Ein königlicher Skandal
Einschätzung?“
Zuerst wirkten sie überrascht, dann antwortete einer von ihnen: „Das ist nichts Schlimmes. Die Stöcke sind in Ordnung. Hier handelt es sich eindeutig um Insektenschäden und nicht um Mehltau.“
„Gut, und wie werden Sie nun weiter vorgehen?“, fuhr sie fort.
Er erklärte es ihr, die beiden anderen nickten zustimmend. Hinterher warteten sie besorgt auf Rosas Urteil.
„Absolut richtig“, sagte sie lächelnd. „Hier ist alles in schönster Ordnung. Aber deshalb dürfen Sie nicht schludrig werden“, fügte sie warnend hinzu, nachdem sich der erste Jubel gelegt hatte. „Sie müssen weiterhin wöchentliche Kontrollen durchführen, bis die ganze Sache der Vergangenheit angehört.“
„Und wie lange wird das dauern?“, fragte eine stille, ernsthafte junge Frau.
„Sechs Monate“, erwiderte Rosa. „Danach wird nur noch monatlich kontrolliert. Wenn Mehltau einmal aufgetreten ist, kann er in unregelmäßigen Abständen zurückkehren. Darum sind Kontrollen unverzichtbar.“
Ein junger Mann, der gerade sein Diplom gemacht hatte, bemerkte: „Einige Weinbauern finden, dass wir zu viele Weinstöcke zerstört haben.“
„Ich weiß“, bestätigte Rosa. „Wie sehen Sie das?“
Auch jetzt hörte sie aufmerksam zu, als die jungen Leute antworteten. Vor allem eine junge Frau vertrat die Ansicht, dass man hätte abwarten sollen, anstatt die Weinbauern sofort mit drastischen Maßnahmen zu konfrontieren.
„Sie bleibt bei ihrer Meinung“, sagte Rosa, als sie Max beim Abendessen im Castello davon erzählte.
„Wie heißt sie?“ Sobald sie den Namen ausgesprochen hatte, nickte Max. „Ja, sie stammt aus einer alten Familie hier in Cattina. Natürlich liegen ihre Sympathien bei den Weinbauern. Ich werde sie vom Kontrollteam abziehen.“
„Mir ist schon klar“, wandte Rosa besorgt ein, „dass du diese Leute sehr gut kennst. Findest du wirklich, dass du das Problem auf diese Weise angehen solltest?“
„Ich sorge dafür, dass sie eine gleichwertige Aufgabe erhält, bei der sie die Überwachung der Weingärten nicht behindert“, versicherte er entschlossen. „Wenn sie nicht von ganzem Herzen bei der Sache ist, könnte sie zu lange warten und einen Verdacht zu spät melden.“
„Das könnte zu einer Katastrophe führen.“ Nach kurzem Überlegen sagte Rosa: „Sie ist gut und hat ihr Diplom in Italien mit Auszeichnung gemacht. Gibt es auf der Insel eigentlich eine Fortbildungseinrichtung, die talentierte junge Leute unterstützt?“
„Nein“, entgegnete Max. „Glaubst du, diese Frau sollte gefördert werden?“
„Ja, unbedingt.“
„Dann werde ich jemanden damit beauftragen. Das werde ich initiieren …“ Er machte eine ganz kurze Pause. „San Rinaldi braucht eine Institution, die hervorragende Talente fördert. Wir dürfen solche Potenziale nicht verkümmern lassen.“
Rosa bemerkte sein Zögern kaum. Aber sie hatte den Eindruck, dass er noch etwas sagen wollte. Verstohlen beobachtete sie ihn. Max hatte sich irgendwie verändert. Er wirkte nicht mehr so verschlossen wie nach dem Kuss, sondern eher … vorsichtig, verhalten. Ob das nur Einbildung war?
„Du hast abgenommen“, sagte er unvermittelt, „und du hast Ringe unter den Augen. Nachdem du deine Leute ausreichend angelernt hast, solltest du einige Tage in der Villa verbringen, schwimmen und dich in der Sonne erholen. Danach bist du kräftig genug, um die Heimreise anzutreten.“
Ihr war klar, dass er ihr in der Villa ihrer Eltern keine Gesellschaft leisten würde. Er wollte sie lediglich loswerden. Ihre letzten Hoffnungen zerstoben.
„Daran habe ich auch schon gedacht“, erwiderte sie gelassen. „Du hast recht. Wenn ich nicht bald das Grab meiner Eltern besuche, wird es für mich immer schwieriger. Und ich kann gut einige Tage in der Villa brauchen, um mich auf den Abschlussbericht für meinen Chef zu konzentrieren.“
Einen Abschlussbericht würde es natürlich nur geben, wenn kein neuer Fall auftrat.
Nachdem die Entscheidung gefallen war, leitete Max alles in die Wege. Früh am nächsten Morgen brach Rosa zu der Insel auf, die schon sehr lange im Besitz der Königsfamilie von San Rinaldi war. Von dort aus hatte ein legendärer Vorfahre der Fierezzas das ganze Land unter seiner Macht vereint und sich zum König gemacht. Noch heute standen die Inselbewohner der Herrscherfamilie loyal gegenüber und respektierten deren Privatsphäre.
Die Villa nach so langer Zeit wieder zu betreten versetzte Rosa in eine
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