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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Liliputaner. Beide in Anzügen.«
    Sie blinzelte. »Nein. Tut mir leid. Ich habe niemanden gesehen.«
    Und er hätte geschworen, dass sie den ganzen Tag auf der Lauer lag. »Schade.«
    »Wieso? Wer war das?«
    »Das hätte ich eben gern gewusst«, sagte Simon. Auf einmal war ihm klar, was er tun würde.
    Er bedankte sich für die Sorge um seine Person, versicherte noch einmal, dass ihm nichts passiert sei, und konnte die Tür endlich wieder schließen.
    Anschließend verbrachte er weitere zehn Minuten am Telefon damit, zu versuchen, Lila Merrits Telefonnummer herauszufinden, ehe die Dame in der Telefonauskunft kapitulierte.
    Schließlich blieb ihm nichts anderes mehr, als die Visitenkarte hervorzuholen, die ihm die geheimnisvolle Frau in der Schule gegeben hatte. Sirona. Er wählte die Nummer, die unter dem Namen stand.
    Sie meldete sich sofort. »Ja?«
    »Hier ist Simon König«, sagte er. »Haben Sie etwas mit dem Überfall zu tun?«
    »Welchem Überfall?« Es klang echt. Simon hatte dreißig Jahre Erfahrung damit, zu erkennen, wann Eltern am Telefon logen, den Gesundheitszustand ihrer Kinder vor wichtigen Klassenarbeiten betreffend beispielsweise. »Haben Sie die CD noch?«, fügte sie erschrocken hinzu.
    »Ehe ich darauf antworte«, entgegnete Simon, »will ich wissen, was hier gespielt wird.«
    Einen winzigen Moment lang war es still, dann sagte sie: »Wir müssen uns treffen.«

KAPITEL 22
    S ie trafen sich in der Pizzeria Da Tonio , die sich nach Simons Dafürhalten aus mehreren Gründen für ein konspiratives Treffen angeboten hatte: Erstens handelte es sich um eine ebenso schlechte wie schlecht besuchte Pizzeria, sodass man davon ausgehen konnte, am frühen Abend weitgehend ungestört zu sein, zweitens verstanden und sprachen sowohl der Wirt als auch seine Angestellten nur sehr lückenhaft Deutsch, was sich bei Bestellungen und Sonderwünschen nachteilig auswirkte und Reklamationen von vornherein zu aussichtslosen Unterfangen machte, in diesem Fall aber bedeutete, dass auch diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mithören würden, was es zu besprechen gab.
    Sie kamen alle drei: die Frau, die sich Sirona nannte und gekleidet war wie ein Fabelwesen aus einem dieser neumodischen japanischen Comics, der stämmige junge Mann mit der Schwäche für Indianerkostüme – an diesem Abend trug er die Felljacke, aber dazu Jeans – und schließlich der beleibte Dritte. Er trug ein T-Shirt mit der Aufschrift Es gibt nur 10 Arten von Menschen – die einen verstehen das binäre System und die anderen nicht und wurde als »Root« vorgestellt.
    »Eigentlich Rüdiger«, räumte er ein, »aber wegen Unix und so … Also, jedenfalls, Rüdiger darf mich nur meine Mutter nennen, okay?«
    »Er hört in dem Fall einfach nichts«, erläuterte der Pseudo-Indianer, der relativ bodenständig »Alex« hieß.
    Es war tatsächlich noch nichts los. Eine Runde von Lehrern hatte sich mehrmals in dieser Gaststätte getroffen, um den sechzigsten Geburtstag des Rektors angemessen vorzubereiten. Esroch schlimmer nach ranzigem Fett, als Simon es in Erinnerung hatte – der Rektor war inzwischen dreiundsechzig; gut möglich, dass sie das Fett seither nicht erneuert hatten. Die drei bestellten davon unbeeindruckt jeder eine Pizza, dazu große, sehr große und riesengroße Gläser Cola, und als das alles auf dem Tisch stand, erzählten sie ihm endlich, worum es ging.
    Es dauerte eine ganze Weile. Sie sprachen abwechselnd, wobei immer die, die nicht sprachen, wie die Wilden spachtelten. Als sie endlich fertig waren, waren alle Pizzen zu mehr als der Hälfte verzehrt. Simon hatte nur einen Thunfischsalat bestellt; seiner Erfahrung nach das am wenigsten unbekömmliche Gericht der Speisekarte.
    »Wahlbetrug«, wiederholte Simon, mit dem sicheren Gefühl, zu träumen.
    Die drei nickten mit mahlenden Unterkiefern.
    »Die Wahlen in den USA waren gefälscht?«
    »Möglicherweise«, schränkte Sirona ein. »Der Punkt ist, dass das Spiel jetzt hier in Deutschland losgehen soll. Und als Geschichtslehrer wissen Sie ja: Wenn die Deutschen was machen, dann machen sie’s hundertfünfzigprozentig.«
    Simon stocherte in seinem Salat herum, während er versuchte, sich darüber klar zu werden, was er von der ganzen Sache halten sollte. Sein Sohn hatte also angeblich ein Programm geschrieben, ein simples Stück Software, das dazu benutzt worden war, den amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten entgegen dem Wählerwillen ins Amt zu

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