Ein König wird beseitigt
wenigstens herbeilassen werde, die Mittel zur Tilgung der gesammten Schulden einstweilen gegen Zusicherung entsprechender Verzinsung und Amortisation vorzuschießen, wodurch dem Lande keine finanziellen Opfer erwachsen würden, da z.B. die ganze Summe von 13 1/2 Millionen Mark mit einer Jahresleistung von 877 500 Mark in 22 1/2 Jahren vollkommen verzinst und heimbezahlt werden könne.
Bezüglich der ersten Frage ging die übereinstimmende Meinung aller Anwesenden dahin, daß sich in der Kammer der Abgeordneten voraussichtlich nicht eine einzige Stimme finden würde, welche dafür sei, dem Lande ein finanzielles Opfer zum Zwecke der Tilgung der Schulden der Kabinets-Kasse anzusinnen. In Bezug auf die zweite Frage waren sämmtliche Anwesende wenigstens in Bezug auf die formelle Behandlung der Sache darüber einig, daß eine Vorlage wegen der für längere Zeit nothwendig werdenden Verpfändung und Kürzung der Civilliste nur in Form eines Verfassungsgesetzes möglich sei, zu dessen Zustandekommen bekanntlich eine Majorität von zwei Drittel der Abstimmenden erforderlich ist, und daß dieselbe an das Plenum des Abgeordnetenhauses nur dann gebracht werden könne, wenn zweifellos feststehe, daß sie einstimmig oder doch nahezu einstimmig angenommen werde und daß keine Discussion stattfinden werde, «denn die Stimmung im Lande sei der Art, daß jede Discussion die Aufregung bis zum Ueberlaufen steigern und Dinge ans Licht bringen könne, über die man sich entsetzen würde.»
Hinsichtlich der sachlichen Erledigung der zweiten Frage, ob nämlich der Landtag nicht wenigstens ohne finanzielle Belastung des Landes zur Tilgung der Schulden der Kabinetskasse mitwirken werde, waren die Meinungen getheilt. Von einer Seite wurde geltend gemacht, daß die gerichtliche Beschlagnahme des Vermögens und der Einkünfte der regierenden Majestät, und noch mehr die Ganteröffnung, das Ansehen der Krone, der Dynastie und des ganzen Staates so empfindlich schädigen würde, daß wenigstens der Versuch einer Abhilfe durch Vermittlung eines verzinslichen und refundirlichen Anlehens gemacht werden müsse, wobei allerdings bei der Verhandlung der Sache in der öffentlichen Sitzung der Kammer der Abgeordneten mit allem Nachdruck zu constatiren wäre, 1. daß eine Verpflichtung des Staates zu einer Vorschußleistung nicht bestehe,
2. daß finanzielle Opfer dem Lande nicht zugemuthet werden könnten, und
3. daß ein ähnlicher Zustand wie der gegenwärtige niemals wiederkehren dürfe, in welch letzterer Beziehung von der Krone entsprechende Garantien zu verlangen seien, wie zum Beispiel das feierlich abzugebende Wort Seiner Majestät des Königs, daß fortan das Gleichgewicht der Einnahmen und Ausgaben der Kabinetskasse aufrecht erhalten werde, ferner die eidliche Verpflichtung des Hofsecretärs zur strengsten Einhaltung der Etats, dessen Unterstellung unter die Controle des Ministeriums und dergleichen.
Diesen Anschauungen wurde von anderer Seite, welche sich auf das bestimmteste als das Organ einer sehr großen Anzahl von Abgeordneten erklärte, Folgendes entgegengehalten:
«Die Entwicklung der Verhältnisse der Kabinetskasse sei längst bekannt und werde allenthalben, nicht bloß in jedem Gasthause der Residenzstadt, sondern in jeder Schenke selbst des kleinsten Dorfes besprochen. Es herrsche darob in dem gesammten bayerischen Volke die größte Mißstimmung. Unter solchen Umständen verbiete gerade das Gefühl der strengsten Loyalität, die Sache vor die Kammer zu bringen, da man hiemit den Gegnern der Monarchie die schärfsten Waffen in die Hand liefere. Die Gefahr, welche dem Thron und der Monarchie drohe, wachse ohnehin von Woche zu Woche. Man würde gerne sich zu entsprechenden Opfern bereit finden lassen, wenn in der That gründlich geholfen werden könnte. Aber angesichts der jüngsten Geschichte der Kabinetskasse, insbesondere angesichts der Thatsache, daß in einem Zeitraum von kaum anderthalb Jahren abermals circa 6 1/2 Millionen Mark Schulden gemacht worden seien, bestehe überhaupt keine Hoffnung mehr auf eine dauernde Besserung. Die angedeuteten Garantien seien ungenügend. Die Inanspruchnahme eines feierlichen Königlichen Wortes erscheine bedenklich; die Vereidigung des Hofsekretärs aber nütze nichts, wenn und solange Bestellungen ohne sein Vorwissen gemacht werden könnten. Unter den obwaltenden Umständen ließen sich überhaupt hinreichende Garantien für eine gründliche und dauernde Änderung nicht finden, ohne
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