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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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merkte, wie er unwillkürlich den Kopf einzog. Was für eine Antwort wurde daraufhin von ihm erwartet? IrgendeineAntwort schien der Direktor zu erwarten, so fragend, wie er ihn ansah, beinahe studierte, also nickte Vincent vorsichtig und sagte: »Ja.«
    Der Mann, der einen richtigen Anzug trug, deutete auf den Computer, den er auf dem Schreibtisch stehen hatte. »Meine Kiste spinnt. Was kann das sein?«
    Puh. Was für eine Frage! Vincent räusperte sich, versuchte den Kloß in seiner Kehle herunterzuschlucken. »Ähm … Wie äußert sich das denn?«
    »Er druckt nicht mehr.« Die Stimme des Direktors troff vor Widerwillen. »Und wenn ich die Hilfe aufrufe, bringt er mir alles Mögliche, aber nichts, was mir weiterhilft. Ist das vielleicht ein Virus?« Er sah Vincent scharf an, fast als verdächtige er ihn, daran schuld zu sein.
    Vincent wusste nicht, was er von all dem halten sollte. Auf jeden Fall schien es ihm ratsam, im Zweifelsfall lieber zu vorsichtig zu sein.
    »Also, das kann natürlich grundsätzlich immer sein«, begann er behutsam, »aber wenn er nicht druckt … Haben Sie sich die Druckerqueue angeschaut?«
    Der verständnislose Blick, mit dem der Direktor ihn daraufhin ansah, sprach Bände. Alles klar. Der Mann hatte, was Computer anging, null Durchblick.
    »Es ist nicht mein Job, mich mit diesen Kisten auszukennen«, erklärte er harsch.
    Was das anbelangte, war ihm freilich nicht zu widersprechen, aber was erwartete er von ihm, Vincent Wayne Merrit, Häftling Nummer 08-2017? Vincent wagte nicht, sich umzusehen, hatte nur das Gefühl, dass das viele dunkle Holz an den Wänden ringsum näher rückte, so, als wolle es ihn zermalmen. Er durfte jetzt nichts Falsches sagen oder tun, so viel stand fest.
    »Ähm, ja, natürlich«, sagte er. »Aber Sie müssen doch jemand haben, der sich auskennt. Der sich um die Computeranlage der Strafanstalt kümmert?«
    »Der ist heute nicht da«, knurrte der Direktor.
    »Ach so.« Vincent leckte sich über die Lippen. »Also, um mehrals haltlose Spekulationen anbieten zu können, müsste ich mir das Problem einmal ansehen, fürchte ich …«
    Der Direktor stand auf. Es sah aus, als täte er es widerwillig. »Bitte.«
    Vincent ging um den Tisch herum, setzte sich vorsichtig in den schweren, ausladenden Sessel, der unter ihm nachgab. Er fühlte sich deplatziert auf dieser Seite des Schreibtisches. So, als maße er sich etwas an, wofür er unweigerlich bestraft werden würde.
    Aber andererseits – wieder eine Tastatur unter den Fingern zu haben, einen Bildschirm vor sich … So musste sich ein Kettenraucher auf Entzug fühlen, der unerwartet eine Zigarette angeboten bekam. Vincent legte die Hand auf die Maus, und es war beinahe wie Sex.
    Mann, wie ihm das alles gefehlt hatte!
    Er rief die Druckerwarteschlange auf. Es war genauso, wie er es sich gedacht hatte: Ein angehaltener Druckjob verstopfte alles, dahinter wartete ein Dutzend identischer Jobs. Vermutlich ein falsch eingestelltes Papierformat. Der Mann hatte echt keine Ahnung.
    Er musste ihn loswerden. Er wollte so schnell nicht wieder von hier aufstehen.
    Vincent öffnete mehrere Terminalfenster, startete diverse Systemanalysen, ließ das gesamte Dateiverzeichnis der Platte auflisten … Egal was, Hauptsache, es sauste etwas beeindruckend Unverständliches über den Bildschirm.
    »Was machen Sie da?«, wollte der Direktor wissen.
    »Es könnte ein Virus im Spiel sein«, erwiderte Vincent, ohne aufzusehen. »Aber um sicher zu sein, muss ich mir ein paar Dinge genauer anschauen.«
    »Und wie lange wird das dauern?«
    Vincent leckte sich über die Lippen. Jetzt nichts Falsches sagen. »Nicht lange. Ein, zwei Stunden, höchstens«, sagte er so beiläufig wie möglich.
    Der dürre Mann gab ein Schnauben von sich. Gut. Also hatte auch ein Gefängnisdirektor nicht zu viel Zeit.
    »Haben Sie ein Antivirenprogramm?«, fuhr Vincent fort. Erhatte keines, das hatte er schon gesehen. Sein Spezialist konnte nicht viel taugen.
    »Ein Antivirenprogramm?«, wiederholte der Direktor. »Nicht, dass ich wüsste.«
    Vincent sah ihn an und machte ein Gesicht, von dem er hoffte, dass es besorgt wirkte. »Haben Sie Internetanschluss? Dann könnte ich eines herunterladen. Das würde die Sache wesentlich vereinfachen.«
    Der Direktor verzog seinen dünnlippigen Mund zu einem schlauen Lächeln. »Junger Mann, ich kenne Ihr Strafregister. Ich werde Sie mit dem PC allein lassen, aber nicht mit einem PC, der ans Internet angeschlossen ist.« Er

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