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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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ihr heimlich einen Brief von Joe zuzustellen? Doch jetzt waren weder Zeit noch Ort, den Brief zu öffnen und mehr herauszufinden. Nancy faltete den Brief zusammen, schob ihn in die Tasche ihres Uniformmantels und machte sich auf den Weg zur Einsatzleitung, um den Verlust der Ferry Pilot’s Notes zu beichten.
    Bis Nancy endlich allein in ihrem Zimmer den Umschlag öffnen konnte, hatte sie sich schon mehr oder weniger selbst ausgemalt, wie der Brief zu ihr gelangt war – und der Inhalt bestätigte ihre Vermutungen.
    Joe war nach Prestfield versetzt worden, einem Flugplatz in Schottland, der nicht nur der USAAF als Stützpunkt diente, sondern auch das nördlichste Überführungszentrum der ATA war. Er hatte seine Chance gewittert, Nancy einen Brief ohne die einschneidenden Kürzungen der Zensur zukommen zu lassen, indem er einfach bei den ATA -Piloten auf der Basis herumgefragt hatte, wer nach Ratcliffe flog. Er hatte den Mann überredet, den Brief mitzunehmen, und ihn vermutlich mit Schokolade, Zigaretten oder Seidenstrümpfen für seine Freundin belohnt. So viel hatte Nancy sich schon zusammengereimt. Was sie allerdings überraschte, war der Grund für Joes Geheimniskrämerei. Er schrieb:
    Ich weiß nicht, wie Deine Truppe arbeitet, aber soweit ich bisher mitbekommen habe, scheint es dort sehr viel lockerer zuzugehen als bei der Air Force. Wie wäre es also, wenn Du um eine Versetzung hierher bitten würdest? Hier oben im Norden ist es wirklich ganz nett – wenn es bloß nicht so verdammt kalt wäre –, und dann könnten wir zusammen sein. Ach, Nancy, ich musste schon zu viele gute Kameraden gehen sehen. Erst letzte Woche haben wir in einer Nacht drei Flying Fortresses verloren, und ich habe große Sehnsucht, Dich wiederzusehen, mein Schatz, ehe ich womöglich an der Reihe bin. Ich hoffe natürlich nicht, dass es so weit kommt, aber man muss den Tatsachen ins Auge sehen. Eine Flying Fortress ist ein leichtes Ziel. Unsere heißt Rita – nach Rita Hayworth –, und bis jetzt hat sie uns gut beschützt. Aber das Blatt kann sich jederzeit wenden, und meine Tage könnten bald gezählt sein. Denk darüber nach, Nancy, und schau, was Du tun kannst …
    Sie konnte seine Stimme aus dem Brief hören, die langsame, gedehnte Sprechweise, und es schnitt ihr ins Herz. Doch gleichzeitig befiel sie wieder ein Gefühl der Panik; Angst vor den Fangarmen, die sich um sie schlangen und sie festhielten. Die Zeit der Trennung hatte an ihren Gefühlen für Joe nichts geändert – wenn überhaupt, hatte sie die Dinge bloß verschlimmert. Sie liebte Joe, das tat sie wirklich – aber so, wie sie einen Bruder geliebt hätte. Das war ihr inzwischen klar geworden, nachdem sie eine überwältigende, alles verzehrende Leidenschaft kennengelernt hatte. Zwischen ihr und Mac war zwar rein gar nichts vorgefallen, und das durfte es auch nicht. Doch sie hatte den Mann angeschaut und das Gefühl gehabt, sie sei von einer Bombe getroffen worden. Sie war innerlich dahingeschmolzen, und jeder einzelne Nerv hatte vor Sehnsucht gezittert. Vielleicht würde es nie wieder jemanden geben, der eine solche Wirkung auf sie besaß, aber sie konnte sich nicht mit weniger zufriedengeben. Damit wurde sie weder Joe noch sich selbst gerecht.
    Aber nun war der äußere Druck stärker als je zuvor. Der Tod war kein fernes, unwirkliches Schicksal mehr, das anderen Menschen widerfuhr, sondern er war ganz real. Er saß den Piloten und der Crew bei jedem Einsatz im Nacken. Das Gefühl, Joe verpflichtet zu sein, schnürte sich wie ein enges Band um Nancys Herz. Wenn sie ihm wehtat und er bei einem Einsatz ums Leben kam, würde sie sich das niemals verzeihen können. Hätte er ihr bloß nie diesen Brief geschrieben und sie damit in Verlegenheit gebracht!
    Verärgert faltete Nancy den Brief zusammen und legte ihn zu den anderen, während sie sich fragte, was in aller Welt sie ihm als Antwort schreiben sollte. Es war natürlich ziemlich unwahrscheinlich, dass man ihrem Wunsch nach einer Versetzung überhaupt entsprechen würde. Doch es könnte immerhin passieren, und das wollte sie lieber nicht riskieren.
    Nach ein, zwei Tagen, als Nancy die Gelegenheit gehabt hatte, alles zu durchdenken, setzte sie eine Antwort auf:
    Lieber Joe,
das ist wirklich eine schöne Idee, aber ich kann auf keinen Fall um eine

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