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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Fernsehleute wollten Einschaltquoten, und Sirona und ihre Freunde wollten für ihr Vorhaben, wie es Alex ausgedrückt hatte, dass jeder Sie kennt, aber keiner Sie wählen würde .
    »Nun«, begann er also, »erstens herrscht an Schlössern in Deutschland nun wirklich kein Mangel …«
    »Aber Schlösser sind teure Angelegenheiten, schon immer gewesen«, warf der Journalist mit sanftem Lächeln ein.
    »… und zweitens«, fuhr Simon unbeeindruckt fort, »ist ja unlängst erst beschlossen worden, das Berliner Schloss wieder aufzubauen. Von der jetzigen Regierung, wohlgemerkt.« Er gestattete sich ein feines Lächeln. »Was ich sehr vorausschauend finde.«
    Obwohl heller Tag war, hatte man drei starke Scheinwerfer aufgestellt, die die Szenerie zusätzlich ausleuchteten. Ein gutes Dutzend Leute standen herum, schoben Kameras auf durch Klebeband am Boden markierte Positionen oder drehten, dem Ton in Kopfhörern lauschend, an Knöpfen auf Mischpulten. Etliche Passanten, Spaziergänger, Wanderer und Radfahrer hatten sich jenseits der Absperrungen versammelt, um das Geschehen neugierig zu verfolgen.
    »Sie meinen das Berliner Stadtschloss«, resümierte Simons Gegenüber. »Das an der Stelle wieder errichtet werden soll, an der man den Palast der Republik abgerissen hat.«
    Simon nickte. »Was doch sehr symbolisch ist, finden Sie nicht? Der Palast der Republik wird abgerissen, um die Hauptresidenz der preußischen Könige und des deutschen Kaisers wieder zu errichten, die an genau dieser Stelle gestanden hat und auch weitgehend so ausgesehen hat, wie der Bau nun geplant ist. Sozusagen eine architektonische Vorwegnahme der Zukunft, wie wir sie uns vorstellen.«
    Es kam ihm frech vor, das so pointiert zu formulieren. Aber auf der anderen Seite machte es Simon auch ungeahnten Spaß.
    »Allerdings soll das neue Schloss als Bibliothek und Ausstellungsort dienen«, wandte der Journalist ein, »nicht als Residenz eines deutschen Königs.«
    »Das lässt sich ja ändern.«
    Der andere nickte wohlwollend, sah kurz in seine Karten mit den Stichworten. »Gut, stellen wir uns vor, Sie ändern das und ziehen als neuer König von Deutschland ins Berliner Schloss. Wie wird das übrige Land aussehen? Das alte Kaiserreich warein höchst kompliziertes Gebilde – da gab es die Königreiche Preußen 73 , Bayern 74 , Sachsen 75 und Württemberg 76 , es gab die Großherzogtümer Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Weimar-Eisenach und Oldenburg, die Herzogtümer Braunschweig und Lüneburg 77 , Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha 78 und Anhalt, die Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck und Pyrmont, Reuß, Schaumburg-Lippe, und Lippe 79 … Wollen Sie das alles wiederherstellen?«
    Simon schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Wie ich schon öfter betont habe: Wir wollen einen radikalen Neuanfang. Selbstverständlich wird das Königreich Deutschland neu gegliedert werden, in mehrere Herzogtümer, um hinsichtlich der Bezeichnungen im traditionellen Rahmen zu bleiben – aber natürlich werde ich neue Herzöge einsetzen.«
    Unbeachtet von den Leuten des Fernsehteams, verwundert beobachtet von den Schaulustigen, war ein Mann über die Absperrung geklettert und schlenderte nun gemächlich auf das Schloss zu, so, als habe er hier zu tun.
    »Muss man sich das so vorstellen wie die Bundesländer jetzt?«
    »Ja, nur weniger davon und sinnvoller unterteilt. Damit werden weniger Landesparlamente benötigt, und so etwas wie den Bundesrat wird es auch nicht mehr geben. Mit einer derartigen Neugliederung wird der in den letzten Jahrzehnten gewachsene Verhau an Kompetenzproblemen zwischen Bund und Ländern auf einen Schlag vereinfacht; viele Regelungen werden ersatzlos entfallen können.«
    Der Journalist lehnte sich mit einem kessen Lächeln vor und fragte: »Neue Herzogtümer … Da müssen Sie uns jetzt ein bisschen mehr darüber verraten. Wie sollen die aussehen? Gibt es schon Kandidaten für die Herzogswürde? Wie wird das –«
    In diesem Moment holte der Mann, der über die Absperrung geklettert war, etwas aus der Tasche, schrie »Sie sind ja ein Verrückter!« und warf, was er in Händen hielt.
    Es waren Eier. Eines traf Simon an der Schulter, zerplatzte mit einem harten, pflatschenden Geräusch, das zweite verfehlte ihn und fiel irgendwo in den Rasen unterhalb der Brüstung.
    Noch ehe jemand reagieren konnte, begann der Mann zu rennen. Zwei der Kameramänner

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