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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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wieder zurückkommen kann … Ach ja, übrigens – Chefprogrammierer ist jetzt Huck!«
    »Huck?« Vincent hatte Mühe, sich das vorzustellen. »Der Huck, den ich kenne?«
    »Nein, den kennst du nicht wieder. Er und Sue-Ellen haben inzwischen zwei Kinder, das dritte ist unterwegs, und irgendwie hat ihn das total umgekrempelt, jedenfalls leitet er jetzt die Sitzungen – astrein, sag ich dir. Am Schluss gehst du immer raus mit einer klaren Liste, was zu tun ist, erstens, zweitens, drittens …«
    »Hör mal.« Vincent beugte sich vor, sah Fernando in die Augen. »Das ist jetzt vielleicht schwer zu glauben, aber ich halte es für möglich, dass Consuela euch was vorspielt. Zantini musste untertauchen, ja. Er wird auch gesucht. Aber ich bin mir sicher, dass er den Kontakt zu ihr hält.«
    Fernando musterte Vincent mit offenem Mund. Schließlich schluckte er. »Das ist tatsächlich schwer zu glauben.«
    »Du könntest mir einen Gefallen tun.«
    »Einen Gefallen?« Es war kaum zu überhören, dass er nicht einsah, wozu er Vincent einen Gefallen tun sollte.
    »Gleichzeitig würdest du rausfinden, ob ich recht habe«, schob Vincent nach.
    In Fernandos Gesicht arbeitete es. »Okay. Und wie?«
    »Indem du dir die Telefonanlage vornimmst. Such aus den Protokolldateien die Nummern aller Anrufe aus Europa raus und gib mir die, die zu keinem Kunden und keinem Lieferanten gehören.«
    »Die Telefonanlage? An die komm ich nicht ran.«
    Vincent zog einen Kugelschreiber aus der Tasche und riss ein Stück von seinem Papieruntersetzer ab. »Kein Problem. Ich schreib dir das Administrator-Passwort auf.«
    ***
    Das Ausland verfolgte die Vorgänge in Deutschland mit wachsender Sorge.
    Umfragen in Großbritannien ergaben, dass weite Teile der Bevölkerung befürchteten, das »Deutsche Reich« werde nun wiederauferstehen. Ausgerechnet die Briten, die an der Monarchie hingen wie kaum ein anderes Volk, waren die entschiedensten Gegner der Wiedereinführung dieser Staatsform in Deutschland: einen neuen Deutschen Kaiser – nein, das wollte niemand. Buttons mit einer rot durchgestrichenen Pickelhaube und der Aufschrift German Kaiser – no, thanks! verbreiteten sich mit epidemischer Geschwindigkeit auf der Alltagsbekleidung der Bürger Ihrer Majestät, Elizabeth II., von Gottes Gnaden Königin von Großbritannien und Nordirland.
    Überhaupt regte sich der Unwille ausgerechnet in den europäischen Monarchien am heftigsten. Während sich etwa der französische Präsident damit begnügte, an bestehende Bindungen und Verträge zu erinnern und ansonsten einfach tief besorgtdreinzublicken, berichteten die Zeitungen Dänemarks, Belgiens oder der Niederlande mit geradezu hämischer Detailverliebtheit über die »gewöhnliche« Abstammung Simon Königs: dass sein Vater Lateinprofessor gewesen sei, sein Großvater väterlicherseits Beamter im niederen Staatsdienst, während sein Großvater mütterlicherseits eine Apotheke geführt habe, und dass sich, so weit man forsche, nirgends auch nur ein Tropfen königlichen Blutes finde.
    Die jeweiligen Monarchen selbst zogen es vor, sich nicht zu äußern. Von Hofe verlautete nur, dass keinerlei Absicht bestände, eventuellen Einladungen zu Krönungsfeierlichkeiten zu folgen.
    In Deutschland mahnte die Presse vor allem an, dass es mit der Bildung der neuen Regierung doch ziemlich schleppend vorangehe, ja, irgendwie rühre sich da überhaupt nichts. Die Ministerien, wurde berichtet, seien führungslos, zur Entscheidung anstehende Fälle stapelten sich auf leeren Schreibtischen in verlassenen Ministerbüros, und immer mehr Abteilungen täten überhaupt nichts mehr oder nur noch, was sie wollten. Es sickerte durch, der Kanzler sähe sich mit massiven Personalproblemen konfrontiert – niemand aus seiner Partei interessiere sich etwa für Ressorts wie Familie oder Landwirtschaft, während man sich um den Posten des Verteidigungsministers regelrecht prügle. Ein provisorisch eingesetzter Wirtschaftsminister habe, hieß es aus »gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen«, als erste Amtshandlung bei amerikanischen Herstellern von Computerspielen anfragen lassen, ob Vorabversionen von noch in Entwicklung befindlichen Spielen erhältlich seien, und sei daraufhin gleich wieder abberufen worden.
    Ansonsten erlebten Verschwörungstheorien aller Art Hochkonjunktur. Natürlich wurde das Geschehen im Internet anders diskutiert als an den Stammtischen der Republik, die demnächst keine mehr sein sollte, aber diskutiert wurde es,

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