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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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zum Einsatz kommen. Würde Weltgeschichte schreiben.
    Aber erst musste er ein bisschen Schlaf kriegen. Seine Augen brannten, seine Knie taten weh, weil sie die ganze Zeit nervös gewippt hatten, ohne dass es ihm aufgefallen war, und in seinem Kopf summte es.
    Es dämmerte schon, als er ins Bett fiel.
    An einem der nächsten Abende zeigte er Zantini, was an einem Wahlcomputer technisch zu tun war, um die veränderte Software zum Einsatz zu bringen.
    »Zunächst öffnen Sie das Gerät.« Er zeigte ihm die Schrauben, führte es vor. »Sie müssen damit rechnen, dass das Gehäuse vor dem Einsatz bei einer Wahl versiegelt wird. Die Maschine hier hatte einen primitiven Aufkleber, den man mit jedem besseren Kopierer nachmachen könnte, aber es gibt Siegel, die können Sie nicht ohne Weiteres nachmachen und auch nicht lösen, ohne sie zu zerstören. Ist das ein Problem?«
    Zantini gluckste belustigt. »Sie machen Witze, oder?«
    »Ich meine ja nur«, entgegnete Vincent pikiert. Er hob den Deckel ab und zeigte ihm die beiden EPROM-Chips. »Die müssen Sie austauschen. Wissen Sie, wie man so etwas macht?«
    »Zeigen Sie es mir«, forderte der Zauberer ihn auf.
    »Sie machen es am besten mit einem speziellen Werkzeug, einer Chipzange.« Er zeigte ihm seine schon etwas abgeschabte. »Gibt’s für ein paar Dollar überall zu kaufen. Sie setzen Sie so an, sehen Sie?« Es war eine eingeschliffene Bewegung für ihn; es kostete ihn fast Überwindung, sie ganz langsam auszuführen und zwischendrin innezuhalten. »Wichtig ist, dass dabei keiner der Steckkontakte beschädigt, verbogen oder abgebrochen wird.«
    »Das sind die silbernen Beinchen?«, vergewisserte sich Zantini.
    »Genau. Sie packen nur den schwarzen Leib des Silikoninsekts und ziehen ihn vorsichtig raus. Das Ding sitzt gut, aber es muss auch gut rausgehen. Wenn nicht, stimmt was nicht; dann sitzt es vielleicht in einem Sockel mit einer Halterung – die müssen Sie zuerst entfernen.« Er sah sich um. »Ich hab grade keinen solchen Sockel da, sonst würde ich es Ihnen zeigen …«
    Der Zauberkünstler winkte ab. »Schon gut. Ich glaub nicht, dass die ihre Geräte plötzlich umbauen.« Er streckte die Hand aus. »Darf ich es auch mal versuchen?«
    Vincent reichte ihm die Zange und sah zu, wie er damit EPROMs tauschte. Er stellte sich recht geschickt dabei an. Was wiederum nicht so überraschend war, wenn man bedachte, dass er Zauberkünstler war und Taschendieb obendrein, also sozusagen von seiner Fingerfertigkeit lebte.
    »Und nach Ende der Wahl«, schloss Vincent, »müssen Sie den natürlich wieder gegen den alten Chip austauschen.«
    Zantini blickte ihn unwillig an. »Und wieso?«
    »Weil man im Zweifelsfall den EPROM herausziehen und das darauf gespeicherte Programm mit dem Original vergleichen kann, und dann würde man feststellen, dass es nicht das gleiche ist.«
    »Können Sie das Programm nicht so schreiben, dass es sich nach getaner Arbeit irgendwie … selber löscht oder so? Sich auflöst und nur die Originalsoftware übrig lässt?«
    Vincent schüttelte den Kopf. »Wenn es modernere Chips wären, ja. Aber ich habe Ihnen gezeigt, dass man die hier nur mit UV-Licht löschen kann, und auch nur komplett 42 . Außerdem sehen nicht alle EPROM-Chips gleich aus. Die Originale tragen einen kleinen Aufkleber mit der Versionsnummer der Software, einer primitiven Checksumme und so weiter. Was sich fälschen ließe, aber sie könnten auch Kennzeichnungen tragen, die wir nicht kennen.«
    Der Zauberer bewegte die Finger, als müsse er sie auf ihreBeweglichkeit prüfen, während er nachdachte. »Okay«, sagte er. »Verstanden.«
    Sie besprachen noch, wie überhaupt festgelegt werden sollte, welcher Partei das Programm die gestohlenen Stimmen zuschlagen würde, und einigten sich auf die simpelste Lösung, nämlich, die Partei, die gewinnen sollte, fest im Sourcecode zu hinterlegen. Vincent solle einfach für jede Partei, die in Deutschland eine Rolle spielte, eine eigene Version des Programms erstellen, meinte Zantini und schrieb ihm eine Liste, auf der lauter vorwiegend dreibuchstabige Abkürzungen standen wie CDU, CSU, SPD, FDP und so weiter. »Diese Bezeichnungen ändern sich nicht«, meinte er dazu, »manche dieser Parteien gibt es schon über hundert Jahre.«
    Vincent lehnte sich zurück, betrachtete den hageren Mann mit dem geckenhaften Oberlippenbärtchen. »Sie glauben immer noch, dass Sie das hinkriegen, oder?«
    Zantini sah verwundert hoch. »Natürlich. Wieso fragen

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