedenfalls für die nächste Zeit, obwohl sie wahrscheinlich über kurz oder lang wieder hierher zurückkehren würde, um ihre Ausbildung auf den Flugzeugen der Klasse 3 zu machen, den leichten zweimotorigen Maschinen wie der Oxford und der Dominie. Jedenfalls hoffte er, dass sich nun der Spruch »Aus den Augen, aus dem Sinn« erfüllen würde.
    Aber leider war es nicht so. Er vermisste sie, verdammt! Mac zog seine Brieftasche hervor und klappte sie auf, um das Foto von Judy zu betrachten. Er blickte in ihr hübsches Gesicht, und sein Herz wurde schwer vor Sehnsucht nach dem, was einmal gewesen war und nie mehr sein würde. Doch kaum hatte er die Brieftasche wieder weggesteckt, tauchte ein anderes Gesicht vor ihm auf. Das Gesicht, das er schon so oft mit einem Ausdruck konzentrierter Entschlossenheit gesehen hatte, wenn Nancy sich bemühte, ein kompliziertes Detail aus dem Theorieunterricht zu verstehen, oder sich mithilfe von Landkarte und Kompass die Route zu einem ihr unbekannten Ziel suchte, an dem sie noch nicht gewesen war. Ein Gesicht, aus dem allerdings ebenso gut der Schalk blitzen konnte. Doch diesmal sah er Nancy vor sich, wie sie ausgesehen hatte, als er ihr von Judy erzählt hatte: Ihre kecken, burschikosen Züge waren ganz weich vor Mitleid, sie hatte auf der Unterlippe herumgekaut, als ob sie sich das Weinen verbeißen wollte. Er sah ihr Gesicht durch den emporsteigenden Qualm seiner Zigarette und spürte wieder die Berührung ihrer Hand, ehe sie sie rasch weggezogen hatte. Wahrscheinlich war es ganz gut, dass Nancy im Augenblick außerhalb seiner Reichweite war. Er war sich nicht sicher, wie lange er ihr noch widerstehen könnte, wenn sie in seiner Nähe wäre.
    Nancy hatte keine besonders gute Laune. Irgendwie war es ihr gelungen, ihr Exemplar der Ferry Pilot’s Notes zu verlegen – ein Vergehen, das beinahe so schlimm war, wie ein Flugzeug zu beschädigen. Wahrscheinlich hatte sie es in der Kantine in St Meryn liegen lassen, wo sie sich eine Tasse Tee geholt hatte, während sie auf ihren Transfer zurück nach Ratcliffe wartete. Ohne viel Hoffnung wühlte sie noch einmal ihre Ausrüstung durch und machte sich dann auf den Weg zur Einsatzleitung, um den Verlust zu melden.
    Mit Einbruch der Dunkelheit war auch der Nebel gekommen, feuchtkalt und undurchdringlich lag er wie ein Schleier über den Flugzeughallen und Werkstätten am Rande des Flugplatzes, was Nancys Stimmung auch nicht gerade hob. Zitternd schlug sie den Kragen ihres Uniformmantels hoch und verbarg sich darin. Wenn diese Waschküche nicht bald aufklarte, würde es morgen keine Flüge geben.
    Â»Nancy!«
    Ãœberrascht drehte sie sich um und erkannte im trüben Nebel die dunklen Umrisse eines Kleinlasters, der neben dem weißen Verwaltungsgebäude parkte.
    Â»Annabel, bist du das?«
    Eine Gestalt mit einer Feldmütze auf dem Kopf tauchte auf. »Ja, ich bin’s.« Annabel war eine der Frauen, die beim Fahrdienst arbeiteten; vor nicht allzu langer Zeit, in ihrem früheren Leben, war sie Debütantin gewesen. Jetzt arbeitete sie genau wie all die anderen Fahrer elf bis zwölf Stunden im Schichtdienst ohne ein Wort der Klage. »Ich hab hier was für dich.« Sie kroch in den Kleinlaster zurück, wühlte darin herum und gab Nancy einen Umschlag.
    Â»Was ist denn das?«, fragte Nancy, die in der Dunkelheit nicht erkennen konnte, was darauf geschrieben stand.
    Â»Ein Brief für dich.«
    Â»Das sehe ich auch. Aber von wem?«
    Â»Woher soll ich das wissen? Ich musste einen Piloten fahren, der in Prestwick stationiert ist. Er hat mich gebeten, dir das zu geben.«
    Â»Aber ich kenne niemanden in Prestwick.«
    Â»Tut mir leid, mehr kann ich dir auch nicht sagen. Ich muss jetzt wieder los.« Annabel kletterte zurück in den Lieferwagen und ließ den Motor an.
    Während Nancy zum Verwaltungsgebäude zurückkehrte, sah sie die Rücklichter des Fahrzeugs im Nebel verschwinden. Sie stieß die Tür auf, trat ein und betrachtete den Umschlag im grellen elektrischen Licht.
    Joe. Die ordentliche schräge Handschrift war unverkennbar. Sie hatte bereits einen Stapel Briefe, die in der gleichen Handschrift an sie adressiert waren. Nur trug dieser weder einen Poststempel, noch war er frankiert, war also auch nicht durch die Zensur gegangen.
    Nancy schluckte. Was dachte sich Annabel dabei,

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