Ein König für San Rinaldi
ungläubig reagiert.
Andererseits hatte er in letzter Zeit oft beobachtet, wie anständig und ehrlich Natalia war. Sagte sie doch die Wahrheit und war von ihm schwanger?
Ihr Kind … sein Kind. Er wollte ihr doch glauben. Er wollte sie wirklich als Ehefrau und Partnerin, vollständig und ohne alle Vorbehalte.
Eine innere Unruhe plagte ihn. Es war die Angst eines Mannes, der liebte – und fürchtete, die Frau seines Herzens nicht für sich gewinnen zu können. Er fürchtete, sie würde ihn nicht lieben, weil er in der Vergangenheit wenig Zuneigung erfahren hatte.
Kadir hatte nicht damit gerechnet, jemals so tief in seine Seele blicken und so hart mit sich ins Gericht gehen zu müssen. Doch wenn ein Mann sich aufrichtig verliebt, verändert sich alles.
Aufrichtig verliebt? Er hatte sich in Natalia verliebt. Alles deutete darauf hin. Nun war nur noch eins zu klären: War er Manns genug, ihr zu vertrauen und zu glauben, dass sie sein Kind erwartete?
Wie würde er sich fühlen? Wenn man ihm unterstellte, Vater eines Kindes zu sein, obwohl er es nicht war und Natalia ihm nicht glaubte … Kadir konnte sich leicht ausmalen, was in so einem Fall in ihm vorgehen würde.
Mit einem Mal sehnte er sich heftig danach, sie zu sehen. Offen und ehrlich wollte er ihr seine Unsicherheit und seine Liebe erklären. Natalia hatte gesagt, er wäre der erste Mann, mit dem sie seit Jahren geschlafen habe. Ein leises Glücksgefühl stieg in ihm auf. Wenn er sie jetzt sofort in die Arme nehmen könnte! Er wollte ihr unbedingt gestehen, was es ihm bedeutete, dass sie seinetwegen ihre Grundsätze gebrochen und sich ihm hingegeben hatte.
Verstohlen sah er auf die Uhr. Er hatte erst die Hälfte des Rundgangs hinter sich gebracht. Sicher dauerte es noch Stunden, bis er wieder im Palast war.
Ein kräftiger Windstoß pfiff durch den Weinberg und zerrte an den Pflanzen. Schwerer Regen setzte ein.
„Das ist einer der berüchtigten Stürme von San Rinaldi“, erklärte Giovanni den Umstehenden. „Sie kommen vom Meer herein. Zum Glück treffen sie uns nur selten, aber dann wird es gefährlich.“ Besorgt warf er einen Blick auf die kostbaren Rebstöcke.
Kadir erkannte, dass Giovanni sich am liebsten sofort um die Pflanzen gekümmert hätte.
„Hoheit, vielleicht sollten wir zum Palast zurückfahren“, schlug einer der Begleiter vor. „Warten wir dort lieber darauf, dass sich der Sturm wieder legt.“ Er musste fast brüllen, damit sie ihn trotz des brausenden Windes hörten.
Kadir nickte. Er wünschte sich, dass die Weinberge von San Rinaldi keinen Schaden litten. Gleichzeitig war er froh, weil ihm der Sturm eine gute Entschuldigung bot, um den Rundgang abzubrechen und zu Natalia zurückzukehren.
Natalia! Er hatte es eilig, zu ihr zu kommen. Und zum ersten Mal in seinem Leben war er fest entschlossen, nur auf sein Herz zu hören.
Der erste Mensch, dem Kadir im Palast begegnete, war Gräfin Ficino.
„Wo ist meine Frau?“, erkundigte er sich höflich.
„Sie hält sich in ihren Räumen auf, Hoheit. Sie hat darum gebeten, nicht gestört zu werden. Wenn Sie möchten, sage ich ihr, dass Sie …“
„Nein, danke, das ist nicht nötig“, wehrte er ab. „Ich gehe direkt zu ihr.“
„Sie können nicht entkommen, das wissen Sie doch, oder?“, rief Zahra. „Es hat auch keinen Sinn zu schreien. Bis jemand Sie hört und herkommt, ist es längst zu spät!“
Verzweifelt riss Natalia sich zusammen. Vor einiger Zeit hatte sie Zahras Benehmen an einen Stalker erinnert. Sie hatte sich darüber geärgert, dass Kadir nicht hinter Zahras liebevolle und sanfte Fassade blickte, die sie vor allem ihm präsentierte. Trotzdem hätte Natalia niemals damit gerechnet, dass Zahra sie angreifen könnte. Das Ganze kam ihr wie eine Szene in einem schlechten Film vor. Doch es war kein Film, es passierte wirklich.
„Zahra“, sagte Natalia beschwörend, „denken Sie bitte nach, was Sie tun wollen. Wie soll es für Sie weitergehen?“ Vielleicht konnte sie die Lage entspannen, indem sie Zahra ruhig die Folgen eines Angriffs vor Augen führte. „Sie können nicht entkommen. Man wird Sie einsperren. Was haben Sie im Gefängnis von Kadir?“
„Er wird mich beschützen“, behauptete Zahra zuversichtlich. „Er steht über dem Gesetz, und das wird auch für mich gelten. Und warum sollte schon jemand um Sie trauern? Sie sind ein Nichts, ein Niemand. Wenn ich Kadir seinen ersten Sohn schenke, wird sich keiner mehr an Sie erinnern. Aber vorher muss ich
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