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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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die Frage nachdachte. »Ja«, sagte er schließlich. »Denke ich.«
    Das gab Vincent etwas zu grübeln, was ihn immerhin ein wenig von dem bodenlosen Entsetzen ablenkte, das ihn erfüllte. Es stimmte, er hatte bis jetzt in jedem Programm, das er geschrieben hatte, irgendetwas hinterlassen, das auf ihn als Urheber verwies, selbst wenn es nur ganz versteckt war und nahezu unmöglich zu finden. Einfach weil er auf seine Programme stolz war. Weil er fand, dass die meisten davon ziemlich genial waren. Weil er, wenn er einem davon irgendwo begegnete, beweisen können wollte, dass er es geschrieben hatte.
    Angenommen, er würde irgend so eine Nummer mit einem Trojaner abziehen: Würde er den ohne Signatur lassen?
    Nein. Da hatte der mürrische Zwerg Recht. Auch so ein Programm würde er mit einer Signatur versehen.
    Er würde sie nur besser verstecken.
    »Wir werden Sie jetzt zu Ihrer Wohnung begleiten, damit Sie ein paar Sachen packen können«, erklärte der Schrank finster. »Und dann kommen Sie mit uns nach Philadelphia.«
    In diesem Moment knallte die Tür wieder auf, und eine tiefe Stimme sagte: »Da würde ich aber vorher gerne noch ein paar Papierchen sehen, meine Herren.«
    Sie fuhren alle drei herum. Ein korpulenter Mann mit Spitzbart und teurem Dreiteiler stand in der Tür, dicht gefolgt von Consuela Sanchez, die siegessicher lächelte.
    »Leonard Stanton«, stellte sich der Mann vor. »Ich bin Mister Merrits Anwalt, wenn Sie gestatten.«
    Er ließ sich die Ausweise der Polizisten geben. In aller Gemütsruhe schrieb er sich die Daten heraus und rief dann bei den zuständigen Stellen an, um sich hinsichtlich der Männer und ihres Auftrags zu vergewissern. Er fragte nach Haftbefehlen, richterlichen Anordnungen, Fallnummern und so weiter, und wie sich herausstellte, hatten die beiden nicht mal die Hälfte von dem vorzuweisen, was sie gebraucht hätten, um mit Vincent so umspringen zu dürfen, wie sie es versucht hatten.
    Der Anwalt brauchte keine halbe Stunde, um den beiden die Luft rauszulassen. Aus dem Schrank wurde ein dicker, schwitzender Mann, und der Zwerg hörte auf, mürrisch zu sein, und wirkte stattdessen, als wünsche er sich einfach nur ganz weit weg.
    Schließlich nahm Consuela Vincent sacht am Arm, zog ihn mit sich aus dem Büro, schloss die Tür hinter sich und sagte: »Machen Sie sich keine Sorgen. Die kommen nicht wieder, wenn Leonard erst mit ihnen fertig ist.«
    »Meinen Sie?«, sagte Vincent unbehaglich.
    »Sie sind nicht der erste derartige Fall in meiner Firma.« Consuela hob vielsagend die Augenbrauen. »Wie lief es in Tallahassee? Haben Sie die Endabnahme?«
    Die Endabnahme. Das kam Vincent vor, als sei es in einem anderen Leben passiert. Er hatte Mühe, sich zu erinnern, wo die Mappe mit dem Formular abgeblieben war. »Ja, das ist alles glattgegangen. Liegt drin auf Ihrem Schreibtisch … Mister Phillips sagte was von einem möglichen Folgeauftrag«, fiel ihm noch ein.
    Jetzt zeigte Consuela wieder jenes breite Lächeln, das signalisierte, dass die Welt für sie in bester Ordnung war. »Na also. Das hab ich mir doch halb gedacht …« Sie musterte Vincent, der sich wie ein nasser Waschlappen fühlte. »Gehen Sie nach Hause. Bestellen Sie sich eine Pizza auf meine Kosten; das haben Sie sich verdient.«
    »Aber –«, begann Vincent. Was war mit den Polizisten?
    »Die Komiker da drin?« Consuela machte eine wegwerfende Handbewegung. »Vergessen Sie die. Von denen hören Sie nie wieder.«
    Und so kam es. Vincent fuhr nach Hause, gönnte sich eine große Pizza, schlief unruhig und von Alpträumen geplagt, an denen die Pizza nur zum Teil schuld war, ging am nächsten Tag ins Büro, und alles war wie immer. Die Polizisten waren verschwunden und blieben es, und niemand sprach mehr über den Vorfall, den die meisten ohnehin nicht mitbekommen hatten.
    Vincent fragte sich, wie viele solcher Vorfälle es schon gegeben haben mochte, von denen er nichts mitbekommen hatte.
    ***
    Der Einzige, der die Sache nicht auf sich beruhen ließ, war Zantini.
    Etwa zwei Wochen nach dem Auftauchen der Polizisten fand ihn Vincent bei der Rückkehr von einer längeren Sitzung auf der Toilette in seinem Büro vor. Der Zauberkünstler fläzte sich auf dem Besuchersessel, machte mit den Fingerspitzen seiner gegeneinandergestellten Hände gemächlich tippende Bewegungen und begrüßte ihn mit den Worten: »Interessante Dinge hört man über Sie.«
    »Was für Dinge?«, fragte Vincent unbehaglich. Was hatte der Typ in seinem

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