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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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lassen, ging sie weiter hoch, diesmal auf sechstausend Fuß, und durchbrach zu ihrer Erleichterung endlich die Wolkenschicht und hatte klaren Himmel. Doch ihre Freude war nur von kurzer Dauer: Unter ihr erstreckte sich ein dichter grauer Teppich von Horizont zu Horizont. Keine einzige Lücke war in Sicht. Panik schlug Nancy auf den Magen, doch sie kämpfte dagegen an. Panik half jetzt nicht weiter.
    Sie flog einen großen Kreis, um etwas Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Sie war nur einmal von ihrem Kurs abgewichen, und zwar, als sie um einhundertachtzig Grad gedreht hatte, und als sie feststellen musste, dass die Bedingungen hinter ihr sogar noch schlechter waren als vor ihr, hatte sie wieder volle einhundertachtzig Grad zurückgedreht. Nancy schaute auf ihre Uhr. Wenn sie nach der Zeit ging, die sie schon in der Luft war, müsste sie inzwischen längst über der Ebene von Salisbury sein. Salisbury Plain war, wie der Name schon sagt, flach. Und leer. Weit und breit offenes Land, das nur von der ein oder anderen Trockensteinmauer, einigen Flugplätzen und Kasernen unterbrochen wurde. Vielleicht wäre es das Beste, in den Sinkflug zu gehen und einen Platz zum Landen zu suchen – sie musste bloß aufpassen, dass sie Stonehenge nicht erwischte! Nervöses Kichern drang aus Nancys Kehle. Das würde ihr ähnlich sehen, mit dem einzigen Hindernis weit und breit, dem Jahrtausende alten Steinmonument, zusammenzustoßen! Sie sah die Schlagzeilen schon vor sich: »Spitfire-Pilotin zerstört Monument aus der Jungsteinzeit«. Das wäre eine schöne Katastrophe!
    Sei nicht so verdammt albern, konzentriere dich lieber!, ermahnte sie sich. Die Lage ist ernst.
    Die Vereisung wurde immer schlimmer und reduzierte die Sicht sogar noch stärker, so dass die Wolke jetzt von einem geheimnisvollen Funkeln umgeben schien. Auch das Steuern wurde durch die Vereisung schwieriger, und dann begann noch der Motor zu stottern.
    Oh Gott, nein!, dachte Nancy entsetzt. Tu mir das nicht an, bitte! Doch ihr war klar, dass es zum Beten zu spät war. In dem engen Cockpit kam sie sich plötzlich vor wie in einem Sarg. Der Motor würde ausgehen, und sie glaubte nicht, dass sie das verhindern konnte.
    Unter normalen Umständen bedeutete ein Motorversagen noch nicht das Ende der Welt; alle Piloten wurden in ihrer Ausbildung für diesen Fall trainiert. Gut ausgetrimmt, konnte ein Flugzeug eine Weile gleiten, so dass man die Windrichtung prüfen, eine geeignete Stelle auswählen und sicher landen konnte. Doch bei den Bedingungen, die heute herrschten, sah die Sache anders aus. Sie musste eine Entscheidung fällen, und zwar schnell. Sie konnte die verbliebene Motorleistung nutzen und genügend Höhe gewinnen, um sicher auszusteigen, den Fallschirm zu ziehen und zu beten. Oder sie konnte am Steuer bleiben und ihr Möglichstes tun, die Absturzstelle zu beeinflussen. Hier draußen standen die Chancen gut, dass das unbemannte Flugzeug einfach im Sturzflug auf eine freie Fläche krachen würde, doch dessen konnte sie sich keineswegs sicher sein. Sie musste wieder an Stonehenge denken – ach, zum Teufel mit Stonehenge! Die verdammten Steine könnte man leicht wieder aufrichten. Aber angenommen, die Spit krachte auf ein einsames Haus oder eine Farm? Womöglich sogar auf eine Schule? Auch hier in der Ebene musste es verstreute Siedlungen geben – und das hieß, es gab auch Menschen. Ohne lange nachzudenken, wusste Nancy, dass sie dieses Risiko nicht eingehen konnte. Niemals könnte sie mit dem Wissen leben, für den Tod eines Menschen verantwortlich zu sein. Eigentlich hatte sie gar keine Wahl.
    Nun war der Motor ganz und gar ausgegangen; sie war von Stille umgeben. Das Flugzeug schwebte erst, dann glitt es, doch es war nicht der normale sanfte, kontrollierbare Gleitflug. Von der Vereisung destabilisiert, reagierte das Flugzeug nicht wie gewohnt. Nancy kämpfte so sehr, die Spit gerade zu halten, dass ihr keine Zeit mehr blieb, Angst zu haben. Sie presste die Zähne aufeinander, während sie an Höhe verlor. Noch immer hatte sie keine Ahnung, was sich unter ihr befand. Dann, in knapp hundert Fuß vielleicht, konnte sie plötzlich den Boden sehen, unwegsam und hügelig stürzte er auf sie zu. Direkt vor ihr war etwas, was wie eine Steinmauer aussah. Aber weder Häuser noch Bauernhöfe und auch keine Straße. Halleluja! Die stark vereiste Tragfläche

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