Ein königlicher Skandal
tieftraurige Stimmung, genau wie sie befürchtet hatte. Obwohl sie sich zusammennehmen wollte, standen ihr Tränen in den Augen, als die Haushälterin und die Hausmädchen sie begrüßten. Eine der Angestellten begann zu weinen. Da konnte Rosa den eigenen Kummer nicht länger unterdrücken.
Die Haushälterin versuchte, sie mit einer mütterlichen Umarmung zu trösten, und hielt sie fest, bis sie sich wieder beruhigte.
„Ich mache Ihnen jetzt einen Tee, der wird Ihnen guttun“, sagte sie und scheuchte die anderen Angestellten weg.
Nachdem sie sich das Gesicht gewaschen und den Kräutertee mit Honig getrunken hatte, sprach sie mit der Haushälterin über die Vergangenheit. Rosa hatte in dieser Villa glückliche Ferien verbracht und ihre Eltern immer gern besucht.
„Wenigstens sind sie zusammen gestorben“, meinte die Haushälterin. „Die beiden hätten nicht ohne den anderen weiterleben wollen.“ Lächelnd fügte sie hinzu: „Und sie würden sich freuen, dass ihre Tochter wieder hier ist.“
Auch wenn sie es sich fest vorgenommen hatte, Rosa konnte sich nicht dazu überwinden, das Grab ihrer Eltern zu besuchen. Sie war nur hierhergereist, weil sie es in Max’ Nähe nicht mehr aushielt. Um ihm zu helfen und sich selbst zu schützen, hatte sie das Castello verlassen.
In den nächsten Tagen schwamm sie viel und ruhte sich in der Sonne aus. Vormittags arbeitete sie am Laptop an dem Bericht und schickte Max eine Kopie per E-Mail.
Seine Antworten erfolgten prompt und beruhigten Rosa. Es gab keinen neuen Befall. Die Weinbauern leisteten keinerlei Widerstand mehr. Die junge Frau, die die Einwände gegen die rigorosen Maßnahmen erhoben hatte, bereitete sich begeistert auf ein Studienjahr an einer angesehenen amerikanischen Universität vor.
Die Nachrichten von Max waren so knapp wie nur möglich gehalten. Außerdem formulierte er die wenigen Sätze sehr unpersönlich. Trotzdem las Rosa sie immer wieder durch und brachte es nicht über sich, sie zu löschen. Während der vergangenen Wochen war aus ihrer jugendlichen Schwärmerei etwas viel Stärkeres und Gefährlicheres geworden.
Sie hätte nie nach San Rinaldi zurückkommen dürfen. Andererseits hätte sie die Weinbauern niemals im Stich gelassen.
Widerwillig dachte Rosa über ihre Situation nach. Die albernen Regeln für das Königshaus stammten noch aus einer Zeit, in der jeder König fürchten musste, von den Verwandten entthront zu werden. Das Ganze war im Grunde völlig überholt.
Seufzend schlug sie das Buch zu, auf das sie sich nicht konzentrieren konnte, und blickte aufs tiefblaue ruhige Mittelmeer hinaus. Kleine Wellen liefen am Sandstrand aus. In knappen Shorts und einem Bikinioberteil saß sie auf einem Liegestuhl. Die warmen Sonnenstrahlen bräunten ihre Haut. Nur genoss Rosa die Wärme heute nicht.
Ihr Großvater musste einsehen, was ihn diese Regeln kosteten. Ein Erbe nach dem anderen hatte auf den Thron verzichtet, weil sie sich nicht an die strengen Vorschriften halten wollten.
Max würde sich nicht widersetzen. Sie hatte miterlebt, wie pflichtbewusst er war. Er wäre sogar bereit, sein Leben für das Volk von San Rinaldi zu opfern.
Leider hatte sie keine Ahnung, was er für sie empfand. Natürlich fühlte er sich zu ihr hingezogen. Aber das passierte auch Menschen, die einander nicht einmal sonderlich mochten. Rosa fühlte sich elend. Mit Selbstmitleid kam sie nicht weiter. Und auf etwas Unmögliches zu hoffen, nützte genauso wenig.
Irgendwie musste sie über diese verbotene Liebe hinwegkommen. Rosa musste einsehen, dass es einfach keine gemeinsame Zukunft für sie und Max gab. Eines Tages würde Rosa sich wahrscheinlich damit abgefunden haben … und resignieren.
„Rosa?“
Plötzlich durchfuhr sie eine immense Freude. Da stand Max unter der Pergola, das Gesicht von Bougainvillea beschattet. Rosa holte tief Luft, doch ihre Stimme bebte. „Was … was machst du hier?“
Er zuckte mit den breiten Schultern und kam näher. Sein Gesicht wirkte verschlossen und missmutig, als hätte er nach schlaflosen Nächten und langer Überlegung eine schwere Entscheidung getroffen.
„Auf San Rinaldi ist alles in Ordnung“, erklärte er gelassen. „Ich musste dich nur wiedersehen, bevor du abreist.“
Gedämpft juchzte sie auf vor Glück, sprang auf und umarmte ihn überschwänglich.
Diesmal würde sie ihren Willen durchsetzen. Wenn Max sie heute küsste, würde sie ihn nicht gehen lassen. Auch wenn es für sie beide keine Zukunft gab, blieb
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