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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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nach Hause zu fliegen.
    Irgendwie hatte er den Weg zurück zum Stützpunkt geschafft. Noch nie war ihm der Anblick der befeuerten Landebahn so willkommen gewesen. Doch als er versuchte, das Fahrwerk auszufahren, geschah nichts, und das rote Warnlämpchen am Instrumentenbrett zeigte, dass es blockiert war. Erschöpft, stark blutend und damit beschäftigt, die Kontrolle über sein beschädigtes Flugzeug zu behalten, tat Mac, was er konnte, um es zu lösen. Doch er hatte kein Glück. Am Ende blieb ihm nichts anderes übrig, als eine Bauchlandung zu versuchen. Er setzte den Tower von seiner misslichen Lage in Kenntnis, wartete ab, bis die Feuerlöschfahrzeuge ihre Position am Ende der Landebahn eingenommen hatten, und landete dann auf der Grasfläche. Einen scheinbar unendlich langen Moment schrammte der Unterbauch holpernd über das Gras, dann bohrte sich die Nase in den Boden, die Spitfire überschlug sich und brach auseinander. Die Löschfahrzeuge waren ihm gefolgt, jetzt drehten sie die Schläuche auf, und bereitwillige Hände befreiten Mac irgendwie aus dem Flugzeugwrack. Er war schwer verletzt. Fleisch und Knochen ragten aus dem zerrissenen Stoff seiner Uniformhose hervor, denn er hatte sich einen komplizierten doppelten Bruch zugezogen. Quer über seinem Handrücken klaffte eine gezackte Wunde, die Handsehnen waren durchtrennt, und außer einer Kopfverletzung hatte er eine Gehirnerschütterung erlitten. Aber er lebte – gerade noch. Wie aus weiter Ferne hörte er die Stimme eines seiner Retter: »Du hast verdammtes Schwein gehabt, Mac«, und stieß mit zusammengebissenen Zähnen hervor: »Findest du wirklich?« Und dann wurde es schwarz um ihn.
    In den ersten Tagen nach der Bruchlandung kam er nur gelegentlich zu sich, und als er wieder ganz bei Bewusstsein war, hatte er das Gefühl, dass er und Judy sich irgendwie begegnet waren und miteinander kommuniziert hatten. Er tat das natürlich als Unsinn ab, als eine Art Fieberphantasie – Mac glaubte nicht an Astralebenen und diesen ganzen esoterischen Unfug –, doch der Eindruck war geblieben und mit ihm das Gefühl, dass er sie einmal mehr enttäuscht hatte, als er sie in diesem trüben Niemandsland zwischen Leben und Tod alleinließ.
    Sobald er wieder fit genug war, bat er einen Kumpel, ihn zu ihr heimzufahren – eine unangenehme, von Schmerzen begleitete Fahrt, da sein Bein immer noch eingegipst war. Doch ihr Zustand hatte sich nicht verändert, und tiefe Schwermut befiel ihn. Was gab es noch, für das es sich zu leben lohnte? Judy war für ihn nicht mehr erreichbar, und aufgrund seiner Verletzungen konnte er nicht mehr zu seiner Staffel zurückkehren, jedenfalls nicht in näherer Zukunft – und möglicherweise überhaupt nicht mehr.
    Seine Versetzung zur ATA hatte seine geistige Gesundheit gerettet. Die Arbeit dort gab seinem Leben wieder einen Sinn, und während er sich von seinen Verletzungen erholte, konnte er wieder fliegen, wenn auch nicht bei Kampfeinsätzen. Die Arbeitsbelastung erlaubte ihm nicht, allzu oft nach Gloucestershire heimzukehren, um nach Judy zu sehen, aber mit Beschämung gestand er sich insgeheim ein, dass er darüber erleichtert war. Es war eine ziemliche Qual für ihn gewesen, neben ihrem Bett zu sitzen, während sie gar nicht wahrnehmen konnte, ob er da war oder nicht. Doch das hieß keineswegs, dass er sie weniger liebte oder seltener an sie dachte. Noch immer war sie ständig in seinem Herzen und in seinen Gedanken.
    Und dann war Nancy aufgetaucht und in den Raum eingedrungen, der nur Judy gehörte. Nancy mit ihrem spitzbübischen Gesicht und dem widerspenstigen Haar, das sich irgendwie nie so richtig den Dienstvorschriften beugte, sooft sie es auch schneiden ließ. Nancy, die widerborstig und trotzig sein konnte und zwar den Eindruck überschäumenden Selbstvertrauens vermittelte, ihm aber dennoch unbegreiflicherweise sehr verletzlich erschien. Nancy, die warmherzig, zäh und durch und durch lebendig war. Irgendwie hatte sie ihn aus seiner Trübsal gerissen; wenn sie in der Nähe war, fühlte er sich wohl, fühlte sich wieder als ganzer Mann. Und er wollte sie. Daran bestand gar kein Zweifel.
    Es war eine gefährliche Situation. Oft genug war er auf seine Douglas gesprungen, hatte den Motor angeschmissen und war über die Feldwege gebraust, um die Gedanken an sie zu verdrängen.

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