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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Büro zu suchen?
    »Dass Sie der Mann sind, der Präsidenten macht.«
    Rumms .
    Vincent schluckte. Klar, woher Zantini davon wusste. Consuela musste es ihm erzählt haben.
    Er ging um den dürren Mann herum, setzte sich in seinen Sessel, legte die Hände wie schützend auf die Tastatur. »Das ist Unsinn«, erklärte er.
    Zantini sah ihn über die Spitzen seiner Finger hinweg an, ein amüsiertes Funkeln in den Augenwinkeln. »Das glaube ich Ihnen nicht. Wissen Sie, was ich glaube? Dass Sie insgeheim stolz sind. Dass Sie sich ins Fäustchen lachen, wenn Sie im Fernsehen sehen, wie George Bush und dieser John Kelly durch die Lande ziehen, Reden halten und Hände schütteln, um gewählt zu werden. Dass Sie an Ihr Programm denken, das in all den Computern in den Wahlkabinen arbeiten wird, und daran, dass der Präsident sich im Grunde den Wahlkampf schenken könnte – Ihr Programm wird auf jeden Fall dafür sorgen, dass er gewinnt. Oder?«
    »So ist das nicht.« Vincent schüttelte den Kopf. Entschieden. Sehr entschieden. »Ganz und gar nicht. Sie spielen auf das Programm an, das ich damals für den Abgeordneten Frank Hill geschrieben habe –«
    »Für den republikanischen Abgeordneten Frank Hill«, sagte Zantini. »Den engen Freund des Gouverneurs von Florida, der wiederum der Bruder von Präsident Bush ist.« Er hob die Augenbrauen, was bei ihm immer äußerst beeindruckend aussah. »Ein Schuft, wer Böses dabei denkt? Ja. Ich bin ein Schuft.«
    »Das war 2000. Seither sind ein paar Jahre vergangen, und in der Computerindustrie sind ein paar Jahre eine Ewigkeit. Inzwischen gibt es neue Versionen der damaligen Geräte, natürlich auch neue Versionen der Software, die darauf läuft …« Er schüttelte den Kopf nochmals. Nein, der Gedanke war wirklich absurd. Völlig absurd. »Außerdem hat jeder Bezirk andere Geräte, von verschiedensten Herstellern und –«
    »Sie scheinen gut Bescheid zu wissen.«
    Vincent schluckte. »Nur, was man so liest.«
    »Dann haben Sie sicher auch gelesen, dass im Wesentlichen zwei Firmen den Markt beherrschen. ES&S und Diebold.«
    »Aber es gibt eben auch andere.«
    Zantini nickte gewichtig. Dann lehnte er sich zurück und holte, als sei das Thema für ihn damit erledigt, einen Würfel aus der Tasche, den er Vincent reichte. »Was fällt Ihnen daran auf?«
    Was sollte das jetzt? Vincent nahm den Würfel. Ein ganz normaler Würfel, wie man ihn für Spiele verwendete. Weiß, mit schwarzen Augen, und soweit er das beurteilen konnte, waren die auch richtig verteilt.
    Wobei man wohl davon ausgehen konnte, dass ein Würfel, den einem ein Zauberkünstler reichte, irgendwie präpariert war. Gezinkt oder wie man das nannte.
    »Hmm«, machte Vincent, schob seine Tastatur beiseite und begann zu würfeln. Eine Zwei. Eine Drei. Eine Sechs. Noch eine Zwei. Eine Eins.
    »Was soll mir daran auffallen?«, fragte er. »Ein Würfel eben.«
    Zantini streckte die Hand aus, um den Würfel wieder an sich zu nehmen. »Genau. Weiter sollte Ihnen nichts auffallen.« Als Vincent ihm den Würfel wieder zurückgab, nahm er ihn zwischen seine spinnendürren Finger und erklärte: »Tatsächlich ist der Würfel präpariert, allerdings nur ganz leicht. Die Fünf ist ein wenig beschwert, sodass er häufiger die Zwei zeigt als die übrigen Werte. Doch man muss schon sehr oft würfeln und genau Buch führen, damit man das merkt.«
    Er steckte den Würfel wieder ein und fuhr wie beiläufig fort: »Wissen Sie, was ich an Ihrem Programm am meisten bewundert habe? Nicht, dass ich irgendetwas vom Programmieren verstünde, nicht das Geringste«, beeilte er sich zu versichern. »Ich habe nur die Beschreibung der Funktionsweise gelesen, die Sie damals verfasst haben. Da fiel mir auf, wie genial die Idee ist, den betreffenden Kandidaten nur knapp gewinnen zu lassen. Einundfünfzig Prozent. Niemand wird misstrauisch bei so einer Zahl. Achtzig Prozent, neunzig Prozent, achtundneunzig Prozent – Ergebnisse, wie sie Diktatoren früher nach ihren von vorne bis hintengefälschten Wahlen gern verkündet haben, würden heute nur unnötig Argwohn erregen. Und es ist ja nicht nötig, haushoch zu gewinnen. Im Gegenteil, wenn fünfhundert Stimmen ausschlaggebend für die Wahl des Präsidenten der Vereinigten Staaten waren, dann sagt sich jeder, toll, diese Demokratie, meine Stimme ist tatsächlich wichtig, denn unter Umständen kann sie den Ausschlag geben. Das begeistert die Leute eher, als dass es sie skeptisch werden lässt. Und

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