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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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unter den Abgeordneten der VWM – zum größten Teil Männer, die zudem ein eher überdurchschnittlich ausgeprägter Spieltrieb in die Position gebracht hatte, in der sie sich befanden – immer mehr Anhänger.
    »Logischerweise auch Oberteile von Badeanzügen«, bekräftigte einer der Vertreter der Initiative, ein glubschäugiger Gnom, dessen Adamsapfel beim Sprechen faszinierende Auf- und Abwärtsbewegungen machte.
    »Wir denken, dass das mit unter das Vermummungsverbot fallen sollte«, ergänzte sein Begleiter mit breitem, froschartigem Grinsen.
    Dass er dabei nicht sabberte, war regelrecht erstaunlich, fand Root.
    Alex hörte sich alles an, bis sie endlich abgezogen waren. Dann sprang er auf, packte den nächstbesten Ordner und schleuderte ihn quer durch das riesige Bundeskanzlerbüro. »Sind die eigentlich noch zu retten ?«, brüllte er. »Vermummungsverbot! Mann! So ein Scheiß-Spiel ! Ich kann dir gar nicht sagen, wie mir das alles zum Hals raushängt!«
    Root sagte nichts, blieb einfach sitzen. Er kannte das. So einen Ausraster hatte Alex bisher bei jedem Spiel gehabt.
    »Ich muss Druck machen.« Alex ließ sich wieder in den Sessel auf der anderen Seite des riesigen Schreibtisches fallen. »Das muss jetzt einfach alles schnell gehen. Wir bringen den ganzenZirkus hinter uns, der nötig ist, um Simon zum König zu krönen, und dann soll der sich mit diesen Typen rumärgern.« Alex hielt inne, rieb sich das Kinn. »Am besten wäre, die hätten gar nichts mehr zu melden. Wir müssen die neue Verfassung irgendwie so hinbiegen.«
    Root spielte mit einem Brieföffner herum und spießte damit kleine Löcher in die Notizblöcke, die das Siegel des Bundeskanzlers trugen. »Vielleicht war das alte System doch nicht so übel. Wenn ein Abgeordneter sich für seine Wahl anstrengen muss, dann hat er auch Angst, wieder abgewählt zu werden, und benimmt sich.«
    Alex nickte düsteren Blicks. »Auf alle Fälle war es ein Fehler, es den Spielern so leicht zu machen.«
    Sein Telefon gab einen zurückhaltenden, aber unüberhörbaren und ungemein kostspielig klingenden Ton von sich. Alex nahm ab. »Ja?« Er lauschte. »Die Pforte? Und was wollen …?« Er lauschte weiter, bekam große Augen. »Ja. Durchlassen. Direkt zu mir bringen.«
    Er legte auf, sah Root an. »Ich glaub’s ja nicht. Eine gewisse Sirona steht unten am Eingang.«
    89 RL: Abkürzung für »real life«; steht für das Leben außerhalb des Cyberspace, gemeinhin als »wirklich« bezeichnet
    90 ARG: alternate reality game
    91 Der Bundeskanzler wird vom Bundestag in geheimer Wahl ohne Aussprache gewählt. Zunächst schlägt der Bundespräsident einen Kandidaten vor. Rein rechtlich ist er bei diesem Vorschlag frei, in der Praxis aber stellt er stets den Kanzlerkandidaten der stärksten siegreichen Partei zur Wahl. Wählt der Bundestag diesen mit den Stimmen der Mehrheit seiner Mitglieder, wird er vom Bundespräsidenten zum Bundeskanzler ernannt. Kann der Vorgeschlagene keine absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen, hat der Bundestag vierzehn Tage Zeit, einen anderen Kandidaten aus seiner Mitte mit absoluter Mehrheit zu wählen. Gelingt dies dem Bundestag nicht, findet nach Ablauf der Frist unverzüglich ein weiterer Wahlgang statt, in dem als gewählt gilt, wer die meisten Stimmen erhält. Ist dies eine absolute Mehrheit, muss der Bundespräsident den Gewählten ernennen; im Fall einer nur relativen Mehrheit kann der Bundespräsident entscheiden, ob er den Gewählten zum Bundeskanzler ernennt oder den Bundestag auflöst.

KAPITEL 46
    D ass sie monatelang verschwunden gewesen war, untergetaucht ohne ein Wort, ohne jede Nachricht, war Sirona nur ein Schulterzucken wert. Sie kam herein, utopisch gestylt wie in alten Zeiten, winkte Root grüßend zu, hauchte Alex ein Küsschen auf die Wange und machte es sich im Besuchersessel bequem. Sie zog die Beine auf den Sitz und spielte, während sie redete, an der Silberschlange herum, die sie am Unterarm trug.
    Root holte unauffällig sein Handy heraus, machte ein paar Aufnahmen. Sirona, das Manga-Mädchen, im Büro des Bundeskanzlers – das konnte man sich nicht entgehen lassen. Ein Traum in Pfirsichfarben und Tüll, verziert mit Ketten aus dicken, schimmernden Perlen, die zweifellos genauso falsch waren wie ihre riesigen Wimpern.
    Der Hammer war: Sirona behauptete zu wissen, wie Zantini das gemacht habe.
    »Hast du ein Radio?«, fragte sie Alex, als der eingestanden hatte, dass ihn das, in der Tat, heftig

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