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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Time-out-Fehler. »Sehen Sie? Das Signal kommt nicht durch.«
    Damon sah belämmert drein. »Versteh ich nicht. Bis jetzt ging es immer.«
    »Tja, das kommt vor. Den Stecker einmal zu oft rausgezogen – und knacks .« Vincent sagte das bewusst so leichthin, als spreche er aus langer, leidvoller Erfahrung.
    »Rufen Sie doch mal Google auf«, schlug Damon vor.
    Gar nicht so dumm, der Knabe.
    Da half nur Einschüchterung. »Mann«, stieß Vincent hervorund sah ihn missbilligend an. »Das beweist doch nichts; die Google-Startseite ist natürlich im Cache.« Ihn jetzt bloß nicht darüber nachdenken lassen, dass das für Suchergebnisse sicher nicht galt. »Halten Sie einfach mal den Stecker fest, vielleicht hilft das.«
    Damon blinzelte irritiert, schien etwas sagen zu wollen, gehorchte dann aber. Mit dem Resultat, dass er drei Meter vom Rechner entfernt an der Wand stand und nicht mehr sehen konnte, was auf dem Bildschirm geschah. Was der Zweck des ganzen Theaters gewesen war.
    Vincent wechselte eilig in ein anderes Programm. Seine Finger rasten über die Tasten. »Gut«, behauptete er. »Jetzt geht es. Bleiben Sie so, rühren Sie sich nicht …«
    »Okay«, meinte der verwirrte junge SysAdmin und blieb stocksteif stehen, die Hand am Kabelstecker verkrampft. Er sah aus, als bräche ihm der Schweiß aus.
    Vincent tat drei Dinge gleichzeitig. Erstens suchte er im Internet nach einem Antivirenprogramm, zweitens traf er alle notwendigen Maßnahmen, um sich den Zugang zum PC des Direktors offen zu halten. Diesmal nicht mit einem Virus, sondern indem er eine unauffällige Routine installierte, die jeden Morgen eine beliebige Datei aus dem Systemverzeichnis löschte. Damit würde es nur eine Frage der Zeit sein, bis der Rechner wieder ein seltsames Verhalten an den Tag legte. Man konnte davon ausgehen, dass der Direktor auch dann wieder lieber ihn zurate ziehen würde als seinen kindlichen Systemadministrator. Und was immer die Fehlfunktion sein würde, sie würde sich durch eine simple Neuinstallation beheben lassen.
    Und drittens …
    »Jetzt nicht bewegen«, sagte Vincent. »Der Download läuft.«
    »Alles klar«, sagte Damon.
    Und drittens tat er, was der eigentliche Sinn des Ganzen gewesen war: Er durchforstete das Gefängnisverwaltungsprogramm und versuchte zu verstehen, wie es sich sinnvoll nutzen ließ. Schade, dass das in so unziemlicher Eile geschehen musste.
    Zumindest dieses Mal.
    »Noch ein paar Sekunden …«, sagte Vincent schließlich und verließ das Programm wieder. »Okay. Sie können loslassen.«
    Der Virenchecker taugte was, obwohl es nur eine Demoversion war. »Sehen Sie?«, erklärte Vincent und zeigte Damon die Warnanzeige. »Ein Bootsektorvirus. Fieses Ding, so was. Wahrscheinlich hat der Direktor sich den von einer Diskette eingefangen. Die alten Dinger gehören längst verboten.«
    »Sag ich ihm schon lange«, pflichtete ihm der arme SysAdmin bei.
    »Weg damit«, sagte Vincent und drückte auf den Löschen -Button. Spuren beseitigen. Nirgends ging das so leicht wie in einem Computer.
    ***
    Am nächsten Morgen wurde Vincent zu einem anderen Job eingeteilt. Er hatte genug Filter zusammengebaut. Von nun an würde er in der Versandabteilung Dienst tun.
    Die Versetzung überraschte Vincent nicht, denn er hatte sich über den PC des Direktors selber dazu eingeteilt. Auch wenn der Direktor nichts von Computern verstand, eines musste man ihm lassen: Sein PC war bestens organisiert. Man fand alle Informationen, die man suchte, auf Anhieb.
    Zu den Gepflogenheiten des Winston Smith Correction Centers gehörte, dass seine Insassen nicht nur mit der Produktion stumpfsinnig herzustellender Dinge Geld verdienten, sondern auch beinahe alle sonstigen Arbeiten selber verrichteten. Sie wuschen die anfallende Wäsche, putzten die Räumlichkeiten und arbeiteten in der Küche, abgesehen von den Bereichen, in denen sie Kontakt mit der Außenwelt gehabt hätten, wie der Anlieferung der Lebensmittel oder der Müllabfuhr.
    Selbst die Organisation des Warenflusses wurde von Häftlingen erledigt. Natürlich hatten auch sie keinen Zutritt zu Wareneingang oder Auslieferungsbereich, im Gegenteil: An den mehrfach verschlossenen Türen, die in diese Bereiche führten, prangten riesige Hinweistafeln, die davor warnten, dass jeder Versuch, siemit aktiver Fußfessel zu durchqueren, Alarm auslöste und jeder Alarm Bestrafung nach sich zog. Aber dichter dran an der Freiheit war man in diesem Gebäude nirgends.
    Doch nicht das machte

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