Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
durchgeführten Wahltagsbefragungen statistisch signifikant vom amtlichen Endergebnis abweichen, kann das ein Hinweis auf Wahlbetrug sein –«
    In diesem Augenblick erschien eine Frau in der Tür der Cafeteria und sagte: »Dr. Underwood? Sie können jetzt ins Archiv.«
    Der Bärtige sprang auf, wobei er um ein Haar seinen Kaffee verschüttete, von dem er keinen Schluck getrunken hatte. Er raffte seine Unterlagen zusammen und beugte sich noch einmal linkisch zu Vincent herüber, um ihm die Hand zu schütteln. »Die stellen gerade ihr Archiv auf ein neues Computersystem um, und wie immer in solchen Fällen geht da alles drunter und drüber. Der Hausmeister findet nicht mal mehr die richtigen Schlüssel.« Er hüstelte. »Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen.«
    Alles in allem, dachte Vincent, als er endlich in Ruhe seinen Kaffee trinken konnte, hatte er das doch gut gemeistert. Wurde auch Zeit, dass er diese blöden Ängste loswurde.
    Die Endabnahme verlief ohne das geringste Problem. Mister Phillips, der zu Anfang des Projekts an allem herumzumäkeln gehabt hatte, unterschrieb das Formular nicht nur sofort, er war desLobes voll und deutete sogar an, dass mit einem Folgeauftrag zu rechnen sei. Dann geleitete er Vincent bis zur Eingangshalle, um ihn zu verabschieden. Entsprechend hochgestimmt fuhr Vincent zurück. Das Leben war wunderbar.
    Er rollte gegen fünf Uhr auf den Firmenparkplatz, sprang dynamisch-sportlich aus dem Wagen, durchquerte federnden Schrittes die Eingangstür, die Mappe mit der Endabnahme locker in der Hand. Das Leben war immer noch wunderbar, und am Empfang hatte Kathleen Dienst, die jedem ein Lächeln schenkte.
    Heute lächelte sie nicht, und das hätte ihn misstrauisch machen sollen. »Sie möchten sofort zur Chefin kommen«, sagte sie mit einem Gesicht wie eine verschreckte Maus.
    »Hatte ich sowieso vor«, erwiderte Vincent strahlend, hob vielsagend die Dokumentenmappe und eilte weiter in Richtung von Consuelas Büro.
    Dort warteten zwei Männer in schlechten Anzügen, ein übergewichtiger Kleiderschrank der eine, ein mürrischer Zwerg der andere. Sie zeigten Ausweise vor, die sie als Polizisten auswiesen, und erklärten, es habe wieder einen Diebstahl von Kreditkartennummern in großem Stil gegeben. Es sei dabei abermals das Programm benutzt worden, das Vincent seinerzeit geschrieben und das ihm damals jene denkwürdige Woche Unterkunft auf Staatskosten eingebracht hatte. Was er dazu zu sagen habe?
    »Ich wollte Sie anrufen und vorwarnen«, erklärte Consuela grimmig, »aber die haben mich nicht gelassen.«
    Vincent nickte nur. Er glaubte auf einmal zu wissen, wie es sich anfühlte, wenn man von einem fliegenden Amboss getroffen wurde. Er öffnete den Mund und wollte, ja, wollte durchaus etwas dazu sagen, die Sache klarstellen, bereinigen, aus der Welt schaffen, aber aus irgendeinem Grund kam kein Ton heraus. Also klappte er den Kiefer wieder zu, starrte die Männer einfach nur an und versuchte sich zu erinnern, was man so sagte über Kaninchen und Schlangen. Irgendwie fühlte er sich gerade wie eins von beidem, auch wenn er nicht wusste, wieso.
    Einer der Männer schob ihm einen Stuhl hin und sagte, er solle sich setzen. Er tat es.
    »Ich weiß nichts davon«, brachte er endlich heraus. »Ich hab damit nichts zu tun.«
    Der andere Mann nannte ihm Namen, die Vincent noch nie gehört hatte, also sagte er: »Kenne ich nicht.« Während er das wieder und wieder sagte, sah er Consuela mit zornloderndem Blick aufstehen und das Büro verlassen, sodass er mit den beiden Männern allein blieb.
    »Woher hatten die Ihr Programm?«, fragte der Schrank.
    »Weiß ich nicht«, erwiderte Vincent. »Nicht von mir jedenfalls.«
    »Von irgendwoher müssen sie es ja gehabt haben.«
    Vincents Kopf sank vornüber. Er fühlte sich auf einmal müde, unendlich müde. Nicht genug, dass sie zu Unrecht hinter ihm her waren, sie hatten offensichtlich auch keine Ahnung. »Programme kann man kopieren «, sagte er kraftlos. »Und kopierte Programme kann man noch mal kopieren und noch mal und noch mal – und so können die sich über die ganze Welt verbreiten, in Milliarden Kopien, wenn es sein muss.«
    »Es ist ohne Zweifel Ihr Programm«, hakte der andere nach, der mürrische Zwerg. »Es enthält Ihre Signatur.«
    Vincent sah hoch. »Denken Sie, ich wäre so blöd gewesen, meine Signatur drin zu lassen, wenn ich etwas mit der Sache zu tun hätte?«
    Der mürrische Zwerg kaute ostentativ seinen Kaugummi, während er über

Weitere Kostenlose Bücher